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 und  zog  unter  Anführung  eines  Mulla  in  dichten  Massen  vor  den  
 Palast  des  Kronprinzen.  Der  Prinz  sandte  zu  wiederholten  Malen  hinaus,  
 um  den  Pöbel  zu  beruhigen,  und  liefs  die  Versicherung  ertheilen,  dafs  er  
 schon  Mafsregeln  zur  Abstellung  des  Uebels  ergriffen  hätte.  Der  Tumult  
 wuchs  indessen  immer  mehr:  der  Mulla  wollte  von  nichts  hören,  beschuldigte  
 laut  den  Thronfolger  selbst,  die  Ursache  dieses  Unglücks  zu  sein,  
 mifshandelte  die  Leute  des  Prinzen  und  fachte  durch  sein  Beispiel  die  
 Aufgeregtheit  des  Volkes  noch  mehr  an.  Man  verlangte  Brot  auf  der  
 Stelle  und  die  Bestrafung  der  Bäcker.  Mohammed - Mirza,  der  in  seinem  
 Zimmer  deutlich  den  Lärm  vor  dem  Hause  hören  konnte,  verlor  endlich  
 die  Geduld  und  befahl  im  Zorn  den  Scharfrichtern,  den  widerspenstigen  
 Mulla  augenblicklich  und  auf  der  Stelle  selbst  aufzuknüpfen.  Dieser  Befehl  
 wurde,  trotz  der  Gegenvorstellungen  des  Kaimakam,  der  die  Folgen  
 einer  solchen  That  befürchtete,  auf  eine  Wiederholung  von  Seiten Mohammed 
  Mirza1s  sofort  ausgeführt  und  der  Mulla  in  Gegenwart  des  empörten  
 Pöbels  auf  dem  grofsen  Platze  vor  dem  Palast  des  Prinzen  —  gehangen.  
 Seit  den  Zeiten  Nadir-Schafts  war  kein  Priester,  aus  Ehrfurcht  vor  diesem  
 Stande,  hingerichtet  worden.  Eine  um  so  gröfsere  Bestürzung  ergriff  
 daher  das  Volk  bei  der  Execution  des  Mulla  und  still  und  erschrocken  
 ging  Alles  nach  Hause.  Die  Ruhe  in  der  Stadt  stellte  sieh  wieder  her,  
 das  Brot  wurde  um  die  Hälfte  wohlfeiler  und  bald  war  der  unglückliche  
 Mulla  vergessen.“  —r 
 Ich  habe  mit Absicht  die  ganze  Stelle  des  v.  T o r n a u ’sehen Berichtes  
 wiederholt,  da  derselbe  mehrere  Einzelnheiten  enthält,  welche,  auffallende  
 Aehnlichkeit  mit  den  Teheräner  Ereignissen  aufweisen. 
 So  sehr  wir  überzeugt  sind,  dafs  die  Thatsache  des  hingeschlachteten  
 Kelanter  dem  Herzen  des  Schah  später  wehe  gethan  und  er  den  Verlust  
 dieses  Beamten  tief  beklagt  hat,  so  sehr,  glaube  ich,  haben  wir  Europäer  
 derselben  unser  Heil  und  Leben  zu  danken  gehabt.  Wenn  auch  unmittelbar  
 die  Bevölkerung  in  den  Bazaren  zufällig  begegnenden  Europäern  in  
 keiner  Weise  beleidigend  entgegentrat,  sie  vielmehr  fast  allenthalben  als  
 Vermittler  beim  Schah  anrief,,  so  trugen  dennoch  zwei  wichtige  Momente  
 in  dieser  Zeit  dazu  bei,  gegen  Alles,  was  den  Namen  Franken  führte,  erbittert  
 zu  werden,  so  dafs  es  nur  eines  sehr  schwachen  Anlasses  bedurft  
 hätte,  um  uns  sämmtlich  einem  wahrscheinlich  martervollen  Tode  zu  weihen. 
   Der  eine  Moment  lag  in  dem  unversöhnlichen  Hasse  und  dem  Fanatismus  
 der  Mollahs  gegen  den  christlichen  Europäer.  Ich  habe  bereits  
 früher  hervorgehoben,  welche  eigenthümliche  Stellung  in  Persien  die  geistliche  
 Gewalt  der  herrschenden  gegenüber  einnimmt,  und  wie  die  letztere,  
 als  einem  fremden  erobernden  Stamme  angehörig,  von  der  ersteren  nur  
 geduldet  und  gleichsam  nur  als  ein  augenblicklicher  Beschützer  der  Religion  
 und  des  Landes  betrachtet  wird.  So  kann  es  nicht  befremden,  dafs  
 die  Stellung  des  Schah  als  Usurpators  bei  jeder  Gelegenheit  von  den  giftigen  
 Mollahs  angegriffen  und  bestritten  wird,  und  dafs  sie  jedes  Mittel  
 benutzen,  um  die  leicht  erregbare Masse  ihren Absichten  gegen  den  Schah  
 augenblicklich geneigt zu machen.  Der Fanatismus  spielt hierbei  eine Hauptrolle, 
   und  die Parole  des  Tages:  „der Din,  d.  h.  der Glaube ist  in Gefahr“,  
 entzündet  wie  ein  elektrischer  Schlag  die  in  den Betschulen  und Moscheen  
 versammelte  Menge.  Ehre,  Vaterland,  Liebe  zum  Könige,  Moral,  Tugend  
 und  ähnliche  Begriffe  sind  dem  Perser  so  wenig  bekannt,  dafs  er  nicht  
 einmal  in  seiner  Muttersprache Ausdrücke  dafür  hat  und  zu  ihrer Bezeichnung  
 sich  fremder  Umschreibungen  bedienen  mufs.  Sie  können  daher  in  
 keiner  Weise  sein  Gefühl  erregen,  während  das  „der  Glaube  ist  in  Ge-'  
 fahr“  die Masse'  so  plötzlich  aufweckt  und  zu  den unsinnigsten  Thaten verleitet. 
   Von  vorn  herein  gereizt  und  übel  gestimmt  prüft  man  nicht,  welchen  
 Hintergrund  die  gefährliche  Parole  habe,  man  sucht  nicht  zu  erforschen, 
   welche  geheimen Absichten  ihr  zu Grunde  liegen,  sondern  läfst sich  
 wie  eip  Hund  auf  ein  verfolgtes  Wild  hetzen.  Die  MoUahs  hatten  nicht  
 verfehlt,  auch  diesmal  die.  allgemeine  Mifsstimmung  zu  benutzen  und  den  
 Leuten  in  den  Moscheen  vorzupredigen,  dafs  alles  Unglück  bis  zu  den  
 schlechten  Ernten  und  der  Theuerung  hin  eine  natürliche  Folge  der  Aufnahme  
 der  Frengi  in  Teheran  sei,  und  dafs  Allah  in  so  sichtbarer  Weise  
 den  Schah  und  das  persische  Volk  strafen  wolle.  Die  Bevölkerung  hätte  
 vielleicht  längere  Zeit  ihre  Ohren  den  stets, wiederholten  Predigten  über  
 dieses  Thema  bis  zur  endlichen  Aufforderung  zum  Handeln,  „weil  der  
 Glaube  in  Gefahr  sei“,  verschlossen,  wenn  nicht  ein  zweites  sehr  wichtiges  
 Moment  dazu  gekommen  wäre,  das,  anstatt  das  Feuer  zu  löschen,  Oel  
 in  dasselbe  hineingofs.  Von  Baghdäd  herüber  hatte  sich  auf  den  morgenländischen  
 Karawanenstrafsen  mit Blitzesschnelle  die  Kunde  verbreitet,  dafs  
 der  Glaube  in  Damascus  einen  vollständigen  Sieg  über  den  Unglauben  da-  
 vougetragen,  und  dafs  das  Volk  des  Islam  gegen  die  Kafir  mit  Feuer  und