Bruder des persischen Gesandten in Constantinopel, ebenso gewandt als
fliefsend in das-Persische übertrug. Der Schah erkundigte sich vielseitig
nach den verschiedenen Richtungen unserer Reise durch Persien, nach den
Ursachen des Todes unsers Ministers, nach dem Orte seines Hinscheidens,
und drückte seine Theilnahme in der lebendigsten Weise aus. Nach einer
viertelstündigen Audienz gingen wir, wie es Sitte ist, rückwärts zur Thür
hinaus. Beim Abschied flüsterte mir der Minister des Auswärtigen die
Worte ins Ohr: Schahynschah schumä-rä imrvz lutfe bessiar dddend „der
König der Könige haben euch heute ungemein viel Wohlwollen erwiesen.“
Das Weihnachtsfest rückte heran und wir dachten wohl in mancher
Stunde an die schöne Zeit zurück, als wir noch in der Heimath vor dem
hellflimmernden Weihnachtsbaum standen und empfingen oder austheilten,
was im trauten Familienkreise die Liebe der Liebe weiht. Wir erinnerten
uns mit Wehmuth des heiligen Abends, der für uns diesmal mitten unter
Mohamedanern nur in dem Andenken seine Weihe erhalten sollte. Dennoch
sollte das Fest unerwartet nicht ohne kleine Freude und ohne religiöse
Feier vorübergehen. Im Stillen hatte ich auf einen Ersatz des Weihnachtsbaumes
nachgedacht und schliefslieh — Narcissenblumen als die geeignetsten
Vertreter der heimischen Tanne ausfindig gemacht. Die Perser
haben in der Winterzeit die Sitte, oben in die Oeflnung langhalsiger, mit
Wasser gefüllter Glasflaschen, zwischen Baumwolle verpackt, Narcissen-
zwiebeln zu legen, und denselben in den Nischen ihrer Zimmer oder auf
den Teppichen in der Nähe der grofsen Fenster einen Platz anzuweisen.
Jede Zwiebel fängt an, nach dem Wasser hin, Wurzel zu schlagen, bald
sproist grünes Kraut nach oben in die Höhe, und an der Spjtze des langen
Stengels wiegen sich bald, paarweis, zartweifse Narcissenblüthen. Am
Weihnachtsabend hatte ich heimlich aus einem Dutzend derartiger Gläser
mit blühenden Narcissen auf dem weifsgedeckten Tisch eine Pyramide zusammengestellt,
dazwischen brennende Lichter angebracht und an kleinen
Geschenken für meine deutschen Freunde und die deutschen Diener aufgepackt
, was ich nur immer an Andenken aus Deutschland hatte auftreiben
können. Auf ein gegebenes Zeichen liefs ich durch unsere mohame-
danischen Diener die christlichen, ganz kopfhängerisch gewordenen Landsleute
zur Weihnachtsbescheerung rufen, und hatte die grofse Freude, meine
ganze Landsmannschaft nicht nur überrascht, sondern mit thränenden
Augen zur herzlichsten Dankbarkeit verpflichtet zu haben. Unseren persischen
Dienern mufste die Feier sehr sonderbar vorgekommen sein, wenigstens
schauten sie ganz verdutzt die brennenden Kerzen zwischen den
Narcissen an, wollten aber doch nicht an Höflichkeit Zurückbleiben, denn
sie erschienen nach einer kurzen Frist wieder vor uns, um uns riesige
Blumenbouquets zum Ausdruck ihrer Theilnahme zu überreichen.
Bei dem französischen Gesandten war für den Abend eine grofse
Soirée angesagt worden, um dasselbe Fest nach französischer Sitte durch
einen Ball, eine sich um Mitternacht daran schliefsende Messe und, als
solenner Schlufs, durch ein ausgezeichnetes Souper zu feiern. AUes, was
nur den Namen Christ führte und in Teheran lebte, war anwesend, um
in Gemeinschaft mit den Franzosen das Fest zu feiern. Die stille Messe
wurde um 12 Uhr von eineüi armenischen Priester in armenischer, einer
für Alle unverständlichen Sprache gelesen, und gegen 4 Uhr der Rückzug
nach den Wohnungen angetreten.
Das Wetter gestaltete sich gegen Ende December immer rauher, die Kälte
war äufserst empfindlich und der Himmel drohte mit Schnee. Bei einem Ausritt,
den wir in diesen Tagen nach den Ruinen von Rei machten, hatten wir
die beste Gelegenheit, den immer zunehmenden Temperaturwechsel auf das
Empfindlichste wahrzunehmen. Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht um
hin, unsere Beobachtungen bei unserem Ritt durch den Bazar der Stadt in
Bezug auf einen eigenthümlichen Handelsartikel anzuführen, der diesesmal
ganz besonders in die Augen trat. Die Perser sind grofse Liebhaber bunter
Bilder,, wie ich bereits im ersten Bande dieses Werkes mehrfach bemerkte,
und der Handel mit denselben ist ein ziemlich eigiebiger. Da
sieht man an den einzelnen Buden der Bazare nicht nui die Leistungen
persischer Kunst ausgestellt, und unter diesen die schmutzigsten Gegenstände,
vor welchen die persische Damenwelt häufig genug stehen bleibt,
um durch den zeigenden Finger und lautes Gespräch ihre Theilnahme zu
beweisen, sondern auch eine Menge buntcolorirter europäischer Kupferstiche
oder Bilderbogen ausgehängt, auf denen die neueste Geschichte Eu-
ropa’s, freilich immer ein Paar persische Posttage zu spät, in den leibhaftigen
'Conterfeien berühmter Fürsten und Helden unverkennbar ausgedrückt
ist. Zur Zeit unserer Anwesenheit in Teherän sah man allenthalben
Victor Emanuel’s, mit dem bekannten grofsen Schnurrbarte, und roth-
blousige Garibaldi’s ausgestellt, eine Andeutung auf die politische Geschichte