seinem Kaschmir-Ehrenrocke und seine Begleitung in aller Ausführlichkeit
an uns vorüberziehen zu sehen.
Den Zug eröffneten zwei Reihen rothgekleideter Serbazen, welche
ordnungslos und trittlos hin und her wankten; ihnen folgte eine Musik
bande, welche auf ausgedienten europäischen Musikinstrumenten, vor allen
auf mehreren altfranzüsischen Trommeln, einen Lärm erregten; den icl
vergeblich mit irgend einem tollen Rumor zu vergleichen suche. Das Getost
der hämmernden Kupferschmiede in den persischen Bazaren hat eine an-
nähernde Tonverwandtschaft. Nun kam, zu Pferde, der junge Schahzadel
(ein Sohn des Schahzadeh-Gouverneurs von Täbriz), mit seinem neue]
Rocke bekleidet, mit einem herunter geklappten Hemdenkragen darüber]
umgeben von den Dienern seines Hauses, und hinter sich ein berittene]
Gefolge, zu dem zunächst die vornehmen Personen der Stadt und Umgegen]
(auch der herrliche ¡¿erhäng von Khumein fehlte nicht) gehörten, deneil
sich ein wildes Corps irregulärer Cavalleristen mit langen Lauzen unil
Gewehren anreihte. Den Schwanz des ganzen Zuges bildete die heim]
kehrende Bürgerschaft in Schlafrock und Pantoffel, keuchend und schwitzend]
plaudernd und lachend 5 aber heute sich ihrer besonderen Bedeutung umj
so mehr bewufst, als unter ihrer Mitwirkung eine — ihrer Meinung nach —
welthistorische Begebenheit gefeiert wurde. Es konnte nicht Wunder neh]
men, dafs in Folge des grofsartigen Ereignisses in Gülpdigän die meiste]
Buden der Bazare am heutigen Tage, dem denkwürdigen 21. September]
geschlossen waren, mit Ausnahme weniger Grünkram- und Materialwaaren]
Handlungen, vor welchen die erhitzte Bevölkerung sich mehr als je durc]
Eiswasser, saure Milch und Fruchtsauce mit Pflaumen abzukühlen versuchte]
oder die wohl gequetschten und an einer Seite durch ein kleines -Loiäl]
geöffneten Granatäpfel aussaugte. Im Uebrigen waren die Bazare s]
schmutzig, elend, zerfallen wie die ganze Stadt. In den Buden der viel]
gerühmten Waffenschmiede, die auf unserem Wunsche von den Ustad, ode]
Meistern sehr zuvorkommend geöffnet wurden, fanden wir meist schlecht]
Waare. Die Gewehrläufe, damascirt und gezogen, gehörten der ältere]
Zeit an, die Feuerschlösser zu den Gewehren hatten französische ode]
englische Fabrikzeichen und Jahreszahlen, so dafs die Waffenschmied]
eigentlich nichts anderes zu thun hatten", als die persischen Feuerrohre]
und die europäischen Schlösser mit einem passenden Holzschaft zu um]
kleiden, der nicht einmal besonders schön gearbeitet war und vor alle]
durch ein sehr flüchtig eingelegtes Mosaik zurückschreckte. Die Preise
für idie so hergestellte', ziemlich schwere Waffe variirte zwischen zwei und
neun Toman.
■ Bei unserer Rückkehr nach dem Hause des Juden, wobei wir auf eine
in der Nähe des Bazars liegende Marmorsäule von ziemlicher Länge (ob
antik?) aufmerksam wurden, -schluckten wir mehr, als uns lieb war, den
Rest der Staubwolken ein, welche die heutige freudige Bewegung aufgewälzt,
und die immer noch nicht die nöthige Ruhe gewonnen hatte, sich
auf alles, was körperliche Formen darstellte, niederzuschlagen. Die traurige
Erdspeise wurde aber gleich bei unserem Eintritt durch den Anblick zucker-
süfser Sächelchen in Vergessenheit gebracht — so berühren sich auch in
Persien oftmals die Extreme , — da sich so eben die Diener des Schahzadeh
der Stadt mit Ehrengeschenken, eingefunden hatten, die neben zwei
kolossalen Fettschwanzhämmel vor allen aus grofsen Schüsseln voller
süfser Näschereien bestanden. Der Ferrasch-baschi des Prinzen, welcher
sich an der Spitze des Dienertrosses befand, übergab unserem Eltschi die
Herrlichkeiten, wobei er eine wohleinstudirte, bilderreiche Rede hielt, deren
Hauptinhalt die innige Freundschaft zwischen Preufsen und Persien berührte.
Niemand von der ganzen Gesellschaft auf dem Hofe war während des solennen
Actes feierlicher gestimmt, als unser jüdischer Hauswirth. Die Ehre
hatte ihn förmlich aufgebläht; mit stolzen Schritten ging er den Hof auf
und.'ab, rückte die vorschriftsmäfsig gesteppte Mütze von Baumwollenzeug
auf dem Kopfe bald nach rechts hin, bald nach links hin und schwor bei
allen Propheten, dafs ihm dieser Tag unvergefslich bleiben würde.
Ein reizender Weg, — welch seltener Ausdruck für einen persischen
Reisenden! — führte uns am 22. September von Gülpdigän nach dem fünf
Fersach weiter abgelegenen grofsen Dorfe Khonsdr. Wir verliefsen gegen
4 Uhr Morgens unser Menzil, ritten durch ein gräuliches Labyrinth versunkener
Strafsen und Häusermassen, und dankten dem Himmel, endlich
das Freie ohne Gefahr für Leib und Leben erreicht zu haben, da der Boden
der Strafsen im wahrsten Sinne des Wortes durchwühlt und durch-
löeifert war und der Tritt der Thiere unter uns so hohl wiederklang, als
ritten wir über Keller und Kammern hinweg. Ein spitzer Berg Wanaschu
südlich von der Stadt, in der Nähe des gleichnamigen Dorfes an seinem
Fufse, schrieb die zuerst einzuschlagende Richtung nach Khonsdr vor. Da
angelangt, mufs man rechter Hand in ein Seitenthal abbiegen, woselbst