mit dem fest darum geschlungenen Tuche und eine unzertrennliche Lanze
von ungewöhnlicher Länge als den ehemaligen Sohn der Berge kennzeichnete.
Der Gouverneur hatte ihn als unseren Tschapar oder Quartiermacher
auf dem isfahaner Territorium ausersehen, ihn bald nach unserem Abzüge
aus der Stadt uns nachgeschickt und so traf er grade, ein deus ex
machina, wie aus den Wolken geschneit in Kitschi ein, als der Hader mit
dem Kedkhoda seine Spitze erreicht hatte. Der Tschapar, höchlichst entrüstet,
ergriff sofort seinen Kantschu, um im geehrten Namen S. E. des
Gouverneurs von Isfahan den obstinaten Kedkhoda durchzubläuen. Als ihm
diese Art den Streit zu schlichten ernstlich untersagt wurde, stand er respektvoll
davon ab. Unsere Diener konnten indefs eine derartige Humanität
nicht begreifen und äufserten laut, wie es gar nicht zu verwundern
wäre, wenn wir von nun an bei einem solchen Verfahren alle Achtung bei
den Eingeborenen einbüfsen müfsten.
Der Ritt am 3. October dauerte volle sieben Stünden und betrug nach
der Angabe des kundigen Tschertoadar's sechs Fersach. Bereits vor Sonnenaufgang
sagten wir dem ungastlichen Kitschi unser Valet und ritten in der
Kühle des Morgens einem mäfsig hohen Bergzuge entgegen, der sich all-
mählig zu einem Querthale mit steilen Granitwänden zu beiden Seiten
verengte und zuletzt durch einen steilen treppenartig bearbeiteten Gebirgs-
pafs abgesperrt war. Die Eingeborenen bezeichneten ihn unter dem Namen
Kotel-i-Ordschini (oder Ortscliini). Man hat — wohl in der guten alten
Zeit — mit grofser Sorgfalt eine Strafse in den Berg gehauen, die etwa
für zwei Thiere Raum giebt, aber gegenwärtig so abgetreten und glatt geworden
ist, dafs die Thiere schwer festen Fufs fassen können und der Reiter
genöthigt ist, vom Pferde herunter zu steigen, will er sich nicht der
Gefahr eines schlimmen Sturzes aussetzen. Zur rechten Seite sind' Brustwehren
angebracht, da hier die Felsentreppe Steil abfällt. Hier und da
wird sie von künstlichen Bauten gestützt, die nicht vollendet zu sein scheinen,
da etliche behauene Blocke mit den oben besprochenen Steinmarken
unbenutzt zwischen groben Felsstücken und Steingeröll liegen geblieben
sind. Auf der Höhe des Passes befinden sich Spuren eines thorartigen
Baues, als habe hier einst eine Thorsperre bestanden. Auf beinahe unzugänglicher
Felsenspitze, dem höchsten Punkte dieses wilden Berglandes,
überragt ein Thurm die ganze Gegend. “ Von hier aus soll nach den zahlreichen
Räubern, die hier ihr Handwerk arg trieben, ausgelugt und im
Nothfalle angegriffenen Reisenden und Karawanen Hülfe gewährt worden
sein. Die ganze Gebirgsgegend mit ihren zahlreichen Schlupfwinkeln ist
in der That wie geschaffen für Wegelagerer und Banditen.
Die Bergstrafse nimmt allmählig breitere Dimensionen an und öffnet
sich zu einem wildromantischen Felsenthale, das von riesighohen schwarzgrau
schimmernden Steinwänden eingeschlossen ist, In dieser schauerlichen
Wüstenei herrscht Todtenstille, selten nur unterbrochen durch das heisere
Geschrei des Adlers oder des Geiers, der sich im blauen Luftmeere über
den Felsenhäuptern mit langsamem Flügelschlage wiegt. Der Anblick der
grofsen Ebene, in die man nach etwa halbstündigem Marsche herniedersteigt,
wirkt beruhigend und belebend auf den Reisenden, dessen Phantasie,
leicht empfänglich für grofse und schauerliche Naturgemälde, mit den Eindrücken
des Felsenthaies beschäftigt ist.
Die grofse, plateauartige Ebene, länger als breit, bietet den Gharaktei
eines unfruchtbaren Steppenlandes dar. Wenig Dörfer rechter Hand ziehen
sich bis zum fernen Horizonte hin; sie schienen bewohnt zu sein, während
die Häuser, Karawanseraien und Dörfer an der Karawanenstrafse, sämmt-
lich verlassen und zerstört, in Trümmer und Schutt dalagen. Ein neuer,
quer vorgeschobener Bergrücken führt endlich nach dem Orte Majar, dessen
Baumspitzen schon von weitem sichtbar sind. Nur über den Kirchhof mit
manchem schön gemeifselten und beschriebenen Grabdenkmal aus älterer
Zeit gelangt man von dieser Seite in das Dorf. Unter den eigenthümlichen
Zeichnungen, mit welchen einzelne Leichensteine bedeckt sind, fielen mir
zwei Figuren auf, die ich anfänglich ihrer Form wegen für Abbildungen
der Sonne und des Mondes ansah, bis mich später die Eingeborenen des
Irrthums überführten und eines Besseren belehrten. Die runde Scheibe
sollte die heilige Siegelerde vorstellen, welche die Perser beim Beten mit
der Stirn zu berühren pflegen, das mondförmige Zeichen dagegen, sonderbar
genug, einen Toilettengegenstand, den Haarkamm Hinter dem Kirchhof
folgen Gärten und eine Menge zerstörter Baulichkeiten. Der bakhtia-
riscbe Tschapar • sprengte uns hier in vollem Galopp entgegen, schwang
seine Lanze in schnellem Tempo um den Kopf und zeigte sich so geschickt
in allen Bewegungen, dafs er einem Ulanen-Regimente zur gröfsten Zierde
gereicht haben würde. Aus dem Staubwirbel, welchen die Hufe seines
schnellen Rosses aufgerührt hatten, traten sehr bald die Gestalten eines
ehrwürdigen Kedkhoda und seiner Begleiter in den Vordergrund, höfliche