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 Seelen,  in  Teheran  dagegen  hundert  Khanewdr  oder  sechs-  bis  
 siebenhundert  Seelen  mit  zwei  Kirchen,  die  auch  von  den  dort  lebenden  
 Russen  besucht  zu  werden  pflegen.  Während  der  Zeit  seines  erzbischöflichen  
 Amtes  in  Persien  hat  er  unendlich  viel  zur  Verbesserung  der  Lage  
 der  Christen  gethan,  und  nicht  nur  aus  eigenen  Mitteln  gewährt,  wo  die  
 Noth  Hülfe  erheischte,  sondern  auch  durch  sein  kluges,  verständiges  Benehmen  
 die  mohamedanische  Welt,  an  ihrer  Spitze  den  Imam  Dschum'a,  
 zu  Gunsten  seiner  Person  und  der  Christen  gestimmt.  Mit  dem  letzteren  
 unterhält  er  gradezu  ein  inniges  und  aufrichtiges  Freundschaftsverhältnifs.  
 Beide Kirchenpatrone  correspondiren miteinander  und  beseitigen jede  Streitigkeit  
 zwischen  Christen  und  Mohamedanern  in  der  friedlichsten  Weise.  
 Dafs  hier  oft sehr  schwierige  und heikle Verhältnisse  dazwischen treten,  hat  
 dennoch  das  gegenseitige  gute Einverständnifs  in keiner Weise  getrübt  oder  
 unterbrochen.  Viele mohamedanische  Familien  und  einzelne  Personen  haben  
 sich  ihm  z.  B.  vorgestellt,  um  zum  Christenthum  überzutreten.  Er  mufste  
 sie  leider  jedesmal  zurückweisen,  da  ihm  dies  die  Tractate  ausdrücklich  
 vorschrieben.  Dafür  räth  der  Imam  Dschum'a  jedem  Christen  den  Ueber-  
 tritt  zum  Islam  ab  und  versäumt  nie,  den  Thatbestand  dem  christlichen  
 Erzbischöfe  zur  Begutachtung  vorzulegen.  Vor  mehreren  Jahren  erklärte  
 eine  Armenierin  dem  Imam  Dschum'a,  durchaus  Mohamedanerin  werden  
 zu  wollen.  Vierzig  Tage  lang  suchte  er  ihr  diese  Absicht  auszureden,  
 jedoch  ohne  Erfolg.  Sie  trat  zum  Islam  über,  kehrte  indefs  bald  wieder  
 in  den Schoofs  ihrer Kirche  zurück,  ohne  dafs  mohamedanischer Seits  dieser  
 Schritt  im  mindesten  angefochten  worden  wäre.  Solche  Beispiele  gehörten  
 in  früherer Zeit  gradezu  zu  den Unmöglichkeiten,  sind  aber  gegenwärtig  
 nicht  selten.  Der  politische  Zustand  der  Armenier  ist  daher  unter  
 der  Regierung  des  gegenwärtigen  Schah,  der  dem  Erzbischof  persönlich  
 sehr  geneigt  ist  und  ihn  durch  seinen  höchsten  Orden  geehrt  hat,  keines-  
 weges  beklagenswerth,  und  inan  hat  seit  dem  Jahre  1848  weder  von  Verfolgungen, 
   noch  Ermordungen,  noch  gesetzwidrigen  Erpressungen  und Bedrückungen  
 gehört.  Im Wohlthun macht  der  hochherzig denkende Erzbischof  
 zwischen mohamedanischem  und  christlichem Elend  keinen Unterschied  und  
 theilt  seine  Gaben,  bis  zu  den  ärztlichen  Medicamenten  hin,  mit  gleicher  
 Freigebigkeit  aus.  Es  ist  nicht  zu  läugnen,  dafs  die  russische  Protection,  
 deren  sich  der  Erzbischof  und  die  christliche  Kirche  in  Persien  erfreut, 
 viel  zu  dieser  verbesserten Lage  der Christen  bei getragen  hat, —  hat doch  
 sogar  durch  Vermittelung  des  Erzbischofes  von  Dsehulfa  der  mohamedanische  
 Imam Dschum'a  vom  Kaiser  Nicolaus  eine  goldene  Dose  mit  dessen  
 Bildnifs  als  Anerkennung  für  sein  Verhältnifs  den  Christen  gegenüber  erhalten, 
   —  der Hauptsache  nach  hat indefs  der  christliche Khalifa  das Meiste  
 gethan,  um  so  glückliche  äufsere  Zustände  für  seine  Gemeinde  hervorzurufen. 
   An  trüben  Augenblicken  fehlte  es  zwar  auch  nicht,  doch  trug  die  
 Rechtschaffenheit  des  christlichen  Oberhauptes  stets  den  Sieg  davon.  Zu  
 den  schlimmsten  Epochen  seines  Aufenthaltes  in  Persien  gehörte  die  Zeit  
 des  persisch-englischen Krieges,  hervorgerufen durch  die  bekannte M u rra y -  
 sche  Affaire.  Man  hatte  den  Erzbischof  bei  dem  Schahzadéh - Gouverneur  
 von  Isfahan  verläumdet  und  ihn  sogar  beschuldigt,  mit  den  Engländern  in  
 einem  geheimen  Briefwechsel  zu  stehen.  Nur  den  zahlreichen  und  klaren  
 Beweisen  seiner  Unschuld,  welche  den  Weziren  vorgelegt  wurden,  hatte  
 er es  zu  danken,  dafs  der drohende  Sturm  spurlos  an  ihm  vorüberzog,  und  
 dafs  die Ränkemacher  und  ihre  Intriguen  vollständig  blofs  gestellt  wurden.  
 Wie  in  allen  übrigen  Dingen,  so  ist  auch  der  Erzbischof  im  Punkte  der  
 Gastfreundschaft  von  der  zuvorkommendsten Freigebigkeit.  Sein Tisch  und  
 seine  Küche,  in  welcher  drei  Köche  ihre  culinarischen  Dienste  leisten,  ist  
 täglich  so  reich  ausgestattet,  dafs  ein  hinreichender Vorrath  vielen  Gästen  
 zu  Gebote^ gestellt  ist.  Einer  mit  gröfster  Herzlichkeit  ausgesprochenen  
 Einladung,  an  dem Frühstück  Theil  zu  nehmen,  konnten  wir  kaum  widerstehen, 
   um  so weniger,  als  uns  dadurch  die günstige Gelegenheit  geschenkt  
 I   ward,  uns  der  Anwesenheit  des  ehrwürdigen,  dem  Leben  durchaus  nicht 
 abgestorbenen  Kirchenvaters  noch  länger  zu  erfreuen.  Die  Tafel  war  mit 
 den  leckersten  armenischen  Gerichten  besetzt,  selbst  Kaviar  und  Schinken  
 —  beide Spenden  des Nordens  freilich mumienhaft ausgetrocknet, — fehlten  
 nicht  bei  der Fülle  des Mahles,  béi welchem isfahaner Weifs-  und Rothwein  
 aus  den  Klosterkellern  des  Erzbischofes  eine  nicht  unbedeutende  Rolle  
 spielte.  Der  Rothwein,  den  armenische  Winzer  nach  ihrer  Weise  behan-  
 I  dein,  ist  stark  und  gar  nicht übel;  er  mundete  um  so  besser,  'als  der Herr 
 des  Weinbergs  Bachus  freundliche  Gabe  durch  die  heiterste  Unterhaltung 
 würzte.  Es  gab  ein  be-selamet-e-fuláñ  oder  Toast  nach  dem  ändern  und  
 bald  ging die ganze Gesellschaft in  die ungezwungenste,  natürlichste Lebensfreude  
 auf.  Die  Unterhaltung  wurde  so  persisch  geführt,  dafs  selbst  bekannte  
 Dichterverse  citirt wurden,  und  als nun  gar  erst russische  Cigaretten 
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