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 Thurm  und  Dache  hinter  einem  Gehölze  die  Täuschung  vermehren  
 hilft,  indem  es  vollständig  einer  europäischen Kapelle  oder einem  kapellenartig  
 gebauten  Jagdhause  im  Walde  ähnlich  sieht. 
 Die  Wunder  am  heutigen  Tage  sollten  sobald  nicht  aufhören,  denn  
 kaum waren wir  aus  dem  Thalkessel  in  eine vielgewundene  enge Thalspalte  
 eingetreten,  woselbst  der  schlechte  steinige  Weg  an  verschiedenen  Stellen  
 über  den  rauschenden Bach  führt,  so  hielten wir,  eine  Fersach von Kuhrud  
 entfernt,  vor  einem wunderbaren Bau  von Menschenhand,  dem  sogenannten  
 Bend-e-Kuhrud  oder  der Wassersperre  von  Kukrud.  Dieses  merkwürdige  
 Werk,  ein Bau  des  grofsen Abbas,  besteht  aus  einer  Riesenmauer  von  fünfzehn  
 bis  zwanzig  Fufs  Dicke,  hundert  zwanzig  Fufs  Höhe  und  hundert  
 Fufs Breite,  welche  hinter  einem  tiefliegenden  Thalkessel  wie  ein Band  die  
 beiden  gegenüberstehenden Bergwände  verbindet.  Von Kuhrud  her  fällt das  
 Wasser des  gleichnamigen Baches,  im  Frühling vermehrt durch  die geschmolzenen  
 Schneewasser,  in  den  tiefliegenden Thalkessel  und  füllt  ihn  bis  zum  
 Rande  der Riesenmauer.  Eine  verhältnifsmäfsig kleine Oeffnung in der Mitte  
 der Mauer  nach  ihrem  Fufsende  zu  gestattet  dem Wasser  den  einzigen Ab-  
 flufs,  so  dafs  die  Ortschaften  in  der  Ebene  bei  Wassermangel  hinreichend 
 mit  dem  so  nothwendigen  Nafs  versehen werden  können.  In wasserreichen  
 Jahren  ist  der  persische  Möns,-See  bis  an  den  Rand  des  Steindammes  gefüllt, 
   so  dafs  das Wasser  zuletzt  über  den Rand desselben nacb  der anderen  
 Seite  zu  in  einer  hohen  und  breiten Cascade  thalabwärts  schiefst.  An  den  
 Bergwänden  entlang,  im  inneren  Bassin,  sind  die  verschiedenen  Wasserstände  
 von  dem feuchten Elemente  selber  durch hellere oder dunklere  Streifen  
 gezogen,  währeud  auf  der  äufseren  Seite  des  Dammes  die  Spuren  der  
 grofsen  Cascade  wie  Stalaktitenwerk  sichtbar  sind.  An  einer  Stelle  des  
 Berges,  welcher  der  steilen  Karawanenstrafse  am  gefährlichen  Rande  der  
 Bergspalte  gegenüber  liegt,  befindet  sich  in  den Felsen  gemeifselt  eine Inschrift, 
   welche  in  grofsen  und  schönen  Charakteren  den  Namen  des  Erbauers  
 und  das  Jahr  der  Vollendung  des  gewaltigen Werkes  angiebt. 
 Nicht  weit  von  diesem  staunenswerthen  See,  der  einen  schönen  Beweis  
 der  vielseitigen Thätigkeit  des  Schah  Abbas  liefert,  befindet  sich,  auf  
 einem  hoch  gelegenen  Punkte  linker  Hand  und  dicht  an  der  Karawanenstrafse  
 gelegen,  wieder  einmal  eine  Karawanserai,  die  mit  ihren  Schwestern  
 den  gleichen  Zustand  traurigen  Verfalles  theilt.  Sie  führt,  wie  die  
 ganze  Gegend,  durch  welche  sich  die  auf-  und  abwärts  steigende  Strafse  
 hinzieht,  den  Namen  Gebr-abad,  d.  h.  Land  der  Feueranbeter,  vermuth-  
 lich  weil  hier  in  älteren  Zeiten  der  Feuercultus  eine  besondere  Zufluchtsstätte  
 gefunden  hatte.  lieber  der  Eingangsthür  des  höchst  solid  und  reich  
 ausgeführten Baues  befindet  sich  eine  schöne  Mosaikarbeit  aus  bunten Glasursteinen. 
   Der  breite  blaue  Streifen  unmittelbar  über  dem  Eingänge  ist  
 mit  vielfach  verschlungenen Schriftzügen  ans  weifsen  und  gelben  Steinbändern  
 durchzogen  und  beinahe  noch vollständig  erhalten.  Rechts  davon ruht  
 eine  Steintafel  in  Stelenform  an  der  Wandung,  die  Inschrift  darauf  sagt  
 aus,  dafs  Schah  Abbas II.  den  linken  Seitenflügel  der  Karawanserai  erbaut  
 habe.  Musivische Spielereien  in  der Umgebung  fehlen  nicht,  denn  alle  nur  
 möglichen  mathematischen  Figuren  sind  zusammengestellt  worden,  um  die  
 persisch  geschriebenen  Worte  Ja  A li,  d.  h.  „0   Ali“,  zu  bilden,  natürlich  
 nur  für  den  verständlich,  welcher  in  das  Geheimnifs  ähnlicher  Schrifträth-  
 sel  eingeweiht  ist.  Die  soliden  Steinfundamente  der Karawanserai,  ähnlich  
 wie  die  massiven Platten,  mit welchen  der  Hof  gepflastert ist,  lehrten mich  
 von  neuem  jene eigenthümlichen  Steinmarken  kennen,  mit welchen  die Baumeister  
 die  Quadern  zu  bezeichnen  pflegten. 
 Von  Kuhrud  bis  Gebr-abdd  sind  es  drei  Fersach.  Der Weg  geht  von 
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