sehen Zeitungen durchwühlt und jedes wichtige Ereignifs, deren jüngstes
bereits zwei Monat alt war, so eifrig besprochen, als habe das betreffende
Zeitungsblatt erst am vergangenen Tage die Presse verlassen
Am fünfzehnten October, dem Geburtstage unseres Herrn und Königs,
sagten wir der Karawanserai von Kamin Valet, um vier Meilen südlicher
in der Richtung nach Persepolis zu pilgern. Um nach der nächstgelegenen
Station Seidan oder Setdun zu gelangen, mufsten wir über die Berge wandern,
bei welcher Gelegenheit uns die Bekanntschaft mit einer acht südpersischen
Felsenspalte, dem Teng-i-Parü oder der „Enge von Paru“ zu
Theil wurde. Unvergefslich wird mir das Hinabsteigen in die höllischste
aller Felsenspalten sein! Oft kaum so breit, dafs zwei Personen neben
einander zu gehen vermögen, bietet der Pafs eine so steile Felsentreppe
dar, dafs man schleunigst und ohne Besinnen vom Pferde herunterklettert,
um nicht Leib und Leben bei einem Sturze daran zu setzen. • Bald ist der
Felsenboden so glatt, dafs man meint auf spiegelglatten Eisflächen herabzurutschen,
bald wieder mit spitzkantigen Felsblöcken grofsen und kleinen
Umfangs bedeckt, als habe der Schöpfer dieser sogenannten Strafse alles
aufbieten wollen, um den gewöhnlichen Begriffen von Weg und Steg Hohn
zu sprechen. Bald wieder giebt es rechts oder links von der hervorragenden
Felsenwand einen Schlag, als sollte der Körper zermalmt werden, ist
man nicht geschickt genug, bei den vielen Biegungen und Windungen rechtzeitig
auszuweichen. Ist der Reiter, der sein Pferd hinter sich am Zügel
führt, vollauf mit sich und seinen Beinen beschäftigt, die alle Augenblick
Gefahr laufen", in den Ritzen, Kanten und Unebenheiten jeder Art zu
straucheln, so ist zeitweise, gleichsam zur Abwechselung aller möglichen
Schwierigkeiten, ein Zusammentreffen mit dem Kopfe des Pferdes unvermeidlich,
das mit seinen vier Beinen*hin und herrutscht und beinahe mit
voller Körperlast gegen den Rücken des voransehreitenden Reiters zu fallen
pflegt. Wie die bepackten Pferde, Maulthiere und Esel im Stande waren,
diese Felsenleiter zu überwinden, bleibt mir bis diese Stunde ein vollständiges
Räthsel.
Nach einem halbstündigen Kampfe gegen die starrköpfigste und eigensinnigste
aller Strafsenlaunen erreichten wir endlich todtmüde, zerschlagen,
zerstofsen und zersehunden, mit weitgeöffnetem Stiefelleder, eine breite
Strafse, immer noch von Felsenmauern eingeschlossen, immer noch mit
einer Steinsaat bedeekt, die sonst noch wo ihres Gleichen suchen sollte.
»
Doch liefs sich’s freier athmen und besser marschieren, so dafs die Schwachen
wieder muthvoll den Pferderücken erklimmten. Unser Eltschi bewies
hier wie überall die ausdauerndste, bewunderungswürdigste Geduld und
Körperstärke. Er war der letzte,- welcher zu Pferde-stieg, um sich im
bequemen Sattel über das Steinparquet tragen zu lassen. Der Pafs mundete
zuletzt, wie ein Strom in das Meer, in mächtiger Breite in eine Hochfläche
von nicht geringer Ausdehnung, rings eingeschlossen von Bergmassen, deren
Höhe sich kaum annäherungsweise abschätzen liefsen. Wir folgten dem
Felsennachbar dicht an unserer rechten Seite, in deren Nähe die Kara-
wanenstrafse zu dem hochgelegenen Dorfe Seidan führt, dem Menzile des
heutigen Tages.
Das Dorf, ziemlich baumreich, nicht ohne malerische Wirkung von er
Ferne aus, liegt hart am Felsenrücken, der ihm mit einer klaren frischen
Quelle das schönste und wohlthätigste Geschenk zu Theil werden lafst.
Sie sprudelte mit lautem Gemurmel durch ihr enges Bett dahin und fiel
zuletzt als Wasserstaub in eine ansehnliche Tiefe thalabwärts in die Ebene
herunter. Ueber den Quelllauf hinweg erreichten wir die lange Dorfmauer
mit einem grofsen Platz davor, auf welchem sich im Hintergründe em einsames
Posthaus erhebt. Ein enges Thor, kaum so hoch, dafs ein Reiter
aufrecht auf dem Pferde sitzend hineinzureiten im Stande ist, geleitet in
die schmale Hauptstrafse des Dorfes, in welcher linker Hand das uns be-
zeichnete Quartier gelegen war. Die hölzerne Hausthür desselben war verriegelt
und verrammelt, hinter derselben erhoben schimpfende und schreiende
Weiber einen Mordspectakel, fest entschlossen, allen vernünftigen Vorstellungen
auf das hartnäckigste Trotz zu bieten. Je mehr wir sie zu beruhigen
suchten, je toller tobten sie gegen uns los. Was Wunder, wenn
Einem unserer Leute die Geduld ausging, dem allzudienstwilligen Abdar,
einem Aliallahi und ehemaligen Raubgesellen, der sich nach manchen stürmischen
Erlebnissen mit der Menschheit auf Friedensfufs gesetzt hatte und
in Herrendienste sein Leben fristete. Mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit
hob "er die Thüre trotz Riegel und Verschlufs aus ihrer Stelle, wie
weiland Simson das Thor von Gaza, so dafs wir wie die Wölfe in den
Schaf stall einbrachen. Die Weiber waren mit einem Male verschwunden;
wir fanden sie indefs bald auf, da sie sich in dem Hintergemache der Hofzimmer
verborgen hatten, und nach kurzer Unterhandlung, bei welcher
hauptsächlich die Frage der Belohnung erörtert wurde, liefsen sie uns un