führt, liegt die Moschee, ein hochgelegenes Gebäu in gewöhnlichem Styl.
Kinder auf dem Dache sangen mit heller Stimme den Gläubigen des Propheten
den Mittag aus, während der alte bärtige Doxi-Mollah mit gekreuzten
Beinen, ein geöffnetes Buch, wahrscheinlich den Koran, in der Hand,
an dem hölzernen Rande der Brüstung vorn an dem Balakhaneh ruhig und
friedlich kauerte.
An der Moschee vorüber zogen wir durch den Bach des Dorfes, woselbst
Weiber das klare Wasser mit Hülfe der Hand in die grofsen Ki'üge
schöpften, und ergingen uns in wehmüthigen Erinnerungen, als wir zu dem
kleinen Baumpark gelangt waren, wo vor einem Jahre unser verstorbener
Minister in froher heiterer Laune mit uns übrigen eine längere Rast gehalten
hatte.
Von hier ab dauerte es noch volle drei Stunden, ehe,-es uns vergönnt
war in Nikkebeg einzuziehen, das, in dichter Nähe eines Hügels mit kellerartigen
Oeffnungen, auf der Ebene a it Flusse gelegen ist. Eine alte verfallene
Karawanserai und ein modernes Tschaparkhaneh bilden die Hauptgebäude
des Ortes. Ehe man den steilen abschüssigen Weg von der Höhe
der Karawanenstrafse zur Dorfniederung am Flusse abwärts steigt, geniefst
man eine schöne Aussicht nach den schneebedeckten Höhen des Kaflcm-
kuh und nach einem vor ihm liegenden bläulichen Höhenzuge hin. Wir
wurden bei einem Bauer untergebracht. Das Quartier war einfach, aber
reinlich. Bettler gab es, wie gewöhnlich, in lästiger Ueberfülle. Um 8 Uhr
in der Frühe waren wir von Zendschän aufgebrochen, um 3 Uhr Nachmittags
zogen wir in Nikkebeg ein. Die eigentliche Karawane kam zwei Stunden
später an. Wir hatten somit, die Stunde Rast abgerechnet, zu einem
Wege von fünf persischen Fersach volle sechs Stunden Zeit gebraucht.
Da die Reise am folgenden Tage einen verhältnifsmäfsig grofsen Tagemarsch
betragen sollte, •— nach mehrfach eingezogenen Erkundigungen sieben
Fersach, — so mietheten wir, Herr v. Gr olma n und meine Wenigkeit,
Postgäule in dem Posthause des Ortes,' wobei uns der Naib des
Tschaparkhaneh wie gewöhnlich zu übervortheilen suchte. Nach seiner Angabe
betrug die Strecke bis zur nächsten Station Serdschbm acht Fersach
und nicht sieben, so dafs wir beide, den begleitenden Schagird Tschapar
oder Postkneeht mit eingerechnet, eine Mehrsumme von 3 X 15 oder 45
Schahi zu zahlen gehabt hätten. Mit persischen Postberechnungen vertrauter,
als selbigem Naib lieb und angenehm war, liefs ich ihn ablaufen,
wobei er sich sehr erstaunt gegen unsern christlichen Diener Jahijd
äufserte, „da es ja Recht und üblich sei, reisenden Frengi mehr als den
Persern abzufordern.“
Mein kräftiges Remonstriren hatte aufserdem zur Folge, dafs ich ein
ganz vorzügliches Pferd erhielt, das beinahe den ganzen Weg bis zu einer
Zwischenstation in gestrecktem Galopp lief. Wir verfolgten zunächst den
Karawanenweg auf dem rechten Ufer des Zendschän-tschai, der auf beiden
Seiten von niedrigen Höhenzügen eingesehlos'sen ist. Diese treten bisweilen
ganz dicht, bis zum Steilabfälle hin, an den schlammigen Flufs heran, der
von zahllosen Bächen und Rinnsalen in der winterlichen Jahreszeit der
Schneeschmelze gespeist wird. Das Durchreiten und Durchwaten dieser
allzu zahlreichen feuchten Einschnitte der Karawanenstrafse ist eine ebenso
mühsame als langweilige und zeitraubende Arbeit für ein Menschenkind,
das die Sehnsucht nach der Heimath mit aller Gewalt vorwärts treibt und
das nirgends einen Aufenthalt erdulden will. Nach einem Ritte von einer
Stunde, — wir hatten in derselben beinahe zwei und eine halbe Fersach zurückgelegt,
— bogen wir rechts ab in das Bergland hinein, sprengten einen
steilen Weg aufwärts und befanden uns oben auf dem Rücken des Berges
im Angesicht eines elenden, aus etwa vierzig Hütten bestehenden
Dorfes, dessen Bevölkerung wie überall das Malzeichen bitterer Armuth
an sieh trug. Die Frauen fielen hier durch eine Kopfträcht auf, die von
der gewöhnlichen persischen abwich und an die Kopftoilette der tatarischen
Weiber erinnerte. Der obere Theil des Kopfes wird mit einem
Tuche umbunden, so dafs man vom Haare eigentlich gar nichts sieht; ein
anderes Tuch verhüllt Hals, Kinn und Mund, so dafs vom ganzen Gesichte
nur die Augen und die Nase zu erkennen sind. Unter den wasserschöpfenden
Weibern sah ich ein junges unverhülltes Mädchen, das recht hübsch
war und sich durch einen ungewöhnlichen Reichthum aller Arten von Talismanen
am Halse und auf der Brust auszeichnete.
Wir rasteten in dem Dorfe, das drei Fersach von Nikkebeg entfernt
liegt, eine gute halbe Stunde, liefsen uns während dieser Zeit Milch und
Brot bringen und verzehrten beides auf der Erdbank vor dem Posthause
unter allgemeiner Bewunderung der Dorfbewohner. Die Pferde waren inzwischen
gesattelt worden, wir stiegen auf," der Schagird Tschapar als
einstweiliger Führer voran, und fort ging es in vollem Galopp über den
Bergrücken von neuem dem Ufer des Flusses entgegen. Der Himmel über
H. H
tili