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 Bolle  in  der  persischen  Geschichte  gespielt  haben.  Hier  fand  
 Kerim  vom  Zend-Stämme,  der  erste  persische  Herrscher  aus  einem  arabischen  
 Stamme,  seine  Hauptstütze.  Der  Khan  von  Gischt  schlug  fast  nur  
 mit  seinen  Vasallen  das  Heer  des  Afghanen  Ahmed  in  den  Engpässen  auf  
 dem  Wege  nach  Schirds,  wodurch  sich Kerim  siebzehnhundert  und  fünfzig  
 auf  dem Throne  von  Isfahan  behaupten  konnte.  Ein  persischer Geschichtsschreiber  
 sagt  von  diesem:  „Er  war  kein  grofser  Fürst,  er  eroberte  keine  
 Reiche,  aber  noch  nie  haben  wir  so  ruhig  und  glücklich  gelebt.“  Auch  
 der  Vater  des  jetzigen  Khan s  war  ebenso  berühmt  durch  seinen  Einflufs  
 und  seine Tapferkeit,  wie  durch  seine Grausamkeit.  Man  rechnet  ihm  über  
 hundert  Morde  nach,  meist  in  Folge  von  Blutfehden,  die  er  mit  unnach-  
 sichtlicher  Strenge  verfolgte.  Einer  seiner  Neffen  hatte  bei  ihm  gewohnt  
 und  war  bei  ihm  auferzogen.  Als Jüngling  erfuhr  er,  dafs  auch  sein Vater  
 von  der Hand  seines Onkels  ermordet  war.  Sofort  beschlofs  er  Rache  und  
 erschofs  vor  einigen Wochen  seinen  bisherigen  Wohlthäter  hinterrücks  auf  
 dem  Wege  nach  Schiräz  und  entfloh  zu  einem  feindlichen Stamme.  Unser  
 junger  Wirth  fühlt  nun  die  Verpflichtung  der  Blutfehde  gegen  seinen  jungen  
 Verwandten,  der  ein  Spielgenosse  seiner  Jugend  war,  und  wird  nicht  
 früher  seine  Trauerkleider  ablegen,  ehe  der  Mörder  seines  Vaters  nicht  
 von  seiner  Hand  gefallen.  So  zerfleischen  sich  jene  südlichen  arabischen  
 Stämme  durch  endlose  Fehden  selbst.  Die  jetzige  Regierung,  zu  schwach  
 diesen  zu  steuern,  begünstigt  sie  sogar,  da  ihr  so  der  sonst mächtige Adel  
 nicht  gefährlich  ist.  Aber  nicht  nur  unter  den  Vornehmen  herrscht  das  
 Gesetz  der  Blutfehde,  sondern  es  geht  durch  alle  Klassen  der  arabischen  
 Bevölkerung. 
 Der  Khan  hatte  am  Morgen  noch  eine  gröfs'ere. Menge  seiner  Kavallerie  
 aufgeboten  und  gab  uns  mit  ihnen  das  Geleit.  Auf  den  südlichen  
 Gebirgen  sollen  noch  bedeutende Reste  alter Befestigungen  in  grol'sen Quadern, 
   sowie  mächtige  Cisternen  vorhanden  sein',  von  denen  Niemand  angeben  
 konnte,  aus  welcher  Zeit  sie  herstammen.  Leider  erlaubte  unsere  
 Zeit  nicht,  sie  in  Augenschein  zu  nehmen.  Nach  dreistündigem  Ritte  erreichten  
 wir  die  Vorhöhe  der  letzten  Kette  des  Kotel-i-Mallu.  Das  Hinabsteigen  
 war  wieder  so  schwierig,  dafs  wir  unsere  Pferde  verlassen  mufs-  
 ten.  Eine  Karawane,  der  wir  begegneten,  hatte  eben  ein  Maulthier  verloren, 
   das  einen  steilen  Absturz  hinuntergerutscht  war  und  auf  der  Stelle 
 todt  blieb.  Zahlreiche  Gerippe  von  Lastthieren  zeigten,  dafs  dies  kein  
 vereinzelter  Fall  war.  Der  Weg  führte  weiter  in  das  Thal  des  Se/id-Rud  
 (Weifsflufs),  der  ebenso  klar  und  salzig  wie  der  Schapwr,  aber  bedeutend  
 wasserreicher  sich  mit  diesem  in  der  Meeresebene  vereinigt.  Die  Strafse  
 übersetzt  den  Flufs  wohl  zehnmal.  In  der  nassen  Jahreszeit  wächst  derselbe  
 so  an,  dafs • Karawanen  oft  Tage  lang  warten  müssen,  um  ihn  zu  
 passiren.  Endlich  erreichten  wir,  wieder  ansteigend,  die  Höhe  der  letzten  
 Gebirgskette  beim  Dorfe  Dallaki.  Das  Meer  und  die  weite  Meeresebene,  
 das  heifse  Land  Germesir,  breitete  sich  vor  uns  aus.  Die  Gebirge  treten  
 etwa  drei  Meilen  vom  Meere  zurück.  Lang  gezogene  grüne  Streifen  bezeichnen  
 den  einzigen  vegetabilischen  Reichthum  dieser  Gegend:  die  Palmenwälder. 
   Der  Weg  führte  längs  des  Gebirges  über  mehrere  stark  nach  
 Schwefel  riechende  Bäche  nach  Borasdschdn.  Die  Gebirge  sollen  reich  an  
 unbenutzten  Mineralien  sein. 
 Am  27sfen  erreichten  wir  um Mittag,  nach  einem  langweiligen Marsch  
 durch  die  mit  einer  Salzkruste  überzogene  Ebene,  das  Ziel  unserer  Reise  
 Buse-hehr.  Die  Stadt  liegt  auf  einer  hervorspringenden  Halbinsel  in  der  
 ödesten  Umgebung.  Keine  Spur  von  Anbau,  kein  Baum,  ja   nicht  einmal  
 ein  Grashalm  bezeichnet  die  Nähe  menschlicher  Wohnungen.  Der  unvermeidliche  
 Istakbdl  empfing  uns  auch  hier,  und  ein  junger Prinz  der  kaiserlichen  
 Familie  versicherte  im  Namen  des  Gouverneurs  in  einem  unendlichen  
 Wortschwall  höflicher  Reden  seine  Freude  die Mission  bewillkommnen  
 zu  können.  Die  Befestigungen  der  Stadt  sind  nach  der  Landseite  
 gut  erhalten.  Die  Garnison  besteht  aus  sechshundert  Mann,  die  uns  zu  
 Ehren  in  rothen  Jacken  an  den  Thoren  und  auf  den  Plätzen  aufgestellt  
 waren.  Man  führte  uns  in  ein  verfallenes  kaiserliches  Schlofs,  durch  dessen  
 zerbrochene Thüren und Fenster  ein  empfindlicher Nordwestwind  durchfuhr, 
   uns  keine  geschützte  Stelle  vor  dem  durchdringenden  Zuge  bietend. 
 Biischehr  ist  der  einzige  Hafenplatz,  durch  den  Persien  im  Süden  mit  
 dem  Auslande  in  Verbindung  steht,  seitdem  die  Unsicherheit  der Verhältnisse  
 der  Provinz  Lar  den  Karawanen verkehr  durch  dieselbe  hat  aufhören  
 lassen.  Da  sich  indessen  der  Perser  in  keiner  Zeit  zum  Seeverkehr  geeignet  
 hat,  so  ist  die  Schiffahrt  vollständig in fremden Händen:  der Küstenverkehr  
 in  denen  der  die  Ostküste  Arabiens  bewohnenden  Stämme,  der  
 indisch-europäische  ausschliefslich  in  englischen  Händen.  Augenblicklich  
 lagen  auf  der. Rhede  etwa  zwanzig  kleine  Küstenfahrer,  fünf  grofse  euro