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 Lu ti  aus  dem  Kreise,  erbietet  sich  gegen  einen  Qran  (ungefähr  zehn  Silbergroschen) 
   Entschädigung  das  blutige  Geschäft  zu  verrichten,  und  sehr  
 bald  liegt  die  Leiche  des  jungen  Mannes  am  Boden.  Der  Schah  mufste  
 diese  Geschichte  erfahren  haben,  denn  sehr  bald  wurde  der  Luti  eingefangen  
 und  ihm,  wegen  unbefugter  Geschäftsbetreibung,  die  rechte  Hand  
 vom  gesunden  Körper  abgehauen.  Auch  die  Alte  kam  nicht  leer  davon.  
 Es  ist  Sitte,  dafs  die  Perser  den  Weiberkörper  weder  mit  dem  Messer,  
 noch  mit  einem  ändern  tödtlichen  Instrumente  berühren,  sondern  von  der  
 Höhe  eines  Thurmes  auf  ein  hartes  Steinpflaser  hinunterstürzen.  Dies  geschah, 
   so  dafs  jetzt  Alles  in  Allem  das  gebratene  Herz  drei  Leichen  und  
 eine  abgehauene  Hand  verschuldet  hatte. 
 Ich  habe  schon  früher  erwähnt,  dafs  die  Perser  sich  bei  blutigen  
 Schauspielen  durch  eine  beinahe  unmenschliche  Kaltblütigkeit  auszeichnen.  
 Ein  Jeder  würde  im  Stande  sein,  einen  Menschen  mit  Seelenruhe  abzuschlachten, 
   entweder  aus  Rache  oder  wenn  Belohnungen  seiner  hiernach  
 warteten.  Es  mag  dies  zum  Theil  von  der Gewandtheit  herrühren,  welche  
 das  ganze  Volk  im  Tödten  und  Schlachten  der  Thiere  besitzt.  Die  letzteren  
 werden  auf  offener  Strafse  getödtet  und  zertheilt,  so  dafs  die  Perser  
 von  Kindesbeinen  an  durch  blutige  Anblicke  niemals  erschreckt  werden. 
 Die  immer  wieder  auftauchenden  Mordgeschichten  hatten  S. M.  dem  
 Schah  die  Veranlassung  zu  dem  scheinbar  strengen  Befehl  gegeben,  dafs  
 Jeder,  der  beim  Weintrinken  betroffen  würde  oder  sich  sonst  berauschte,  
 sofort  getödtet  werden  sollte  Ich  würde  unehrerbietig  handeln,  wollte  ich  
 wieder  erzählen,  was  Teheräner  Bosheit  in  den  Bazaren  dazu  bemerkte,,  
 indem  man  laut  das  erste  Opfer  beklagte,  Die  Strafen  wurden  übrigens  
 recht  fleifsig  vollzogen,  und  die  Scharfrichter  hatten  alle  Hände  voll  zu  
 thun,  den  Leuten  die  Ohren  abzuschneiden,  die  Zungen  auszureifsen  und  
 die  Augen  zu  blenden.  Als  ich  eines  Tages  meinen  Weg  durch  die  Bazare  
 nahm,  hatte  ich  die  gräfsliche  Gewifsheit,  unter  einem  bei  lebendigem  
 Leibe  gekreuzigten  Menschen  hinwegzureiten.  Er  war  mit  Ketten  an  
 das  Kreuzholz  festgebunden,  dasselbe  an  einem  Strick  durch  einen  Haken  
 in  die  Höhe  gezogen  und  schwebte  nun  so  frei  in  der  Mitte  der  grofsen  
 Kuppel  des  Bazars.  Ich  habe  niemals  den  schmerzensreichen  Ausdruck  
 im  Gesicht  dieses  Unglücklichen  vergessen  können. 
 Die  Sterblichkeit  in  Teheran  war  mäfsig  zu  nennen,  da  die  Cholera 
 im Abnehmen  begriffen  war  und  täglich  etwa  drei  bis  fünf  Opfer  forderte. 
 Im  Ganzen  sollen  überhaupt  in  Teheran  monatlich  drei-  bis  vierhundert  
 Menschen  sterben.  Dies  würde  im  Verhältnifs  zu  einer  Bevölkerung  von 
 120,000  Menschen  eine  gewaltige Mortalität  sein.  Statistische  Notizen  fehlen  
 hierüber  gänzlich  und  erst  in  neuester  Zeit  hat  die  Regierung,  von  
 Europäern  darauf  aufmerksam  gemacht,  den  einzelnen Kedkhoda  der Stadtquartiere  
 aufgegeben,  allwöchentlich  genaue Sterbelisten  einzureichen.  Begräbnisse  
 sah  ich  sehr  selten,  und  ich  entsinne  mich  nur  eines  einzigen  
 von  Bedeutung,  welches  eines  Tages  in  der  Nähe  unseres  Hauses  vor-  
 übergezogeri  kam.  Der  Zug  erinnerte  in  vielen  Beziehungen  an  die  oben  
 Seite  225  beschriebene  Leichenbestattung.  Zuerst, kamen  Leute,  die  auf  
 hohen  Stangen  schlechte  Shawls und Zeuge  als  Fahnenlappen  trugen,  daran  
 reihten  sich  sechs  oder  sieben  andere,  welche  auf  dem Kopfe  kleine Holzschüsseln  
 stehen  hatten,  auf  denen  sich  kleine  Zuckerhüte  und  Zucker-  
 werlc  befanden.  Hierauf  folgte  ein Mollah  zu Pferde,  der mit lauter Stimme  
 in  Begleitung  von  Knaben  sang.  Hinter  ihm  wurde  die  Leiche  in  einer  
 Art  von  Holzbahre  getragen,  die  mit. persischen  Shawls  umwickelt  war  
 und  vorn  auf  einer  kleinen  Stange  einen  rothen  Türkenbund  führte.  Unmittelbar  
 darauf  kamen  weinende  Leidtragende  und  ein  Haufe  von  Männern, 
   die  ohne  Aufhören  H p  wai,  wai! “  schrieen.  Frauen  und  Klageweiber  
 befanden  sich  nicht  im  Zuge.  Bei  sehr  vornehmen Leichenbegängnissen  
 erscheinen  nicht  selten  costümirte Männer  und  Pferde,  wie man dieselben  
 bei  den  Trauerschauspielen  der  Perser  zu  schauen  Gelegenheit  hat.  
 So  sah  ich  einmal  ein  Pferd,  welches  mit  einer  schwarzen  Trauerdecke  
 verhüllt  war,  an  der  man  eine Unzahl  kurzer  Pfeile  angenäht  hatte,  wahrscheinlich  
 um  an  das  Pferd  Hussein’s  zu  erinnern,  welches  wie  sein  Herr 
 von  Pfeilen  durchbohrt  wurde. 
 In  der  Mitte  des  Februar,warf  sich  die  Theuerung  besonders  auf  die  
 Fleischwaaren,  doch  waren  wir  Europäer  zufrieden,  dafs  wir  wenigstens  
 für  Geld  über  eine  Fleisehauswahl  verfügen  konnten,  wie  man  sie  nicht  
 immer  in  Europa  haben  dürfte.  Wenn  auch' das  Rindfleisch  in  Teheran  in  
 Folge  einer  im  vergangenen Herbst  ausgebrochenen Rinderseuche  hart  und  
 ungesund  war,  so  dafs  von  den  Persern  nur  die  Armen  davon  afsen,  so  
 hatten  wir  dagegen  den  ganzen  Winter  über  eine  grofse Auswahl  an Wild.  
 Es  gab  Gazellen,  Bergschafe  oder  Muflons,  wilde  Schweine,  Hasen,  verschiedene  
 Arten  von  Rebhühnern,  Schnepfen  u,.s.  w.  Rechnet  man  dazu 
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