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 stiafse  zwischen  Damaskus  und Baghdäd,  welche  bekanntlich  den  europäischen  
 Reisenden,  der  das  Unglück  hat,   ihr  Gebiet  schutzlos  zu  durchziehen, 
   so  gar  ausplündern,  dafs  sie  ihm  nichts  als  den Hut,  das  Hemd  und  
 die  Stiefeln  zn  lassen  pflegen.  Auf  das  Leben  der  Reisenden  sehen  es  
 die  Herren  Kurden  selten  ab  und  werden  nur  dann  höchst  unangenehm  
 und  lebensgefährliche  Gegner,  wenn  es  einem  Europäer  einfällt,  Widerstand  
 zu  leisten  und  einen  Kurden  durch  Schufs  oder Hieb  in  das Jenseits  
 zu  befördern.  Die  augenblicklichste  Blutrache  würde  sofort  den  hitzigen  
 Frengi  erreichen. 
 Auch  diesmal  begegneten wir  gar  keinem  Kurden,  und  beinahe  wären  
 wir  vorwitzig  genug  gewesen,  ein  Rencontre  herbeizuwünschen,  um  Persien  
 wenigstens  nicht  ohne  ein Abenteuer  den Rücken  gewendet  zu  haben. 
 Ein  Ferrasch-Baschi  des Gouverneurs  von  Marand  empfing  uns  in  Begleitung  
 einiger  Diener  beim  Eintritt  in  den  Ort  und  geleitete  uns  in  das  
 für  uns  bereitete  Menzil.  Der  Mann  wufste  viel  zu  erzählen,  weil  er  weit  
 gereist  war  und  sogar  in  Indien  längere  Zeit  gelebt  hatte.  Am  Nachmittage  
 desselben  Tages  liefs  der Hakim,  oder Gouverneur  von  Marand  seinen  
 Besuch  ansagen,  wir  kamen  ihm  aber  im  eigenen  Hause  zuvor,  ich  meinerseits  
 höchlich  erfreut,  in  ihm  den  persichen Prinzen  wiederzuerkennen,  
 welcher  bei  unserem  Eintritt  auf  das  persische Gebiet  unsern verstorbenen  
 Minister  begrüfst,  als  zweiter  Mehmendär  nach  Täbrfz  begleitet  und  sich  
 durch  seine  liebenswürdigen  Manieren  und  durch  d ie : Sanftmuth  seines  
 Wesens  so  vortheilhaft  ausgezeichnet  h a tte ..  Er  bedauerte  tief  und  mit  
 herzlicher Theilnahme  den  Tod  unseres  würdigen  Chefs  und  sagte'mir  unendlich  
 viel Schmeichelhaftes  auf  meine  in  so  kurzer Zeit  erworbene Fertigkeit, 
   seine Muttersprache  zu parliren.  Der persische Dialog fand in  dem Empfangsalon  
 des prinzlichen Palastes Statt  In  den Fenstern befanden sich,  sehr  
 billig,  Papierscheiben,  da  wahrscheinlich  das  Glas  in  Marand  zu  den  Raritäten  
 gehören  mufs;.  die  nöthige  Beleuchtung  beim  Abenddunkel  gewährte  
 das  Licht  zweier  grofsen  Stalllaternen,  und  das  ganze  Ameublement  des  
 Zimmers  erstreckte  sich,  mit  Ausnahme  zweier  mir  gehörigen  Feldstühle,  
 auf  einen  einzigen  persischen  Teppich.  Einfacher und  billiger  kann  kein  
 Prinz  in  der Welt  seinen  Salon  herrichten,  und  ich  bewunderte  beinahe  
 die  Bescheidenheit  eines  persischen  Königssohnes,  der  so  leicht  und  so  
 glücklich  die  persische  Sucht  nach  Luxusartikeln  in  der  Nähe  der  russisehen  
 Grenze  verschmerzen  kann.  Er  nahm  Abschied  von  uns  mit  dem  
 Wunsche,  uns  —  inschallah!  —  als  wiederkehrende  Gesandtschaft  be-  
 grüfsen  zu  können.  Wir  wünschten  ihm  Allah?s  reichsten  Segen,  und  so  
 schieden  wir  unter  den  freundschaftlichsten  Höflichkeiten  von  einander. 
 Die  Stadt,  welche  wir  im  ersten  Bande  unserer  Reise  beschrieben haben, 
   soweit  sie  sich  beschreiben  läfst,  zeichnet  sich  als  Vorbereitungsschule  
 für  persische  Wanzenbisse  aus,  und  ich  habe  Seite  165  die  Gäneh-  
 Wanze  von Marand  als  ein  schlimmes Thier  für wanzenfeindliche Personen  
 gebrandmarkt.  Bei  unserem  diesmaligen  Aufenthalte  hatte  ich  Gelegenheit, 
   diese  häfslichen  Thiere  durch  Autopsie  in  unserem  Quartiere  kennen  
 zu  lernen.  An  Gröfse  stehen  sie  denen  von Mianeh  in  keiner Weise  nach.  
 Den  ziemlich  durchsichtigen  Leib  mit  hellen  Beinen  umgiebt  ein  gelblicher  
 Ring  in  voller  Kreisgestalt.  Sie  sollen  das  Blut  aussaugen,  schmerzhaftes  
 Jucken  hinterlassen  und  vorzüglich  eine Plage  der Schafe  sein.  Vorsicht  
 ist  die  Mutter  aller  Tugenden.  Im  Hinblick  auf  die  Anwesenheit  so  
 blutdürstiger  Nachbarschaft  hielten  wir  es  für  rathsam,  die  ganze  Nacht  
 hindurch  in  der  Nähe  unseres' Lagers  Licht  zu  brennen,  um  jene  lichtscheuen  
 Thiere  zu  verscheuchen,  die  uns  eine  lustige  aber  wahrhaftige  
 Wanzengeschichte  unwillkürlich  ins  Gedächtnifs  zurückriefen.  Einer  unserer  
 französischen  Freunde  in  Teherán,  Offizier  in  der  Armee  des  Kaisers  
 Napoleon,  zeichnete  sich  durch  eine  besondere  Antipathie  gegen  das  
 zahllose  Insektenheer  aus,  mit  welchem  der  Himmel  ganz  Persien  gesegnet  
 hat.  Das  Unglück  wollte,  dafs  dieser  Herr  bei  der  Hinreise  nach  Teherán  
 sein  Zelt  in  der  Nähe  der  berüchtigten  Wanzenstadt  Mianeh  auf-  
 schlágen  mufste,  von  der  ihm  schon  lange  vorher  die  Fama  unglaubliche  
 Dinge  erzählt  hatte.  Die  Neugierde  und  der  Trieb,  den  naturgeschichtlichen  
 Studien  durch  Erwerbung  einiger  Exemplare  Mianeher  Wanzen  ein  
 neues wichtiges Material zu gewähren, veranlafste ihn,  seinem Diener,  einem  
 persischen  Soldaten,  den  Auftrag  zu  geben,  aus  Mianeh  eine  Zahl  recht  
 schöner  und  grofser  Exemplare  für  seine  Zwecke  zu  sammeln,  ohne  je doch  
 die Vorsicht  zu  haben,  den Wanzensammler  mit  einem  festschliefsen-  
 den  Behältnifs  zu  versehen.  Der  Diener  kehrte  mit  einigen Dutzend  lebenslustiger  
 Wanzen  in  einer  Papierdüte  bald  genug  zurück,  fand  seinen  
 Herrn  abwesend  und  legte  deshalb  vorsichtig  das  Papier  auf  das  Feldbett  
 des  Offiziers,  der  bis  zum  Abend  hin  auf  Jagd  und  Naturstudien  in  der  
 Umgebung  der  Stadt  ausgegangen  war.  Nach  seiner Rückkehr  in  das  Zelt  
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