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 meinte  der  lebenslustige  schwarze  Priesterdolmetsch,  dafs  der  persische  
 Dichter  wohl  Recht  gehabt  habe  zu  singen: 
 Arm  nenn’  ich  den,  der  nach  der  Atzung, 
 Nicht  an  der Wasserpfeife  sangt. 
 Die  vorläufige Trennung  von .dem würdigen Kirchenvater war uns herzlich  
 schwer,  wiewohl  uns  die  Hoffnung tröstete,  ihn nach  unserer Rückkehr  
 von  dem  südlichsten  Punkte  unserer  persischen  Rundreise  wiederzusehen  
 und  dann —  so  war  es  ja sein wiederholentlich  ausdrücklich  ausgesprochener  
 Wunsch  —  in  seiner  eigenen  Behausung  zu  Dschulfa  die  Gastfreundschaft  
 auf  längere  Zeit  anzunehmen. 
 Wir  kehrten  mit  schönen  und  angenehmen  Erinnerungen  an  Dschulfa  
 nach  Isfahan  zurück,  um  einer  weiteren  Höflichkeit  insofern  zu  genügen,  
 als  der  hochweise  Mudschtehid  der  Stadt,  Hadschi  Sejid  Aestullah,  durch  
 den  Besuch  der  preufsischen  Mission  ,den  besonderen Ausdruck  der  Hochachtung  
 erhalten  sollte.  Welch  ein  Unterschied  zwischen  ihm  und  dem  
 glanzvollen  Imam Dschum'al  Durch  ein Labyrinth von Gassen  und  Strafsen-  
 winkel  gelangten  wir  nach  der  ärmlichen Behausung  des  grofsen Gelehrten,  
 der  einen  besondereil Werth  in  der  schmucklosen  Einfachheit  seiner  Wohnung  
 gelegt  zu  haben  schien.  Den  Eingang  in  den  winzig  kleinen  Hof  
 hielten  eine  Menge  persischer Verehrer  des  Mudschtehid  aus  allen  Ständen  
 der  isfahaner  Bevölkerung  besetzt.  Bei  unserer Ankunft  machten  sie  ehrerbietig  
 Platz,  um  sich  gleich  darauf mit  uns  und  hinter  uns  in die  heiligen  
 Räume  des  grofsen  Religionslehrers  hineinzudrängen.  Ein  schmales,  weifsgetünchtes  
 Zimmer,  in  welches  das  Tageslicht  nur  durch  die  geöffnete  
 Thür  einzudringen  vermochte,  schien  der  Empfangssalon  zu  sein.  Der  
 Mudschtehid,  dessen  Haupt  ein  sauberer  Turban  bedeckte,  kauerte  nach  
 persischer  Sitzmethode  auf  dem  einfachen  Filzteppich,  mit  welchem  der  
 Boden  des  engen Gemaches  der Länge  nach  bedeckt war,  und  lud  uns  ein,  
 in  gleicher  Weise  ihm  gegenüber  auf  dem  Teppich  Platz  zu  nehmen.  Als  
 wir  uns,  so  gut  es  für  schwerfällige  europäische  Kniegelenke,  eben  gehen  
 wollte,  zurechtgesetzt  hatten  und  dichtgedrängt  neben  einander  hockten,  
 schaute  uns  der Mudschtehid  mit  seinen  stechenden  Augen,  die  dem  feinen  
 Gesichte  desselben  den  Ausdruck  höchster  Energie  verliehen,  der  Reihe  
 nach  an ,  rief  uns  die'  wohlbekannten  persischen  Begrüfsungsformeln  entgegen  
 und  begann  nun  eine  längere Unterhaltung,  die  sich  meist  auf  Fragen  
 über  unser  preufsisches  Vaterland  erstreckte.  Bisweilen  unterbrach  er  
 sich  selber  durch  ein  leise  bingemurmeltes  la  illah  Ul' allah  „Es  giebt keinen  
 Gott  aufser  Gott!“,  von  dem  sich  schwer  sagen  liefs,  ob  es  innere  
 Befriedigung  oder  höchste  Ungeduld  ausdrückte',  oder  warf  schnell  mitten  
 in  die  Erzählung  ein  unbestimmtes  khub  „gut“  hinein.  Das  Peinliche  der  
 augenblicklichen  gegenseitigen  Stimmung  wurde  kaum  durch  die  einfache,  
 aber charakteristische Art der Bewirthung unterbrochen, die  in  einer Wasserpfeife  
 mit  —  Stangenkandis  bestand.  Den  letzteren  brach  er  in  Stücke,  
 reichte  einem  jeden  von  uns  eine  kleine  Stange  und  schien  so  etwas  wie  
 einen  Segen  darüber  zu  lispeln.  Neidisch  auf  diesen  Vorzug  schaute  die  
 draufsen  stehende  P-erserwelt  durch  die Thür  auf  uns  hin,  als  ein  Mann  in  
 bittender  Stellung  mit  den  Worten  nakhosch-em  „ich  bin  krank“  sich  mit  
 dem  halben Körper  in  die Thür  hineinbog,  um  mit  dankenden Blicken  eine  
 gleiche,  segenbringende  Gabe  aus  der  Hand  des  geheiligten  Mannes  zu  
 empfangen,  die  er  sofort  mit  inbrünstigen  Küssen  bedeckte. 
 Wir  verliefsen-bald  die  ärmlichen Räume  des Mudschtehid,  um zu Pferde  
 zu  steigen  und  unseren Gedanken  über  den  seltsamen Unterschied zwischen  
 den  beiden1  grofsen  Geistlichen  Isfahans  nachzuhängen.  Einer,  so  schien  
 esnms,  mufste  ein  Heuchler  sein;  war  es  der  lebenslustige,  gesprächige  
 Imam-Dschunfa  in  der  glänzenden Halle  oder  der  blutarme  Mudschtehid  in  
 dem  bescheidenen Kämmerlein?  Gott,  der  in  das Herz  der Menschen  sieht,  
 wird  es  allein  und  am  besten  wissen. 
 Ueber  alte  Kirchhöfe  nahmen  wir  den  Rückweg  nach  unserm Menzile.  
 Die  Steine  lagen  ordnungslos  nebeneinander,  die  Gräber  waren  zerfallen,  
 das  Mauergewölbe  hatte  Risse  bekommen,  hier  und  da^kroch  ein  furchtsamer  
 Hund  durch  die  Oeffnung  in  das  Innere  der  schattigen  Todtenkam-  
 mer.  Die  Grabdenkmäler  .waren  der  Mehrzahl  nach  mit  herrlichen  Inschriften  
 in  reichster Ornamentik  bedeckt  und  bestanden  aus  hartem Stein.  
 Sie  hatten  die -Gestalt  unserer  Todtenkisten,  den  Deckel  weggedacht,  und  
 ruhten  ehemals  auf  einer  Sehicht  nebeneinander  gelegter  Steine,  die  unmittelbar  
 auf  der  Erde  und  über  dem  eigentlichen  Grabgewölbe  liegen. 
 Als  wir  aus  den  Hallen  der  grofsen  Bazarstrafse  Isfahans  auf  den  
 Meidari hinaustraten,  ging  die  Sonne  eben  zu Rüste  und  der Moment nähte,  
 an  welchem  die  Abendmusik  auf  dem  Neqqra - khaneh  ausgeführt  werden  
 sollte.  Da  sich  das  letztere  in  unserer Nähe,  dicht  am  Bazarthore,  befand,  
 so  konnten  wir  der Versuchung  nicht widerstehen,  bis  zur  zweiten' Gallerie