als Kastellan in der herrlichen Karawanserai sein armseliges Leben von
den geringen Spenden der Reisenden und Tscherwadare. Kommen Europäer,
so giebt’s einen Festtag für den Alten, der darum auch doppelt geschmeidig
wird und den Besen mit jugendlicher Leichtigkeit führt.
Am heutigen Tage logirten mit uns in dem stattlichen Hôtel ohne
Wirth noch Kellner hunderte von Reisenden und- — Eseln, die Gott weifs
von woher gekommen waren, um sich hier ein Rendez-vous zu geben. Das
Geschrei der „Grofsväter der Dummheit“ tönte Mark und Bein erschütternd
den ganzen Rest des Tages über, so vornehmlich durch die weiten Räume
der Karawanserai, dafs wir zuletzt nach gerade genug davon hatten und
baldige Weiterreise wünschten. Der Wunsch erhielt ejne kräftige Unterstützung
durch den Mangel guten Trinkwassers, da auch hier, wie auf der
vorigen Station, das Wasser so sehr schür d. h. salzig war, dafs es nicht
einmal die Thiere trinken mochten. Unsere körperlichen Leiden nahmen
dabei nicht ab, sondern an Heftigkeit zu. Am meisten beängstigte uns die
heftige Dysenterie unseres Chefs, der lautlos die brennendsten Schmerzen,
an seinem Feldtische arbeitend, zu bekämpfen suchte.
Der 4. October sah uns bereits eine Stunde vor Sonnenaufgang auf
dem Marsche nach der nächsten'Station, der Stadt Qumiseheh, die nach
den Angaben unserer Maulthiertreiber sechs Fersach von Majär abgelegen
sein soll. Bei der anfänglichen Finsternifs liefs sich wenig von dem eigentlichen
Charakter der Landschaft erkennen. Wir durchmafsen auf guter
ebener Karawanenstrafse ein grofses Plateau, das, so schien es, in der weiten
Runde von schwarzen zusammenhängenden Bergmassen eingefafst war.
Die Karawane eröffnete den Reisezug, wir Reiter folgten in einer nicht gar
zu grofsen Entfernung nach, hinter uns kamen in ziemlich weiter Distanz
die Handpferde mit den persischen Reitknechten, die sieh auf. irgend welchem
Grunde verspätet hatten. . Schweigsam ritten wir in der Stille der
Nacht nebeneinander, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, die
sich gewöhnlich bis zur, traulichen Heimath hin verstiegen,, als unsere Aufmerksamkeit
plötzlich durch eine seltene Begegnung wach gerufen wurde.
Zwei Bakhtiaren in vollem Waffensohmuck, die lange bepuschelte Lanze
halb schräg über den Pferdehals gelegt, kamen uns in langsamem Reiseschritt
entgegengeritten, zogen ohne Grufs schweigend an uns vorüber und
setzten bald darauf ihre Pferde in Galopp. Unserem stets aufmerksamen
Chef schien die so plötzliche Eile ein schlechtes Omen zu sein, da die verrufenen
Gesellen der schwarzen Berge sehr leicht einen Handstreich gegen
die hinter uns folgenden Pferdeknechte und Thiere ausführen konnten. Auf
Kommando wurde sogleich Kehrt gemacht und hinter den Bakhtiaren in
langem Galopp drein gesetzt. Unsere Besorgnifs war indefs unbegründet,
die Pferdeknechte hatten sie ruhig an sich vorüberziehen sehen und so
waren wir wieder einmal der Gelegenheit eines besonderen Abenteuers
beraubt.
Bald trat das erste Zwielicht in Gestalt heller Streifen am östlichen
Himmel ein. Die Sonne tauchte endlich aus einem sehr bemerkbaren
Dunstmeer am Horizonte empor. Dichter Nebel lag auf der ganzen Landschaft.
Er. zerstob selbst nicht einmal am Tage und hüllte die ferner liegenden
Berge wie mit einem dünnen Schleier ein. Die malerischen Formen
der langen Bergzüge rechter und linker Hand bei Seite gesetzt, war die
Natur des Landschaftlichen auf dem ganzen ersten Theile der Reise unendlich
traurig und eintönig. Erst auf dem zweiten Theile des ermüdenden
Marsches belebte der Anblick einzelner Dörfer auf der rechten Seite der
Karawanenstrafse ,'däs todte Bild, obgleich auch sie in der gewaltigen Leere
zu Nichts verschwammeu, kleinen grünen Punkten auf gewaltiger graubrauner
Fläche vergleichbar. Nachdem wir uns dem rechten Bergzuge genähert
hatten, öffnete sich plötzlich das Plateau und wir bogen rechter Hand in
ein Seitenthal ein, in welchem zu unserer Freude sehr hübsche, von langen
Erdmauern 'eingeschlossene Gärten zur jiin k e h r einzuladen schienen. Dahinter
erhob, sich auf einer Höhe gelegen ein schönes, in geschmackvollem
Stil erbautes Haus, halb wie ein Pallast,,halb wie eine Moschee/aussehend.
Balcone, gestützt von zierlichen Säulen mit Nischen-Kapitäl, mufsten eine
weite .Aussicht in das Freie gewähren und in den That schienen Gruppen
hockender Weiber, welche die hochgelegenen luftigen Balakhaneh besetzten,
sich hier in aller Gemüthlichkeit der Natur zu freuen. . Sah es hiernach
aus, als sei das Haus, von, irgend einem Grofsen dem Haremsleben geweiht,
so gemahnte- andererseits die domartige Kuppel an den Moscheendienst.
In der That hörten wir später, dafs der Bau ein wohlbekanntes, dem Schekh
(hier Schah ausgesprochen) Riza geweihtes Imamzadeh sei. Unverständlich
blieb es immer, wie die Weiber zu der Ehre kamen, in den Räumen der
posthumen Wohnung des Heiligen die jedenfalls besten Plätze einzunehmen.
Demselben Heiligen mag es wohl zuzuschreiben sein, dafs sich hinter dem
Imamzadeh, welches. rechter Hand liegen blieb,’ ein ehemaliger Leichenacker
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