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 Menge,  die  sich  natürlich  um  den  Besitz  eines  oder  mehrerer  Stücke  
 wacker  herumbalgt,  und  zieht  sich  dann  wieder  in  seine  inneren  Gemächer  
 zurück.  Damit  hatte  die  Feier  ihr  Ende  erreicht,  nachdem  sie  von  
 neun Uhr Vormittags  an  etwas  über  vier  Stunden  gedauert  hatte. 
 Wir  haben  an  verschiedenen  Stellen  unserer  Reisebeschreibung  mehrfach  
 auf  den  Cultus  des  A li  hingewiesen,  der  sich  in  ganz  Persien  einer  
 beinahe  göttlichen Verehrung  erfreut  und  der  Gegenstand  heiligster Gebete  
 ist.  Es  war  mir,  um  dies  bei  dieser Gelegenheit  gleich  zu  bemerken,  von  
 besonderem  Interesse,  einmal  das  Bild  dieses  Heiligem zu  sehen,  welches  
 nach  einer  Copie  im  Besitze  des  Kaisers  und  im  Aufträge  desselben  von  
 einem  russisch-armenischen  Maler  aus  Tiflis  angefertigt  ward.  Das  Original, 
   reich  mit  Diamanten  verziert,  und  bei  feierlichen  Gelegenheiten  vom  
 Schah  am  Halse  getragen,  soll  in  Indien  aufgefunden  und-  um  einen  
 enorm  hohen  Preis  in  die  Hände  des  gegenwärtigen  Hohen  Besitzers  gelangt  
 sein.  A li  ist  darin  auf  einer  Matte  kniend  abgebildet,  einen Rosenkranz  
 in  der  Hand  haltend.  -  Seine  Züge  sind  sanft,  beinahe  weiblich,  
 und  gleichen  am  meisten  einem  schönen  Christusbilde.  Er  trägt  lange  
 braune  Locken  und  einen  kurzen  Bart.  Ueber  seinem Haupte  schwebt  ein  
 Heiligenschein  und  gelbe  Sonnenstrahlen  beleuchten  seine  ganze  Gestalt.  
 Zwei  fliegende Engel,  welche  in  der  Nähe  seines  Kopfes  zu  beiden  Seiten  
 schweben,  halten  mit  ihren  Händen  einen  Blumenkranz  und  scheinen  das  
 Haupt  des  Heiligen  damit  zu  krönen.  — 
 Ich  habe  bereits  früher  angeführt,  dafs  die  Perser  zwar  insofern  das  
 Gesetz  des  Korans  unbeachtet  lassen,  als  sie  keinen Anstand  nehmen,  die  
 Bilder  lebender  Wesen  mit  Hülfe  der  Malerei  darzustellen  oder  zu  photo-  
 graphiren,  dafs  sie  aber  dagegen  eine  besondere  Scheu  haben,  die  Pom  
 traits  heiliger  Personen  mit  Hülfe  der  Kunst  auszudrücken  und  deshalb  
 bei  etwanigen  Darstellungen  derselben  an  Stelle  des  Gesichtes  einen  grünen  
 viereckigen  Schleier  setzen,  oder  aber,  wie  z.  B.  in  den  zu  Teheran  
 erschienenen  Druckwerken,  die  Stelle  des  Gesichtes  durch  ein  leeres  
 weifses  Viereck  andeuten.  Dafs  dennoch  die  heilige  Person  A lts   nicht  
 nur  in  deutlich  erkennbarem  Bilde  vom  Schah  getragen  und  durch  Copien  
 auf  seinen  Befehl  vervielfältigt  wird,  kann  aufs  Neue  als  Zeugnifs  dienen,  
 dafs  der  Perser  den  Fanatismus  des  übrigen  Orients  in  dieser  Beziehung  
 in  keiner  Weise  theilt.  • 
 XIV.  Kapitel. 
 D ie   Ué b e r g a b e   p r e u f s i s c h e r   U n i f o im e n   a n   d e n   S c h a h . 
 Als  wir  im  Monat  Mai  1860  in  Teherán  eingezogen  waren,  hatte  der  
 damals  noch  lebende  Baron  v.  M in u to li  die  Ehre,  der  persischen  Majestät  
 eine Zahl  preufsischer Infanterie-  u n d   Kavallerie-Uniformen  zu überreichen, 
   welche  Se.  Maj.  der  König  dem  Beherrscher  im  Osten  nebst  anderen  
 Geschenken  übersendet  hatte.  Die  Diener  des  Herrn  v.  M in u to li,  
 ehemalige Militairs,  sowie  eine  Anzahl  persischer  Serbdzen  wurden  damals  
 in  die Uniformen  gesteckt,  —  wobei  einer  der  letzteren  die  naive  Bemerkung  
 machte,  dafs  es  gar  kein Wunder  sei ,  in .solcher  Tracht  und  mit  so  
 vortrefflichen  Waffen  ein  guter,  Soldat  zu  sein,  —  und  ein  langer  Zug  
 preufsischer  Soldaten  aller  Gattungen,  zu  Pferde  und  zu  Fufs,  zog  eines  
 schönen Tages  durch  die  Bazare, der  Stadt  den Weg  zur  kaiserlichen Burg.  
 Die  guten Teheräner  machten  grofse Augen,  als  plötzlich  ein  so  stattliches  
 Kriegsvolk  fremden  Aussehens  durch  ihre  friedlichen  Strafsen  zog,  besonders  
 erregte  die  glänzende  Garde  du Corps-Uniform,  welche  der  Kammerdiener  
 des  Ministers,  der-ehemalige  preufsische  Husar  R ab e   trug,  ihre  
 ganze  Aufmerksamkeit,  und  sie  vermeinten  fast,  die  Russen  wären  nach  
 Teheran  gekommen,  wenn  nicht  die  persischen  koketten  Z u lf-Ohrlocken  
 der  verkleideten  S e rb ien   unter  den  preufsischen  Helmen  hervorgeguckt  
 und  den  Bürgern  der  Stadt  die  nahe Landsmannschaft  und  den  friedlichen  
 Charakter  des  Zuges  verrathen  hätten.  Man  kicherte  und lachte und schien  
 sich  vor  Allem  über  die  eigenen  Serbäzen  zu .ergötzen,  welche  mit  stolzer  
 Verachtung  als  einstweilige  Preufsen  auf  ihre  Landsleute  herabsahen  und  
 im  besten  Miljtairschritt  in  der  ungewohnten  Tracht  einhermarschirten. 
 Der  Schah  hatte  das  lebhafteste  Interesse  für  das  übergebene  Geschenk, 
   und  wurde  nicht  müde,  unsern  als  Militair  wohlbewanderten  Minister  
 nach  einer Menge  von Einzelnheiten  zu  fragen.  Als  er unter anderen  
 erfahren  hatte,  dafs  die  Vertiefung  im  Kürafs  von  einem  Probeschufs  herrührte, 
   den  man  zur  Prüfung  der  Stärke  eines  jeden  auf  denselben  abzufeuern  
 pflegt,  befahl  er,  Pulver und Blei herbeizubringen,  um  einen preußischen  
 Dragoner-Karabiner  zu  laden,  in  der Absicht,  mit demselben auf den