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 traurigsten  erging  es  dem  deutschen Koche,  welcher  bei  den  entsetzlichsten  
 Schmerzen  in  den  gestörten Verdauungs-Organen  voraussichtlich  nicht  länger  
 im  Stande  war,  die Weiterreise  mitzumachen  und  den  Hr. Baron  v. M.  
 sich  entschliefsen  mufste  in  Dschulfa  zurückzulassen.  Selbst  unser  allverehrter  
 Chef  sollte  nicht  verschont  bleiben;  die  gewöhnlichen  gastrischen  
 Leiden,  denen  er  in  den  letzten Jahren  seines Aufenthaltes  in Spanien  und  
 Portugal  ziemlich  regelmäfsig  im  Frühling  und  im Herbst  unterworfen war,  
 stellten  sich  am  nächsten  Tage  nach  dem  Bade  mit  so  grofser  Heftigkeit  
 ein,  dafs  wir  alle  in  die  ängstlichste  Besorgnifs  um  seinetwillen  geriethen. 
 IV.  Kapitel. 
 P e r s i s c h e   D e l l ä l . 
 Unter  allen  Persern,  deren  Bekanntschaft  dem  reisenden  Europäer  in  
 Iran  vergönnt  wird,  ist  die  Person  des Delläl  jedenfalls  die  wichtigste  und  
 interessanteste,  seine Freundschaft  die  kostbarste  und  theuerste.  Ohne  den  
 Delläl  wäre  Persien  nur  halb  so  merkwürdig,  als  es  bei  allen  Schattenseiten  
 in  der  That  ist,  ohne  den  Delläl  würde  dem  neugierigen  Fremden  ein  
 gut  Theil  der  persischen Vergangenheit  beinahe  ganz  verschlossen  bleiben.  
 Er  ist  eine  Sonne,  die  man  begierig  zu  finden  sucht,  und  die  man  gern  
 wieder  meidet,  da  ihre  Strahlen  häufiger  stechen  und  brennen,  als  wohl-  
 thätig  erwärmen.  Mit  einem  Worte,  diese  seltsame  Person  i s t ;eine  be-  
 klagenswerthe  Nothwendigk'eit,  die  mit  dem  Schicksal  eines  jeden  Europäers  
 in  Persien  eng  verwebt .ist. 
 Das  Wort  Delläl  bezeichnet  zunächst  Jemanden,  der  in  besonderem  
 Aufträge  die  öffentliche  Versteigerung  alles  beweglichen  Gutes  übernimmt.  
 Nebenbei —.  und  hierin  besteht  seine Hauptbeschäftigung — besucht  er  die  
 Bazare  der Kaufleute  und  die Wohnungen  armer  oder heruntergekommener  
 Personen,  seine  Geschäftsverbindungen  gehen  sogar  weit  über  Teheran  
 hinaus,  bis  nach Meschhed,  Täbriz,  Isfahan,  Schiraz  hin,  er  vermittelt  den  
 Verkauf  tausend  brauchbarer  und  unbrauchbarer  Kuriositäten  im  Besitze 
 Geldbedürftiger  und  versteht  es,  die  Inhaber  in  gleicher  Weise  zu  prellen  
 als  die Käufer.  Jedermann  weifs  das,  aber  er  ist  einmal  ein  nothwendiges  
 Uebel,  er  kennt  die  ganze'Stadt,  die  Wünsche,  Neigungen  und  Liebhabereien  
 eines  jeden  Einzelnen,  am  allermeisten  aber  die  Kaufsucht  der  gut-  
 müthigen  Europäer,  die,selten  seinen  Schlingen  entgehen.  Kaum  hat  ein  
 Europäer  den  Fufs  in  eine  der  gröfseren  Städte  Persiens  gesetzt,  so  erscheint  
 ein  alter,  unendlich  höflicher  Perser,  unter  tausend  Verbeugungen  
 und Versicherungen höchster Verehrung  für  den  eben  angekommenen Serkar  
 oder  Excellenz.  Sein  Aussehen  ist  das  eines  wohlassortirten  wandelnden  
 Arsenals,  denn Dolche?  Säbel,  Waffen  aller Arten,  werthlose  und  kostbare,  
 hängen  an  seinem  Leibe,  jede  Tasche,  jedes  Winkelchen  in  seiner  Bekleidung  
 birgt  aufserdem  einen  Sack  mit  den  wunderlichsten  Dingen,  sein  
 ¡jüngerer  Begleiter  ist  mit  einem  wahren  Ballast  von  Raritäten  aller  Art  
 bepackt.  Der  Delläl  weifs  kein  Wort  einer  europäischen  Sprache,  aber  er  
 ist  ein  feiner  Menschenkenner  und  schätzt  seinen  neuen  europäischen  Ge-  
 [schäftsfreund  auf  ein  Haar  richtig  ab.  Er  kennt  alle  Frengi-Excellenzen,  
 [die  in Persien gewesen  sind,  rühmt sich  ihrer besonderen Huld und Freundschaft  
 und  läfst  nicht  undeutlich  merken,  dafs  seine  Dienste  gegen  dieselben  
 nicht  gering  gewesen  seien.  Nun  packt  er  seine  Schätze  aus,  es  entwickelt  
 sich  auf  dem Teppich  des Zimmers  der  bunteste Trödler-Bazar  und  
 der  neugierige  Europäer  fängt  an  zu  prüfen  und  zu  beschauen.  Es  vergehen, 
   die  interessantesten  Stunden  bei  diesen  Studien  und  es  werden  
 [schliefslich  einzelne  Ankäufe  abgeschlossen.  Der  Delläl  zeigt  sich  gefügig,  
 er  läfst  mit  sich  handeln,  und  schwört  beim  Ali  und  allen  Imams,  dafs  er  
 noch  nie  so  wohlfeil  verkauft  habe,  und  dafs  er  schliefslich  wohl  eine  besondere  
 Belohnung  verdiene.  Bei  Minimal-Anerbietungen  verneint  er  mit  
 einem  höflichen  kkeir  „das  Gute!“  oder  einem  ikhtiär  äarid  „ihr  habt  den  
 Willen! “,  packt  alles  sorgfältig  wieder  zusammen,  empfiehlt  sich  mit  den-  
 |selbem Höflichkeitsformeln  wie  er  gekommen,  und  verschwindet,  um  nach  
 wenigen  Stunden  zu-  seiner  neuen  Bekanntschaft  zurückzukehren.  Der  
 Europäer  läfst  eine  so  günstige  Gelegenheit  zu  persischen  Erwerbungen  
 I selten  unbenutzt,  er  sucht,  aus,  kauft,  lernt,  die Bekanntschaft  wird  allmäh-  
 | lig  inniger und  vertraulicher,  der Geschäftsverkehr reger  und  umfangreicher  
 u n d   der  Beutel  immer  leerer.  Die  Cancurrenz  spielt  dabei  eine  grofse  
 Hauptrolle;  der  und  jener  Engländer  wolle  dies  und“jenes  Stück  durchaus  
 I besitzen,  er,  der  Delläl,  gönne  es  aber  nur  seiner  Excellenz  dem  neuen