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 die  Perser  Schiiten,  die  Turkomanen  dagegen  Sunniten  sind.  Nach  Weise  
 aller  nomadisch  lebenden Völker  ist  die  Art  der Turkomanen  den Krieg  zu  
 führen,  so  eigentümlich,  dafs  selbst wohlausgerüstete  europäische  reguläre  
 Heere  einen  schwierigen  Stand  solchen  Feinden  gegenüber  haben  würden.  
 Auf  ihren  als  ausgezeichnete  Renner  bekannten  Rassepferden  erscheinen  
 sie  wie  der  Blitz  und  verschwinden  ebenso  schnell  wieder.  Sie  ermüden  
 das  wachsamste  Heer  durch  plötzliche  Angriffe  auf  dem  Marsche  und  beunruhigen  
 ein  stehendes  Lager  durch  Ueberfälle  bei  Tag  und  bei  Nacht. 
 In  den  letzten  Jahren  der  Regierung  Nasreddin's  hatten  sie  sich  besonders  
 durch  ihre Streifereien  hervorgethan  und  nicht  nur  die  zahlreichen  
 nach  Meschhed  pilgernden  Karawanen  überfallen  und  geplündert,  sondern  
 sogar  auch  die  an  der  Grenze  gelegenen  persischen  Städte  und  kleineren  
 Ortschaften  durch  ihre Streifzüge  unsicher  gemacht.  Vor Allem war Astra-  
 bdd  von  ihnen  heimgesucht  worden.  Ihre  Kühnheit  ging  so  weit,  dafs  sie  
 bei  hellem Tage  in  die  Stadt  hineinritten  und Bewohner  derselben  mit Gewalt  
 fortschleppten,  um  nach  ihrer  Gewohnheit  dieselben  als  Kriegsgefangene  
 zu  verkaufen.  Schon  seit  langer  Zeit  war  der  Schah  von  Persien  
 damit  umgegangen,  einen  Rachezug  gegen  die  Turkomanen  zu  unternehmen, 
   und  trotz  Widerrathens  manches  europäischen  Diplomaten  rückte  im  
 Sommer  1860  ein  aus  30,000  Mann  bestehendes  Heer  (Infanterie,  Artillerie  
 und  wenig  Kavallerie)  direct  auf  Merw,  die  Hauptstadt  von  Khorassan  
 los.  An  der  Spitze  dieser  Armee,  die  mit  Ausnahme  des  französischen  
 Photographen  B lo c v i l l e   von  keinem  einzigen  Europäer  begleitet  war,  
 stand  der  Gouverneur  von  Khorassan,  Prinz  Hamsa  Mirza,  oder  vielmehr  
 sein  Factotum  und  Wezir,  der  Gaw&m-ed - dauleh.  Die  persische  Armee  
 mufste  als  Campagne-Heer  für  einen Europäer  in  der  That  eine  klägliche  
 Erscheinung  sein.  Die  Soldaten,  denen man wie gewöhnlich  selbst  während  
 des  beschwerlichen Feldzuges  den  Sold  vorenthielt,  waren  schlecht  bewaffnet  
 und  ihre  Gewehre  bestanden  aus  deu  bekannten  unbrauchbaren  französischen  
 Feuerschlofswaffen  mit  dem  Datum  1814  und  1815.  An Verpro-  
 viantirung war in keiner Weise gedacht worden.  Nach  acht persischer Weise  
 befand  sich  das  Gepäck  von  Soldaten  und Offizieren  auf Eseln  und Kamee-  
 len,  welche  die  Serbazen  vor  sich  her  trieben,  so  dafs  der  gröfsere  unbewaffnete  
 Theil  der  Armee  sich  bei  den  Packthieren  befand,  während  nur  
 ein  Drittel  kampfbereit  in  weiter  Distanz  vorausmarschirto. 
 Die  Perser  wurden  auf  ihrer  ganzen  Reise  von  den  Turkomanen  wenig  
 oder  gar  nicht  behelligt,  sie  kamen  sogar  bis  nach  Merw  und  nahmen  
 ohne  Blutvergiefsen  die  Hauptstadt  von  Khorassan  ein,  aus  dem  sehr  einfachen  
 Grunde,  weil  die  ganze  Bevölkerung  auzgezogen  war  und Niemand  
 daran  dachte,  die  leere  Stadt  zu  vertheidigen.  Der  Prinz-Gouverneur  war  
 nicht  wenig  stolz  auf  diese  vermeintliche Eroberung,  und  selbst in Teheran  
 wurde  bei  der  Ankunft  des  Couriers,  der  diese  Nachricht  meldete,  vor  
 lauter Siegesfreude  die  ganze  Stadt  illuminirt,  und  der Kanonendonner verkündigte  
 von  der  Kaiserlichen  Burg  her  den  Bewohnern  der  Stadt  das  
 grofse  Tagesereignifs. 
 Die  Turkomanen  kümmerten  sich  in  keiner  Weise  um  die  in  Merw  
 sitzenden  Perser,  so  dafs  der  General  en  chef,  Hamsa  Mirza,  schliefslich  
 die  Armee  zum Angriff  auf  die  Turkomanen  ausrücken  liefs.  In  der  Nähe  
 der  Stadt  befindet  sich  ein  Flufs,  den  die  ganze  Armee  überschritt,  während  
 gleichzeitig  acht  bis  zehn  Meilen  oberhalb  von  der  Uebergangsstelle  
 ein  Theil  der  Turkomanen  in  die  Stadt  eindrang  nnd  ein  anderer  Theil  
 sich  auf  die  ordnungslos  einherziehende  Armee  stürzte.  Der  Schrecken  
 bei  der Ankunft  der  Turkomanen  war  so  grofs,  dafs Niemand daran dachte  
 Stand  zu  halten;  die Offiziere  verliefsen  zu  allererst  die  Reihen  der Soldaten, 
   die  ohne Führung  nichts  Besseres  thun  konnten,  als  die Waffen wegzuwerfen  
 und  dem Beispiel ihrer Vorgesetzten  zu  folgen.  Alles  stürzte  in  toller  
 Verwirrung,  welche  durch  die  Finstemifs  der  einbrechenden  Nacht  noch  
 vermehrt  wurde,  nach Merw  zu,  woselbst  aber  die Turkomanen  der ganzen  
 Masse  einen  Übeln  Empfang  bereiteten.  Ohne  einen  Kanonenschufs  abgefeuert  
 zu  haben,  wurde  die  persische  Armee  niedergesäbelt  oder  gefangen  
 genommen.  Nur  wenige  Bataillone  hatten  das  Glück  sich  auf  der  Flucht  
 nach  Teheran  zu  retten,  wurden  aber  unterwegs  durch  Cholera  und  andere  
 Krankheiten  decimirt.  Der  Prinz  und  sein  Wezir,  welche  an  der  
 Schlacht  nicht  den  geringsten  Antheil  genommen  hatten,  waren  anfänglich  
 verschwunden,  und  schon  glaubte  man,  sie  wären  in  die  Hände  der  Turkomanen  
 gefallen.  Die  Besorgnifs  war  indefs  ungegründet,  da  sie  plötzlich  
 in  Meschhed  auftauchten,  freilich  wenig  erfreut von  dem Befehl  des wü-  
 thenden  Schah,  der  sie  in Ketten  nach Teherán  transportiren  liefs,  woselbst  
 ihrer  ein strenges Gericht  harren  sollte.  Auf meine  Frage,  was  der Ausgang  
 desselben  sein  würde,  wurde  ich  belehrt,  dafs  der  Prinz-Gouverneur  voraussichtlich  
 eine Stimme  von 200,000 Dukaten,  der Wezir  dagegen,  welcher