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 der  gröfseren  persischen  Städte,  vertreten.  Man  hat  nur  die  Bazare  Isfa-  
 hans  zu  durchwandern,  um  alle  fünf  Minuten  jüdischen  Physiognomien,  
 besonders  sehr ärmlich gekleideten Bettlern,  am  häufigsten jungen Mädchen,  
 zu  begegnen,  welche  mehr  durch  das Elend  ihres  Zustandes,  als  durch  die  
 flehentlich  ausgesprochenen  Bitten  das  aufrichtigste  Mitleid  erregen. 
 Im  Laufe  der  Zeit  nahm  die  Bevölkerung  und  damit  der  Umfang  der  
 Stadt  so  gewaltig  zu,  dafs  nach  den  Angaben  der  Geographen  Rokn-ed-  
 dauleh,  der Buehide,  die verschiedenen Quartiere  durch  eine  grofse  Festungsmauer  
 umspannte,  welche  einen  Umfang  von  21,000  Schritt  hatte.  Noch  
 im  eilften  Jahrhundert  der  Hidschret  bestand  dieser  gewaltige  Stadtring.  
 Bald  nach  der  für  Persien  so  unglücklichen  'Schlacht  bei  Nehawend  (von  
 den  Persern  gewöhnlich  Nawend  ausgesprochen)  in  der  Nähe  von  Hama-  
 dan,  fiel  auch  Isfahan  in  die  Hände  der  arabischen  Eroberer,  die  indefs  
 mit  grofser Milde  die  neuen Unterthanen behandelten.  Klima,  Natur,  Kunst,  
 ein  reger Völkerverkehr  und  ein  ungewöhnlicher  Reichthum  scharfsinniger  
 Köpfe  trugen  dazu  bei,  Isfahan  zu  einem  der  ersten  Plätze  in  Persien  zu  
 erheben,  auf dessen Bedeutung  bereits  im  vierzehnten Jahrhundert die  Schilderung  
 der  Zeitgenossen  nicht  genug  aufmerksam  machen  kann. 
 Timur’s  Erscheinen  zerschnitt  mit  scharfem  Messer  den  kräftigen  Lebensnerv  
 Isfahans.  Die  gräfslichsten  Mordscenen,  welche  als  warnendes  
 Strafexempel  für  ein  durch  Mifsverständnifs  hervorgerufenes  verwegenes  
 Benehmen  der  Isfahaner  allen  übrigen  Städten,  die  Timur  auf  seiner  Siegeslaufbahn  
 berühren  wollte,  dastehen  sollten,  haben  seinem  Namen  und  
 seinen  Thaten  den  Stempel  des  blutdürstigen  Tyrannen  aufgedrückt.  Eine  
 Pyramide  von  70,000  Menschenschädeln  kann  nie  ein  Mensch,  kann  nur  
 ein Scheusal,  eine Ausgeburt  der Hölle  ersinnen.  Was  mufs  Timur  gedacht  
 haben,  als  er  in  das  Buch  seiner  Denkwürdigkeiten  die  Worte  hineinschrieb: 
   „Ich  eroberte  die  Stadt  Ispahan,  und  ich  vertraute  dem  Volke  
 Ispahans  und  überlieferte  das  Schlofs  in  ihre  Hände.  Und  sie  empörten  
 sich,  und  den  Darogha,  den  ich  über  sie  setzte,  erschlugen  sie  mit  dreitausend  
 der  Krieger.  U n d   ic h   b e fa h l  d a r um ,  d a fs   a lle   B ew o h n e r  
 I s p a h a n s   e rw ü r g t   w e rd e n   s o l l t e n ? “ 
 E rst  zwei  Jahrhunderte  später  sollte  für  Isfahan  das  eigentliche  Mor-  
 genroth  des  Glanzes  und  der  Pracht,  der Gröfse  und  des Wohlstandes  aufgehen. 
   Schah Abbas,  später  mit Recht  oder Unrecht  huzurk  „ d e r   G ro fse “ 
 Benannt,  erhob  Isfahan  zur  Residenzstadt  seines  Reiches  und  verschönerte  
 dieselbe  durch  Denkmäler,  welche  heut  zu  Tage  thatsächlich  allein  noch  
 den  Ruhm  der Stadt  als  solcher  begründen.  Handel  und Wandel  suchte  er  
 durch  Ueberführung  georgischer  und  armenischer  Kolonien  aus  den  von  
 ihm  unterworfenen  Ländern  des  türkischen  Grofsherrn  nach  verschiedenen  
 Theilen  seines  Landes  zu  wecken  und  zu  heben.  Auch  Isfahan  wurde  mit  
 einer  armenischen  Kolonie  bedacht,  die  aus  Dschulfa  und  den  Gegenden  
 |tm Araxes  (s. Bd.  I.  S.  152)  nach Neu-Dschulfa,  bei  Isfahan,  versetzt  wurde  
 und  nicht  wenig  dazu  beitrug,  den  Gedanken  des  Königs  in  kurzer  Zeit  
 zu  verwirklichen.  Die  Armenier,  deren  Zahl  in  die  Tausende  hineinging,  
 riefen  in  ihrer  neuen Heimath  bald  eine Aera  commercieller Blüthe hervor,  
 wie  sie  seit  Schah  Abbas  Zeiten  nie  mehr  wiedergekehrt  ist. 
 Neben  ihnen  safsen  englische  und  holländische  Compagnieen  in  dem  
 persischen  London  der  damaligen  Zeit,  dessen  Bevölkerung  über  eine  
 hälbe  Million  Seelen  betrug,  um  als  gute  Kaufleute  die  günstigen  Aussichten  
 persischer  Handelsverhältnisse  nach  besten  Kräften  auszubeuten.  
 Selbst  katholische  Patres*)  zogen  in  Isfahan  e in,  um  dem  christlichen  
 Glauben  unter  den  Persern  zu  dienen.  Abbas  hatte  aber  auch  Ungewöhnliches  
 für  den  öffentlichen  Verkehr  geleistet;  ordentliche  Strafsen  durchzogen  
 nach  allen Richtungen  das Land,  herrliche Karawanseraien  mit Wohnungen, 
   Ställen,  Magazinen,  Brunnen  u.  s.  w.  wurden  als  Raststätten  für  
 die Kaufleute  angelegt,  in Dörfern  und  Städten  erhoben  sich  prächtige  Ge-  
 ■äude  als  Denkmale  der  Fürsorge  des  Königs,  dessen  Ruhm  noch  heute  
 in  den  AbbaMjeh’s  oder  „Abbas-Werken“  in  der  Erinnerung  der  Perser  
 fortlebt. 
 Unter  den  nächsten  Königen  nach  der  gesegneten  Regierung  Abbas',  
 ■em  indefs  ein  Schädel-Pyramidchen  rebellischer  Isfahaner  zu  keiner  besonderen  
 Ehre  gereicht,  hatte  Isfahans  Blüthe  einen  ziemlich  günstigen  
 Fortgang. 
 Im  Jahre  1722  sollte  indefs  Isfahan’s  Sonne  vollständig  untergehen.  
 B e   Afghanen,  bereits  im  Besitz  des  gröfsten  Theiles  der  persischen  Prof 
 i   )  Es  waren  dies  Augustiner,  Carmeliter,  Capuciner  und  Jesuiten  (die  letzteren  in  
 » c /m l/a   ansäfsig).  Freilich  war,  nach  den  Bemerkungen  damaliger  Reisenden,  die  Zahl  
 difeser  Geistlichen  nicht  viel  gröfser,'  als  die  ihrer  Pfarrkinder,  und  ihr  Wirkungskreis 
 sehr  beschränkt,  da  die  armenische  Geistlichkeit  der  Propaganda  überall  hindernd  in  den  
 Weg  trat,