Wasser sah dunkel und schmutzig aus und schien am allerwenigsten, wie
sein Name besagt, Lebenswasser zu sein, eine Folge der zahlreichen Blaufärber,
welche an seinen Rändern mitten im Flufsbette hockten und ihre
gefärbten Stoffe wuschen und klopften. Auffallend war es, dafs einzelne
Färber in das Flufsbett Löcher gegraben hatten, welche sich allmählig mit
AVasser füllten, so dafs sich die Arbeiter derselben wie Wasserfässer bedienen
konnten. Im Frühling pflegt der Flufs anzuschwellen und sich mit I
einer Wassermenge zu füllen, die das jetzt so leere Becken von einem Ufer
zum ändern bedeckt. Vor mehreren Jahren, wie uns von den Isfahanern
erzählt wurde, stiegen die Wasser so gewaltig und rauschten mit einer solchen
Heftigkeit, dafs drei Bogen der gepflasterten Brücke vollständig hin-
weggespült wurden. Ich mufs gestehen, dafs ich mich nicht so sehr über I
den Flufs und seine Gewalt wunderte, als über die Thatsache, dafs die
Städter die Brücke hernach wieder hergestellt hatten und es verwinden
konnten, einen alten Bau zu restauriren.
Hat man die stattliche Brücke hinter sich, so verfolgt man nicht etwa I
die grade Allee, welche zu neuen königlichen Anlagen und Lustschlössern
auf dem ändern Ufer des Flusses führt, sondern biegt rechter Hand ab,
um nach Dschulfa zu gelangen. Man reitet eine Zeit lang an den hohen
Ufern einher, schwenkt dann linker Hand in eine düstere Gasse ein, mit
halb verfallenen Erdwänden und Weingärten dahinter und verfolgt in gra-
der Richtung, an der Seite eines wasserleeren Grabens, den ungepflasterten I
Weg. Wir befanden uns, nach einem halbstündigen Ritte von den acht Paradiesen
aus, bereits in Dschulfa. Ein kleines Hölzthor von etwa halber
Strafsenbreite führt zur Rechten in die Hauptgasse, die zunächst durch die
Anwesenheit hoher, solid ausgeführter Klostermauern auffällt, und zu einem I
Meidane oder Klosterhofe mit bazarartigen Hallen führt , der sich vor der
Hauptkirche der Christenstadt befindet und gleichsam das Herz derselben
bildet. Neue Gassen und Gäfschen verzweigen sich von hier aus allerwärts
hin. In ihrer Mitte befindet sich ziemlich regelmäfsig angelegt ein breiter
Graben mit Querrinnen; der ungepflasterte Weg ist auf beiden Seiten mit
Bäumen bepflanzt, nur selten öffnet sich die niedrige Thür nach der Strafse
hin, um ein halb verschleiertes, in rothgefärbte Stoffe gehülltes neugieriges
Frauengesicht erkennen zu lassen. Das Kreuz, welches von der Kuppelspitze
der Hauptkirche Dschulfa’s in unsere Strafse hineinragte, erinnerte
uns vipl lebhafter als der Anblick der persisch gekleideten Bewohner der
Vorstadt an u n s e r n Aufenthalt unter Christen, wenn auch mit geringen Aus-
Lahmen unter solchen, die weniger durch die traurigen Schicksale ihrer
Kirche, als durch das Leben mitten unter der mohamedanischen Bevölkerung
¡bereits' halb verkommen sind und nichts vom ächten Christenthume be-
Isvahrt haben.
Das Bad in Dschulfa, aus mehreren Zimmern bestehend, von dem lau-
[warmen Auskleidegemach an bis zu dem feurigheifsen Badezimmer hin,
feeichnete sich durch seine ausnehmende Reinlichkeit ans. Nicht minder
Kiel die Kostbarkeit und. Vollständigkeit des Badezeuges auf, da der Erz-
(bischof Befehl gegeben hatte, die Teppiche, Badtücher, Oele, Rosen-
Iwasser u. s. w , deren er sich selber zu bedienen pflegte, für den preufsi-
fcchen Eltschi und seine Begleiter bereit zu halten. An Wasser war eigentlich
Mangel im Bade, desto weniger aber an Hitze, die sehr gut mit der in
einem Backofen verglichen werden konnte. Hauptgegenstand der Behandlu
n g im Bade war das wollüstige Reiben der Glieder, ohne Seife, mit den
■landen; doch zog ich es,vor, meine Haut mit dem wohlbekannten härenen
Handschuh ( kts-e-hammlm) wacker reiben zu lassen. Bei allen Operationen,
welche von armenischen Badedienern ausgeführt wurden, mufsten
»vir auf einem angefeuchteten Brette lang ausgestreckt liegen. Zuletzt wurden
wir abgerieben und abgetrocknet, mit Rosenwasser besprengt, es
■wurde Thee herumgereicht und wir kehrten neu gestärkt denselben Weg,
Iden wir gekommen, heiter und seelensvergnügt nach Hause zurück. Der
■Mond stand in voller Klarheit am Himmel; er beleuchtete mit mattem Sil-
berseheine die schmale Wasserrinne des Zenderud, die lange Prachtbrücke
(von Dschulfa mit ihren tiefen Schatten in Fenster- und Bogenöffnungen,
(die lange Allee der „Viergärten“, die sich im Hintergründe in dunkle Nebel
(verlor und sah, tausendfach abgespiegelt, zuletzt noch freundlichen Blickes
(in die grofse vordere Arcade des persischen Nachtigallschlosses hinein,
(unter derern bunten Bogen der preufsische Eltschi mit seinen Begleitern
fcin einem Feldtische ein englisches Whistspiel mit allen Chicanen. durch-
■fiihrte.
So herrlich der späte Abend, so mild und erquicklich die frische Luft
■an demselben war, so sehr, fürchte ich, hat damals die nächtliche Kühle
lauf unsere vom Bade in Dschulfa erhitzten und nicht abgekiihlt.en Körper
■schädlich eingewirkt. Wenigstens stellte sich bei den meisten Mitgliedern
■unserer Expedition eine solche Verschlimmerung ihrer leidenden Zustände