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 vinzen,  umzingelten  die  stolze  Residenzstadt  der Sefiden,  in  welcher  Schah  
 Hussein  rathlos,  muthlos  und  verzweifelt  vergeblich  Hülfe  von  aufsen  erwartete. 
   Zwei  Monate  lang  wütheten  Elend  und  Hunger  unter  der  Bevölkerung. 
   Die  Erzählung  der  grünzenlosen  Noth  erinnert  an  jene  grauenvollen  
 Scenen,  welche  der  Eroberung  Jerusalems  durch Titus  vorangingen,  
 die  so  traurige  Berühmtheit  in  der  Geschichte  erreicht  haben.  Wir  entlohnen  
 die  folgende  Schilderung  dem  bekannten Werke John  Malpolm’s,  
 welcher  nach  den  Berichten  von  Augenzeugen  die  soheulsliehon  Auftritte,  
 zu  welchen  Elend  und Mangel  führten,  mit  diesen  Worten  dem  Gedäöhtnifs  
 der  Nachwelt  überliefert  hat.  ,, Das  Fleisch  der  Kameele,  Pferde  und  
 Maulesel  war  so  theuer,  dafs  nur  der  König,  einige  Grofse  und  die  reidh-  
 sten  Bürger  es  erkaufen  konnten.  Obschon  die  Perser  Hunde  als  unrein  
 verabscheuen,  afsen  sie  dieselben  doch  gern,  so  wie  alle  andere  verbotene  
 Thiere,  so  lange  sie  zu  haben waren.  Nachdem  diese  Lebensmittel  zu  Endo  
 waren,  afsen  sie  Blätter  und  Baumrinde  und  Leder,  das  sie  durch  Kochen  
 erweichten,  und  als  auch  diese  traurige  Quelle  erschöpft  war,  begannen  
 sie  Menschenfleisch  zu  verzehren.  Menschen  mit  eingesunkenen  Augen,  
 bläulichen Wangen,  schwachem,  vom  Hunger  ausgeraergelten  Körper,  wurden  
 haufenweise  gesehen,  wie  sie  ihr  elendes  Dasein  durch  Stücke,  aus  
 den  Leichnamen  derer  geschnitten,  welche  oben  ausgeathmet  luitton,  fristeten. 
   ln  vielen  Füllen  erschlug  ein  Bürger  den  ändern,  und Eltern  ermordeten  
 ihre  Kinder,  um  sich  das  schreckliche  Mahl  zu  verschaffen.  Einige  
 Tugendhaftere  vergifteten  sich  und  ihre  Familie,  um  der  Schuld  zu  entgehen, 
   ihr Leben  durch  solche Mittel  zu  fristen.  Die  Strafsen,  Märkte  und  
 königlichen  Gürten  waren  mit  Leichen  bedeckt  und  der  Flufs  von  denselben  
 so  verunreinigt,  dafs  man  sein  Wasser  kaum  tryiken  konnte.  Dieso  
 Leiden  wurden nocli  durch  die  Grausamkeit  der Afghanen  gesteigert,  welcho  
 jeden  mordeten,  ohne Rücksicht  auf Alter  und  Geschlecht,  der  diesen  Auftritten  
 entrinnen  wollte.“ 
 Mit  der Eroberung  der  Stadt  durch  die Afghanen  ging  alles  zu  Grunde,  
 was  die  Sefiden - Dynastie  an  Gröfse  und  Wohlstand  in  einer  verhältnifs-  
 müfsig  kurzen  Zeit  geschaffen  hatte.  Die  reichen  Armenier  zogen  fort  aus  
 Persien  und  begaben  sich  theils  nacli  Indien,  theils  nacli  ihrer alten Heimatli,  
 ja  einige  selbst  nach  Europa,  wo  sie  sich  in  Venedig  und  Livorno  niedev-  
 liefsen.  Die wohlhabenden  indischen Kaufleute,  und mit ihnen  die  englischou  
 nnd  holländischen  Compagnieen,  welche  eine  schwere  Kriegssteuer  an  die 
 ■Afghanen  zahlen  meisten,  vorliefsen  gleichfalls  die  Stadt,  die  von  nun  an  
 idem  Weohselfüllen  beständiger  Bürgerkriege  unter  immer  neuen  Kronprätendenten  
 ausgesetzt  war  und  mit  Riesenschritten  dom  Verfall  entgogen-  
 ■eilte.  Mit  dom  Eintritt  der  modernen  Kadscharon-Dynastie  in  die  persische  
 Roiohsgeschlghte  hörte  zugleich  Isfahans  Bedeutung  als  Residenz  Persiens  
 ¡jaiif  und  so  ward  sie,  was  sie  ist:  eine  Stadt  reich  an  Erinnerungen  der  
 ■Vergangenheit,  noch  reicher  an  elenden  traurigen  Zuständen  der  Gegon-  
 ■wnrt,  aus  welchen  sie  schwer  im  Stande  sein  wird,  sich  jemals  wieder  zu  
 idor  alten  Gröfse  omporzuarbeitou.  in  Bezug  auf  ihre  Lage  sei  noch  be-  
 Bjorkt,  dafs  sie  am  nördlichen  Ufer  des  Zajenderud,  oder  wie  gewöhnlich  
 Rer Flufsname  von  den Persern ausgesprochen  wird,  des  Zenderud  „des  Lo-  
 Kensflusses“,  auch  Zerenrud  von  den  Geographen  genannt,  gelegen  ist.  Er  
 soll, nach  oben denselben, von  einem Orte Namens Bendkdn herkommen, durch  
 ¡das  Dorf  Der im  gäben  und  in  der  Nähe  des  Ortes  Denbd  einige  Zuflüsse  
 erhalten.  Die  Hauptmasse  seines  Wassers  verliert  sicli  in  den  Sand  und  
 erscheint  nach  einer  Strecke  von  sechszig  Fersach  wieder  in  der  Provinz  
 Ki i'indn.  ,Zwoi  stattliche  Bogenbrücken  verbinden  das  nördliche  Ufer  mit  
 dem  südlichen;  die  westliche  Brücke  ( Pul-i-Allah-werdi-Khan)  führt  nacli  
 per  Vorstadt  der  Armenier  Dsohulfa,  die  östliche  nacli  einer  von  Abbas  
 B f  bauten  V orstadt mit Gärten,  Pallasten  und  königlichen  Gebäuden  aller Art. 
 Nach  einem  ziemlich  ermüdenden  Ritte  in  so  vornehmer  Begleitung,  
 ■als  die  eines  orientalischen  Wezirs  ist,  hielten  wir  endlich  unsern  Einzug  
 En  ein  herrliches  Portal,  dessen  Höhe  und  überladene  Fülle  un  Arabesken  
 lin d   Ornamente  an  die  ägyptischen  Propylonen  erinnerte,  nur  dafs  hier  in  
 ¡Persien  alles  bunt  (meist  azurblau)  und  flimmernd  ist.  Das  Portal  führte  
 tu   die  breite Allee  eines Wundergartens.  Rieseu-Platanen von  nie  gesehenem  
 Umfange,  in  deren  hell  gefleckte  Rinde  au  verschiedenen  Stellen  der  ächt-  
 persisclie  Ausruf  J a   ’A li  „0  A li!“  eingeschnitzt  ist,  sind  in  regelmäfsigen  
 ■Abständen  von  einander  angepflanzt und  bilden  einen  hochsäuligen schattigen  
 Baumsaal,  unter  dem  w ir,  von  sonderbaren  Gefühlen  im  Herzen  bewegt,  
 langsam  einherzogen.  Alle  Müdigkeit  verschwand;  das  Grofsartige  in Kunst  
 find Natur  hatte  uns  gleich mächtig  erfafst,  ich möchte  sagen fast  erschreckt,  
 |po  sehr  wirkte  der  unerwartete  Anblick  der  Pracht  und  Herrlichkeit  ver-  
 «angener  Zeit  auf  unsere  betäubten  Sinne.  Rechts  und  links  von  der