ren, unsere Aufmerksamkeit erregten. Die Weinstämme, welche nach Aussage
des Dörflers vor acht Jahren gepflanzt waren, hatten bereits die Stärke
eines kräftigen Mannsarmes erreicht. Unser AVirth, eine sehr zuthunliche
Person, beklagte sich bitter über die schwere Noth der Zeit und konnte
nicht Worte genug finden die Erpressungen (Dscheler) zu schildern, denen
das Dorf ausgesetzt war. Das letztere gehört dem Schah und mufs jährlich
als Malidt zweihundertsiebzig Khelwdr Getreide liefern. Statt de-
len werden aber jedoch tausend abgezwungn. Vor kurzem, fügte er
hinzu, hätte jeder der Bewohner für den Besitz eines pflügenden Rindes
fünfzehn Dukaten Steuer bezahlen müssen, ohne eigentlich herauszubrin-
gen weshalb?
Am 39. März von Kurddn bis- Kischlak, sechs Fersach. Der Weg
schien uns sehr weit und ermüdete ungemein. Die Karawanenstrafse führt
über die Brücke und den Flufs bei Kurddn, und biegt dann in eine Hochebene
hinein, woselbst sich der Reihe nach fünf riesige Teppeh bemerkbar
machten. An einzelnen Stellen zeigte sich auf dem dunkeln Boden ein
grüner Anflug als erstes Frühlingszeichen, welcher von reichen Schaf- und
Ziegenheerden, die in der Nähe von Zelten weideten, tagtäglich beseitigt
wird. Auf der Karawanenstrafse begegneten wir zeitweilig einem vornehmen
Perser zu Pferde, der in Begleitung zahlreicher Diener auf die Jagd
zog und nach persischer Sitte alle zehn Minuten seinen neugefüllten feurigen
Kaliün rauchte. Die Station Kischlak, woselbst wir beim Hrn. Ked-
khoda oder dem Schulzen einquartirt wurden, sah beinahe elender aus als
das erste Mal, als wir auf unserer Hinreise nach Teheran bei demselben
Wirthe Nachtrast hielten. Die Decken der meisten Häuser im Dorfe waren
eingefallen, so dafs der veränderliche Märzhimmel auf das stille Familienleben
zwischen den vier stehenden Wänden mit aller Bequemlichkeit
hineinschauen konnte.
Während am 30. März 1861 die Kirchenglocken in der Heimath den
Anbruch des fröhlichen Ostersonntags verkündigten, befanden wir uns auf
der grofsen Karawanenstrafse , welche- von dem vorigen Orte nach der
Hauptstation Qazwin führt. Die Entfernung bis dahin beträgt sieben weite
Fersach, die wir auf dem monotonen und langweiligen Wege in eilf Stunden
zurücklegten. Als wir des Morgens um halb sieben Uhr wegritten,
herrschte eine abscheuliche Nafskälte bei bedecktem Himmel, und als wir
um halb fünf Uhr in Qazwin einzogen, brannte eine stechende Sonne über
unseren Häuptern. Kein Dorf war auf dem vom Regen durchweichten lehmigen
Boden der mit dürrem Haidekraut bewachsenen Steppe sichtbar.
Die Berge in dem Umkreise des Horizontes waren von Regenwolken umhüllt,
nur hin und wieder blitzten im leuchtenden Glanze ihre mit Schnee
bedeckten hohen Kuppen durch d e n trüben Wolkenschleier hindurch. W a n dernde
Perser zu Pferde gewährten nur selten eine Abwechselung auf
der todten Strafse. Ich begegnete darunter einem Teheraner Bürger, den
die Hungersnoth zwang nach Qazwin zu reiten, um für die Seinigen billigeren
Reis als Lebensunterhalt zu kaufen. Er schimpfte ebenso sehr auf
die Wezire, als er den nach Kermdn verbannten siebenzigjährigen Sadra-
\gám lobte, unter, welchem er gedient hatte, als derselbe noch unter Feth-
Ali Schah Kriegsminister war. Nachdem wir halbwegs am grünen Fufse
eines Teppeh Halt gemacht und uns zur Weiterreise gestärkt hatten, erreichten
wir endlich das Gebiet der Stadt Qazwin, woselbst unsere Mission
nach der Sitte des Landes von -einer berittenen Ehrendeputation empfangen
und nach dem Quartier in der Stadt geleitet wurde. Der lstakhdl bestand
aus einem Dutzend Reitern, die höflichst salutirten und in höchst
ceremonieller Weise den Einzug organisirten. Voran ritt eine Art von Ce-
remonienmeister mit dem unvermeidlichen Amtsstock, ihm zur Seite ein
Schütze, hierauf folgte der Diener des Mehmenddr, dann wir, und hierauf
der Zug der übrigen Reiter. Damit war der feierliche Empfang noch nicht
beendigt, denn als wir in das Stadtthor einzureiten im Begriff waren, wurden
wir von einer Reihe von Leuten begrüfst, die plötzlich umschwenkten
und dem ganzen Zuge zu Fufs vorangingen.
So sehr mir zur Zeit unserer ersten Anwesenheit in Qazwin die Stadt
gefallen hatte,, so traurig und düster kam sie mir diesmal vor, da wir
zuerst durch denjenigen Strafsentheil ritten, dessen Häuser zu beiden
Seiten eingesunken-und zerfallen sind. Die Armuth, die uns in allen
Theilen der Stadt entgegentrat, war entsetzlich; halbnackte, abgemagerte,
elende Gestalten bettelnder Einwohner riefen unser Mitleid mit lauten Bitten
an und wurden von unserer persischen Begleitung trotz meines Widerredens
unbarmherzig geschlagen. Unser Quartier befand sich in demselben
Schlosse, welches wir früher schon einmal bezogen hatten. In dem
Zimmer, in welchem Herr Baron v. M. durch Geschenke des Gouverneurs
geehrt worden war, standen auf den Teppichen sechszehn Schüsseln mit
Zuckerwerk als Gastgeschenk des Wezirs des Prinzen-Gouverneurs an die