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 der  Wolke“,  d.  h.  unverhüllt  gesehen  hatte,  wurde  sein Herz,  wie  dieselbe  
 persische Poesie  sich  weiter  ausdrückt,  sofort  „zu  einem  Braten“  (kebäb mi-  
 sclmd),  d.  h.  ganz  von  Liebe  durchglüht.  Er  folgte  ihr  und  hatte  keine  andere  
 Genugthuung als  die  des Nachsehens,  da  sie plötzlich  in  das wahrscheinlich  
 von ihr bewohnte Haus  eintrat.  Der Mann mit dem  „gebratenen Herzen“  
 konnte  aber  das  „Mondgesicht“  nicht  aus  dem  Sinne  verlieren,  und beauftragte  
 einen  theilnehmenden  Freund,  zur  Linderung  seiner  Schmerzen  auszukundschaften, 
   wer  die  schöne  Person-denn  eigentlich  sei.  Der  Freund  
 kehrt  mit  der  Nachricht  zurück,  dafs  ein  Kaufmann  in  den  Bazaren  von  
 Teheran  das  Glück  habe,  jene  Peri  „Fei“  als  Frau  zu  besitzen,  und  dafs  
 sie  in  der That  schön,  aber  auch  ebenso  tugendhaft  sei.  Die Liebe  des jungen  
 Mannes  nahm  trotz  dieser  Nachricht  eher  zu  als  a b ,  und  er  wandte  
 sich  zur  Erreichung  seines  Zieles  an  jene,  in  Teheran,  wie  ich  hörte,  sehr  
 zahlreiche  Classe  von  Personen,  welche  niemals  zurückschrecken,  der  Tugend  
 Fallen  zu  stellen,  und  Verbindungen  anzuknüpfen,  welche  das  Licht 
 des  Tages  zu  scheuen  haben. 
 Es  mochten  einige  Tage  verflossen  sein,  als  eine  alte,  dem  Anschein  
 nach  ehrbare  Frau  in  die  Wohnung  des  Kaufmanns  tra t,  der  zufällig  abwesend  
 war,  und  der  Frau  desselben  ihre  Noth  in  der  schlechten  Zeit  
 klagte.  Die  junge Frau,  welche  das  alte Weib  freundlich  anhört,  bedauert,  
 ihr  die  Bitte  nicht  gewähren  zu  können,  sie. in  ihren  Dienst  zu  nehmen.  
 Bei  solchen  Unterhaltungen  pflegen  die  persischen  Frauen  wie  die.Männei  
 auf  dem  Erdboden  zu  sitzen  und  ihren  Rücken  gegen  grofse  walzenförmig  
 runde  Kissen  zu  stützen.  Während  des. Gespräehes  hatte  die  Alte,  einen  
 günstigen  Augenblick  zu  benutzen  gewufst  und  heimlich  unter  das  Kissen  
 ein Stück Zeug  geschoben,  in  welchem  sich  zwei  Dukaten  befanden.  Bald  
 nachdem  sie  sich  entfernt  hatte,  kehrte  der  Mann  von  seinem  Geschäfte  
 heim,  setzte  sich  auf  den Boden  nieder  und  fand,  während  er  sich  an  die  
 Kissen  lehnte,  das  Zeug  mit  dem  Gelde  an  der  bezeichneten  Stelle.  Da  
 seine  Frau  voller  Erstaunen  über  den  Ursprung, des  Fundes  keine Rechenschaft  
 zu  geben  vermochte,  so  wurde  er.eifersüchtig  und  mifshandelte  sie  
 durch  Schläge  auf  das  Jämmerlichste.  Am  nächsten  Morgen  stellte  sich  
 die  Alte  unter  irgend  einem  Vorwande  wieder  ein  und  schien  bestürzt  
 darüber,  die  am  vergangenen  Tage  so  heitere  Frau  verweint,  und  abgehärmt  
 zu finden.  Die Gattin  des Kaufmanns  erzählte  im gerechten Schmerze, 
 wie  sich  alles  zugetragen,  und  die  Alte  stellte  sich  gleichfalls  betroffen  
 über  die  unerklärliche  Anwesenheit  der  goldenen  Tomäris.  Um  der Sache  
 auf  die  Spur  zu  kommen,  schlug  sie  der  Frau  vor,  in  Gemeinschaft  mit  
 ihr  das  Haus  eines  Bekannten  aufzusuchen,  der  in  dem  Ruf  stände,^  aus  
 den  Karten Wunderdinge  herauszulesen,  und  ihr  ganz  sicher  sagen  wurde,  
 durch  welchen Zufall  und  vor  allen  durch wen jene  Summe unter die Kissen  
 gekommen  sei.  Die  junge  Frau  willigte  ein,  sie  machten  sich  beide  sofort  
 auf  den Weg  und  nach  kurzer Zeit  betraten  sie,  es  ist nicht schwer zu  erra-  
 then,  das  Haus  des  verliebten Mannes.  Die Alte  entfeinte  sich  unter einem  
 passenden  Vorwande,  und  anstatt  die  Karten  zu  legen,  benutzte  der  Verliebte  
 die Gelegenheit,  der  jungen  Frau  eine  lange Liebeserklärung  vorzu-  
 deklamiren.  Empört  über  die Frechheit  stiefs  sie  ihn,  der  ihr den Schleier  
 zu  heben  wagte,  zurück;  da  -   von  der  Liebe  bis  zum  Hafs  ist  nicht  
 weit  _   schleuderte  er  sie  in  ein  neben  dem  Zimmer  befindliches  Sanduk-  
 khcmeh  oder  Polterkammer  ohne  Fenster,  band  ihr  die  Hände  und  mifs-  
 handelte  sie  in  der  rohesten Weise.  Nachdem  die  Frau  vier Tage  lang  die  
 Brutalitäten  des  Persers  hatte  ertragen  müssen,  gewann  sie  nach  grofsen  
 Anstrengungen  den  freien Gebrauch  ihrer Hände wieder,  schrieb  mit Kohle  
 auf  ein  Stück  Zeug  die  Ursache  ihres Todes  nieder  und  nahm  eine  starke  
 Dosis  Teriak  oder  Opium,  welches  die.Orientalen  bei  sich  zu  fuhren  pflegen. 
   Den Nachforschungen  des Ehemannes,  der  die  Rückkehr  seiner Frau  
 so  lange  vergeblich  abgewartet  hatte,  gelang  es  endlich,  die  Spuren  ihres  
 Aufenthaltes  zu  entdecken;  er  drang  in  Begleitung  mehrerer  Regierungs-  
 Ferreichen  in  die  Schreckenswohnung  ein  und  fand  den  jungen  Mann  neben  
 der  Leiche  seiner  Frau. 
 Der  Verliebte,  dessen  „gebratenes  Herz“  zu  einer  so  unglückseligen  
 That  geführt  hatte,  wurde  sofort  vor  den Schah  geschleppt,  welcher  der  
 Khorassaner Geschichte  halber  sehr  übel  gestimmt  war,  und  sofort  ertönte  
 von  den Lippen  des Kaisers das  verhängnifsvolle Bekusch „man tödte ihn!“ —  
 Der  Scharfrichter  wanderte  mit  dem Todeskandidaten  nach  dem  Richtplatz  
 vor  dem  „Neuen  Thore“,  wo  sich  sofort  eine  neugierige  Menschenmenge  
 versammelte,  um  mit  persischer  Kaltblütigkeit  Zeuge  des  blutigen  Schauspieles  
 zu  sein.  Der Scharfrichter  nahm  sein  kleines Messer,  mit  welchem  
 der  Kopf  ziemlich  langsam  losgetrennt  zu  werden  pflegt,  murmelte  sein  
 nothwendiges  „im  Namen Gottes,  des Allerbarmers  und  des Barmherzigen“ 
 vor  sich  hin,  setzte  das Messer  an  und,  weifs  der  Himmel wie  es  geschah, 
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