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 seine  seltsame  Musik  eröffnete.  Die  langen  Trompeten  schmetterten  ihre  
 gellenden  Töne  auf  den  Meidan  hernieder,  zehn  rasselnde  kleine  Handpauken  
 wirbelten  tactlos  dazwischen,  die  spielende  Musikbande  fing  förmlich  
 zu  rasen  an.  Der  Höllenlärm  erhielt  einen  dämonisch-theatralischen  
 Anstrich  durch  die  Anwesenheit  vier  rothgekleideter  Tänzer,  denen  man  
 ihr  schändliches  Nebengewerbe  auf  den  ersten Blick  ansah.  Langsam  begannen  
 sie  unter  dem  Geklingel  ihrer  kleinen  Metall - Castagnetten  die  
 schlüpfrigsten Tänze,  die  mit  den  wahnsinnigsten  Pirouetten  endigten.  Die  
 tolle Wirthschaft,  die  sich  allabendlich  wiederholt,  mufste  in  Isfahan  etwas  
 sehr Gewöhnliches  sein;  kaum  dafs  dieser  und  jener Spaziergänger  auf dem  
 Meidan  einen  Augenblick  stille  stand,  um  einen  Blick  nach  der  belebten  
 Gallerie  zu  werfen.  Wir  waren  aufrichtig  gestanden  froh,  als  die  letzten  
 Töne  der  barbarischen Musik  verhallt waren,  kletterten  schliefslich  auf  das  
 zerfallene  Dach  der  Gallerie,  um  von  hier  aus  den  Blick  über  die  tief  zu  
 unseren  Füfsen  liegende  Stadt  Isfahan  zu  werfen,  deren  höchste  Punkte  
 von  den  scheidenden Strahlen  der  sinkenden Sonne  mit dem letzten Rosenschimmer  
 übergossen  waren.  Die  Aussicht  war  in  keiner  Weise  lohnend;  
 der Anblick  einer zerfallenen,  zerborstenen Häusermasse  aus  dunklem Erdschlamme  
 mit  wenig  hervorragenden  Gebäuden  betrog  alle  unsere  Erwartungen  
 in  arger  Weise,  so  dafs  wir  eigentlich  erst  zufrieden  waren,  als  
 wir  durch  die  „hohe  Pforte“  in  das  Innere  der  paradiesischen  Königsgärten  
 einziehen  konnten. 
 Die  letzten  Tage  unseres  kurzen  isfahaner  Aufenthaltes,  der  mit  dem  
 zweiten  October  sein  Ende  nahm,  waren  unseren  Arbeiten  und  kleineren  
 Wanderungen  in  die Bazarstadt hinein gewidmet und  bemerkenswerth  durch  
 ein Abenteuer,  das  leicht sehr  üble Folgen  für  uns  alle hätte  haben können. 
 Es  war  am  Abend  des  30.  Septembers.,  Wir  safsen  in  unserem  Nach-  
 tigallenschlofs,  der  eine  schreibend  oder  lesend,  der  andere  mit  den  
 Dellälen  eifrig  unterhandelnd,  als  plötzlich  durch  den  Haupteingang  unseres  
 Gartens,  von  der  Seite  der  grofsen  Allee  h e r,  ein  Haufe  von  etwa  
 zwanzig  Gholdm  mit  gezogenem  Säbel  eindrang  und  mit  lauten  Verwünschungen  
 auf  unseren  fliehenden  Küchenjungen  loshieb,  dem  als  einzige,  
 freilich  sehr  schwache  Waffe  eine  europäische  Kasserolle  und  ein  Wischtuch  
 zu Gebote  stand.  Hassan,  der Küchenjunge,  hätte  durch  sein Geschrei  
 die Siebenschläfer erwecken  können,  wie viel  mehr  nicht  die  muntere  Diener 
   und  Soldaten-Schaar  unserer  Gesandtschaft,  welche  mit  gezucktem  
 Dolche  und  mit  gefälltem  Bajonet  auf  die  verfolgenden  Gholdm's  eindrang  
 und  bereits  ins  Handgemenge  mit  ihnen  gekommen  war,  als  die  Stimme  
 unseres  Eltschi  ein  plötzliches  Halt  gebot.  Nach  einigem  Zögern  traten  
 die  kecken  und  augenscheinlich  durch  den  Genufs  von  Arak  oder  Opium  
 betrunkenen  Gholdm  ihren  Rückzug  an,  während  Soldaten  und Diener  unserer  
 Gesandtschaft  den  befreiten Hassan  in  ihre Mitte  nahmen  und  siegesberauschten  
 Blickes  vor  den  erstaunten Eltschi  führten.  Ein  kurzes Verhör  
 stellte  sehr  bald  die Thatsache  fest.  Die  Gholdms,  welche  das  heilige Recht  
 der  Gastfreundschaft  in  so  unzarter  Weise  verletzt  hatten,  sollten  dem  
 keinesweges  schönen  und  anmuthigen  Jüngling  Hassan  Ungebührliches  zu-,  
 gemuthet  haben,  von  ihm  mit  bittern  Worten  zurückgewiesen  sein  und  
 darauf  aus Rache  den  Säbel  gezogen  und  das Leben  des  keuschen Kuchenjungen  
 bedroht  haben.  Hassan  befand  sich  grade  an  einer  Wasserrinne  
 in  der  grofsen  Allee,  beschäftigt,  die  erwähnte  Kasserolle  zu  reinigen,  als  
 sich  die  Gholdms  mit  ihren Anerbietungen  näherten,  worauf  er  schleunigst  
 das Reifsaus  nahm,  um  in  unserem isfahaner Menzile  eine sichere  Zufluchtsstätte  
 zu  suchen.  Ein  so  ungewöhnliches Ereignifs,  das  durch  den Gegensatz  
 zwischen  Teheranern  und  Isfahanern  nur  noch  dunklere  Farben  annahm,  
 hatte die ganze persische Welt im Nachtigallen-Garten  in Aufregung  versetzt  
 und war zuletzt,  darüber hinaus,  zu den Ohren  des gestrengen Herrn Pnnzen-  
 Gouverneurs gedrungen.  Am Abend desselben Tages  erschienen Soldaten mit  
 dem  gebundenen  Rädelsführer  der  Gholdm,  um  denselben  Namens  und  im  
 Auftrags des  Schahzadeh  dem  „geehrten Wezir“,  unserem  Eltschi,  zur Bestrafung  
 zu  übergeben.  Das Urtheil  fiel  mild  genug  aus:  Herr v. M i n u to l i   
 verzichtete  auf  jede  Strafe,  und  da  seinerseits  Hassan  die  ausgestandene  
 Angst  bereits  vergessen  hatte,  so  lag  kein  Grund  zu  harten  Behandlungen  
 vor,  obgleich  einer unserer Ferraschen ernstlich  seine Meinung dahin äufserte,  
 dafs  man  dem  Schuldigen  den  Kopf  vom Halse  abschneiden,  in  eine  Kiste  
 packen  und  eingesalzen  mit  nach  Tejberan  nehmen  müsse. 
 Bei  unseren  Wanderungen,  die  uns  die  Gelegenheit  verschafften,  die  
 Bazare  und Werkstätten Isfahan’s  näher  kennen  zu  lernen,  wollen  wir zum  
 Schlüsse  des  Besuches  einer  Seidenfabrik  gedenken,  in  welcher  auf  sehr  
 einfach  construirten  Webestühlen  seidene  Vorhänge,  Kleiderstoffe,  Badtücher, 
   Teppichüberzüge  und ähnliches von  jungen Leuten bis  zum  Knabenalter  
 hin  gewebt  wurden.  Zum  Glätten  der  Zeuge  diente  eine  gut  und