nicht, bei etwaiger Vergleichung beider Abdrücke des genannten Briefes, den
Vorwurf der Flüchtigkeit auf mich zu laden.
Nachdem das Inschallah färda („so Gott will, morgen!“) zu meiner of-
ficiellen Abreise nach Mazenderän sich vom 15. März, zur Zeit Ihrer Anwesenheit
in Teheran, bis zum '21. April verzögert hatte, war ich endlich
maischfertig und ritt mit Courierpferden ab, jedoch ist diese Koute der
Art mit schlechten Gäulen bestellt, dafs ich für die ersten sieben Fersach
zwei Tage brauchte, und die Hälfte zu Fufs ging; schon beim zweiten
Tschaparchanä waren keine Mähren mehr aufzutreiben und ich mufste mit
Mauleseln mein Fortkommen suchen. Meine Aufgabe war, die alte von
Schah Abbas nach Astrabäd angelegte Strafse zu besichtigen und die Kosten
der Wiederherstellung zu berechnen. Der Weg ging von der sterilen
Ebene Teherans über wellenförmiges Terrain bis Dscharscharut (vier Fersach),
woselbst eine grofse verfallene Brücke sich befindet, die dem Einsturz
nahe ist. Ein einstmals prächtiges, jetzt aber in Trümmern liegendes
Karawanserai bot einen unerquicklichen Nachtauf enthalt. Die Gegend
behiejt ihr verbranntes kreidiges Aussehen bei, und erst am dritten Tage
bekam ich einige Fluren und bebaute Felder zu sehen. Die Hochwasser
verderben die spärlichen Ueberbleibsel eines schon längst ungangbaren
Weges und knietief mufste man die ausgetretenen Bäche durchwaten. :_
Von hier wurde die Gegend kahl, enger, gebirgiger'und unwirthlich, wir
gelangten zum Fufse des Berges Firüz-Kuh, Die Strafse durchzog, von
Westen nach Osten immer höher ansteigend, eine von Menschen und Thie-
len gemiedene Reihe von Felsschluchten, überschritt eine secundäre Wasserscheide,
wo die grauen Trümmer eines eingestürzten Karawanserais
die einsame Scene düster decorirten. Raubvögel und Adler umkrächzten
die zahlreichen Skelette und Kadaver gefallener Lastthiere. — An dem
jenseitigen Abhange dieser vorgeschobenen Gebirgskette zeigten sich die
ersten kümmerlichen Spuren von Krüppelholz, die sich bald in vereinzelten
Gruppen von persischen Föhren reproducirten. Ihr Wuchs gleicht unserer
gewöhnlichen Kienföhre, ihre. Nadeln jedoch dem Zinnkraute oder
den der Cypressen. Die Strafse senkte sich wieder in starken steilen Wendungen,
bis sie in der Tiefe der Thalsohle mit einer sehr gefährlichen
Brücke den brausenden Waldstrom überschritt. Von hier stieg sie in haarsträubendem
Gemsensteige, an fürchterlichen Abgründen vorbei, den Hauptstock
des Berges Firüz-Kuh empor; die Gegend nahm den Charakter des
felsigen Hochgebirges an , man übersah in der Tiefe und durch die zahlreichen
Seitenschluchten die niederen Gebirge unter sich, der Holzbestand
nahm aber mit der näher rückenden Schneeregion momentan ab; Sandsteinhöhlen,
Felsen und Windbrüche bildeten abentheuerliche Figuren. Die
Strafse, jetzt ganz verfallen, ist im Allgemeinen sehr gut angelegt und
wie es schien für Wagen erbaut worden; nur eines ist unklar, dafs solche
Stellen, wo colossale Felssprengungen nöthig waren, wegen der damals
noch unbekannten Anwendung des Sprengpulvers gänzlich ausblieben oder
ungeschickt umgangen wurden. Der ganze Berg, acht Fersach lang, mag
über 10,000 Fufs hoch sein und bildet auf dieser Seite den einzigen Ue-
bergangspunkt nach Teheran. Die Strafse fällt stark ab und tritt eine
Stunde vor dem Städtchen Firüz-Kuh plötzlich in eine fruchtbare lachende
Ebene, die man, einen sehr breiten reifsenden Waldstrom ohne Brücke
überschreitend, erreicht. Der Ort Firüz-Kuh, zwei und zwanzig Fersach
von Teheran, liegt, wenn man mit einem Kothhaufen, aus welchem die
Häuser erbaut sind, einen romantischen Vergleich anstellen darf, in einer
malerischen Lage. Am Ausgange einer eine Stunde langen, breiten üppigen
Trift erhebt sich eine .enge Schlucht mit einem sehr steilen isolirten
hohen Felsen, auf dessen Kuppe eine kühn erbaute, jedoch zerfallene Burg
thront. Rings um diesen einsamen Colofs steigen zu beiden Seiten terrassenförmig,
amphitheatralisch die Erdhäuser empor und das Silberband
eines beschatteten Mühlbaches umschlingt das interessante Bild.
Unmerklich gelangte ich zur hinteren Seite des Berges und der Stadt
und verlor momentan die Orientirung, die ich aber bald wiedergewann.
Hier traf ich in meinem mir vom Kedkhoda zugewiesenen Quartier die
Wanze in schreckenerregender Menge einheimisch, nachträglich fand ich
mich auch mit Gewändläusen behaftet. Es geht denn doch nichts über die
vielgepriesene orientalische Reinlichkeit! Die Theuerung ist allseitig vorwärts
geschritten und das Man - Brot kostete hier 3 Gran, Gerste 2 Gran,
Hackstroh 12 Schahi, Fleisch 1 Gran, 1 Huhn 1 Gran. Obwohl mit königlichem
Ferman und Haftbefehl reichlich versehen, wufste ich meinem elastischen
Pfeifenrohre mehr Achtung zu verschaffen, als mit allen weitschweifigen
Dästhatte-sehdh (Ferman), und mit Streiten, Prügeln, Pfändung
und Selbstbemessuug der Preise brachte ich mich ziemlich gut durch. Am
sechsten Tage von Firüz - Ituh auf brechend kam ich über herrlich grüne