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 (1798—1834). 
 Der  Gouverneur  residirt  in  dem  Pallaste,  welcher  sich  in  der  Burg  
 oder  Ark  von  Schiraz  befindet.  Hier  auf  einem  offenen  Platze  liegen  zugleich  
 die  Gebäude  der  Regierung. 
 Der  Charakter  der  Einwohner  von  Schiraz  hat  wenig  angenehme  Seiten. 
   Indem  er  chamäleonartig  die  Farbe  wechselt,  bleibt Treulosigkeit  und  
 Doppelzüngigkeit  eine  Hauptuntugend  desselben.  Unverschämtheit  ist  nebenbei  
 eine  wenig  erfreuliche Zugabe.  Würde man  seinem  Schirazer Diener  
 einen  Qrän  bieten, <um  die  Stubenthür  zu  öffnen,  so  würde  derselbe  sicher  
 dafür  zwei  Qrän  fordern.  Diener  aus  Schiraz  sind  darum  wenig  beliebt.  
 Die  ganze  Schattenseite  des  Schirazer  Charakters  sollte  ich  selber  später  
 auf  das  Bitterste  in  dem  Benehmen  des  Karawanenführers  kennen  lernen,  
 das  selbst  der  äufsersten  Grenze  der Geduld  und Nachsicht  Hohn  spottete. 
 Unter  den  Sitten  des  Volkes  heben  wir  hier, vor  allen  die  Blutrache  
 hervor.  Sie j gehört  leider  zu  den  altübererbten  morgenländischen  Anschauungen  
 vom Vergeltungsrechte  und  findet  hauptsächlich  in  diesen  südlichen  
 Theilen  Persiens  ihre  häufige  Anwendung.  Ein  interessanter  Fall  
 wurde  uns  darüber  von  einem  Augenzeugen  erzählt,  den  wir  als  belehrendes  
 Beispiel  unsern  Lesern  nicht  vorenthalten  wollen.  Ein  Perser,  aus  
 einem  Dorfe  in  der  Nähe  Teherans  gebürtig,  hatte  einst  aus  irgend  welchem  
 Grunde  einen  seiner  Landsleute  getödtet.  Nachdem  er  den  Mord  
 vollbracht  hatte,  kam  er zur Besinnung und  entzog  sich  der Blutrache  durch  
 schleunige Flucht.  Er  nahm  einen  ändern Namen  an,  durchwanderte  herumirrend  
 das Land  und  kam  zuletzt  nach  Schiraz,  woselbst  er  in  die  Dienste  
 des  Hakim's  der  Stadt  (damals  Prinz  Tamasp - Mirza)  trat.  Dreifsig  Jahre  
 waren  inzwischen  über  den  Mord  hingegangen,  unser  Perser  hielt  sich  für  
 vollständig  sicher.  Eines  Tages  schickte  ihn  der  Prinz  mit  einer  Pferde-  
 Karawane  ab.  Nachdem  er  mit  seines  Herren  Pferden  nach  Kischt,  einem  
 Orte  zwischen  Kdzernn  und  Dollaki  auf  der  Strafse  nach  Bender-BuscMhr,  
 gekommen  war,  machte  er  Halt  und  schlug  hier  für  die  Nacht  sein  Lager  
 auf.  Der  Mann,  besorgt  um  die  Sicherheit  der  ihm  anvertrauten  Thiere,  
 bat  acht  Tufengtschi,  die  sich  zufällig  in Kischt  befanden,  mit  ihm  gemeinschaftlich  
 die Nachtwache  zu  übernehmen.  Man  setzte  sich  in  einen Kreis,  
 liefs  ein  Feuer  auflodern,  und  die  Tufengtschi’s  fingen  an  einzeln  und  im  
 Chor  Lieder  ihrer  Heimath  zu  singen.  Ueberrascht  von  dem  Inhalte  und  
 der  Melodie  eines  Liedes  fragte  der  Diener  des  Prinzen  den  betreffenden  
 Sänger,  ob  er  nicht  aus  dem  und  dem  Dorfe  in  der  Nähe  Teherans  wäre.