borten eingefal'sten Teppich gesessen haben, der in seiner Nähe auf dem
Fufsboden ausgebreitet war, da aufser an herumliegenden Scripturen die
Spuren 'des von ihm vorher eingenommenen Platzes an den Falten des
Tuches noch sichtbar waren. Er war sehr einfach gekleidet, obwohl ihn das
grol'se goldbrokatene Gewand umhüllte, und trug eine goldene Brille, die
ihm ein sehr gelehrtes Ansehn gab. Nachdem ich in französischer Rede den
Zweck meines Kommens auseinandergesetzt hatte, übergab ich im Namen
Seiner Majestät die Geschenke, die sich in der beschriebenen Weise theils
auf den Leibern der Leute befanden, theils in Gestalt preufsischer Muni-
tions- und Gewehr-Utensilien auf grofsen Präsentirtellern hereingetragen
und in der Nähe des Kaisers auf den Teppich niedergesetzt wurden. Der
Schah prüfte mit der gröfsten Genauigkeit jedes einzelne Stück, wobei
Hr. v. G ro lm a n die nöthigen Erklärungen dazu gab. Vor Allem interes-
sirten ihn die Modelle der Zündnadelgewehre (von den Persern pitscMdr
genannt), die aus einander genommen und in ihren Details erklärt werden
mufsten. Die Säge am Pionier-Seitengewehr schien Sr. Maj. so zu gefallen,
dafs Allerhöchstsie zuerst den Holzgriff eines preufsischen Landwehr-Kavalleriesäbels,
und als dies nicht recht gelingen wollte, den neben ihm stehenden
chinesischen Nipptisch ansägten; inzwischen mufste sich sein Adjutant
einen preufsischen Soldatenmantel umhängen und der Dragoman unserer
Gesandtschaft die Ohrenklappen zur Probe anlegen. Der Schah prüfte
sehr genau die Güte des preufsischen Tuches und der Näherei, und Tobte
die Arbeit der Uniformstücke nicht weniger, als die Sauberkeit und Güte
der Waffen, wobei wohl mancher stille Nebengedanke seinen Kopf durchkreuzen
mufste, da er den Ministern, die inzwischen herbeigekommen waren,
beinahe unwillig auf Türkisch zurief: „bagyn, hagyn«, d.h. seht, seht!
— Die gröfste Freude verursachte ihm indefs, der Inhalt eines > Infanterie-
Tornisters, der vollständig aus- und eingepackt werden mufste. Er nahm
jeden Gegenstand in die Hand, besah sich lange Zeit in dem kleinen Soldatenspiegel,
nur die verschiedenen Garnituren der Bürsten, schien er zu
meiden, - da sie mit Schweineborsten, also mit Theilen eines für unrein
gehaltenen Thieres besetzt waren. Dagegen verschmähte er es nicht, die
Reservestiefeln in höchsteigene Hände zu nehmen, mit dem Finger auf die
Sohlen zu klopfen und mit einem Seitenblick auf den persischen Kriegsminister
zu äufsern, dafs das Leder so stark wie Eisen sei und für die
schwierigsten Märsche auf lauge Zeit ausreiche. Sein Auge ruhte zuletzt
wohlgefällig auf die drei Preufsen, welche in strammer militairischer Haltung
vor ihm standen, und der Abstand zwischen denselben und den persischen
Serbdzen, welche immer noch in k rum m e r schlottriger Haltung und
mit niedergeschlagenen Augen ein kreuzunglückliches Gesicht schnitten, konnte
sicher seinem scharfen Blicke nicht entgehen. Das frische muntere Gesicht,
das furchtlose Auge und der soldatische Anstand der Frengi-Soldaten hatte
auf den Schah eine so angenehme Wirkung ausgeübt, dafs er sofort dem Adjutanten
den Befehl ertheilte, die drei Preufsen mit der kaiserlich persischen
goldenen Medaille zu decoriren, welche noch heutigen Tages nicht ohne stolzes
Bewufstsein von meinen Landsleuten auf der Brust getragen wird.
Nachdem die Audienz über zwei Stunden gedauert hatte, kehrten wir
in demselben Zuge, wie wir gekommen, nach Hause zurück. Das Wetter
war regnigt und kalt, dafür flackerte das Feuer lustig in dem kleinen eisernen
Ofen europäischer Herkunft, den ich das seltene Glück hatte auf dem
persischen Bazar unter tausend Scharteken ausfindig zu machen; ich warf
mich in den amerikanischen Wiegenlehnstuhl, um meine erklammten Glieder
zu erwärmen und vor meinen Augen die letzten Stunden noch einmal
wie einen Traume vorüberziehen zu lassen.
XV. Kapitel.
T e h e r a n im K o t h n i o n a t F e b r u a r 1 8 6 1 .
J a wahrhaftig im Kothmonat, denn die Strafsen befanden sich fast durchweg
in jenem entsetzlichen Zustande, welcher auf das Lebhafteste an den T i|
fliser Schöpfungsbrei- erinnerte, nur mit der Modification, dafs die Strafsen
Teherans viel enger als die Tifliser sind und die unter dem Schlamm verborgenen
tiefen Kanallöcher für Pferde und Fufsgänger einen höchst gefährlichen
Grund der Wanderung darbieten. Eine abendliche Promenade, wenn man gezwungen
war, bei Einladungen eine solche anzustellen, gehörte zu jenen verwegenen
Ereignissen, bei welchen der kecke Uebermuth einen möglichen Halsoder
Beinbruch übersieht. Nachdem der Wind vom 26. Januar an orkan-
mäfsig über die grofse Ebene von Teheran hinweggestürmt war, begann in der