Ktirafs zu feuern. Die Sache wäre gut gewesen, wenn nicht unter dem Kü-
rafs der Garde du Corps gesteckt und in demselben das menschliche Herz
lebendiger als jemals geschlagen hätte. Nachdem der Schah alle Anstalten
gemacht, konnte der Pseudo-Garde du Corps seiner Angst kaum mehr Herr
werden, und es gelang dem Minister, den Schah von seiner Absicht nur
durch die Bemerkung abzubringen, dafs er in seiner Meisterschaft als guter
Schütze zwar eine Garantie sehe, dafs die Kugel den Kürafs und nicht den
Mann träfe, dafs man aber nicht wissen könne, ob nicht durch Ricochettiren
dem Mann oder gar der kaiserlichen Person selber ein Leid geschähe.
Auf den besonderen Wunsch des Kaisers, .welcher den gröfsten Wohlgefallen
an der soliden und praktischen Armatur der preufsischen Armee
bezeigte und Proben der übrigen preufsischen Kavallerie- und Infanterie
Uniformen, welche nicht vertreten waren, zu sehen wünschte,
hatte Herr Baron v. M in u te ]) den amtlichen Antrag nach Berlin gestellt,
ihn sobald wie möglich, nach vorher eingeholter Genehmigung Seiner
gegenwärtigen Majestät, in Besitz der gewünschten Uniformen zu setzen,
um selbige dem Schah überreichen zu können. Inzwischen waren Monate
darüber hingeflossen, Herr v. M. befand'sich nicht mehr unter den Lebenden,
ich hatte kaum mehr an die ganze Angelegenheit gedacht, als eines
Tages eine Karawane in Teheran eintraf, welche die neue Militairsendung in
das Hotel unserer Gesandtschaft ablieferte. Ich hatte somit die Verpflichtung,
dieselben dem Schah im Namen unserer Königlichen Majestät zu überreichen
und beeilte mich demnach an geeigneter Stelle anzufragen, an welchem
Tage und zu welcher Stunde Seine Majestät genehmigen würden, den
mir gewordenen Befehlen zu entsprechen. Man hatte mir den 23. Januar
Mittags als die Zeit bestimmt, und ich verfehlte nicht, mit Unterstützung
meines, mit militairischen Dingen vertrauten Freundes, des Hauptmanns
v. G ro lm a n , dem alten Beispiele zu folgen und die übersandten Uniformen
auf die Körper preufsischer Unterthanen und der Soldaten unserer
persischen Wache zu legen. Der ehemalige Leibhusar Rabe' wurde in
einen Kürassier verwandelt und ritt in seiner schweren Uniform auf einem
Pferde. Der Koch S c h ü t t e r avancirto zu dem Grade eines Potsdamer Oberjägers
und stolzierte in der kleidsamen Uniform hinter uns zu Fufs einher.
Ein preufsischer Unterthan, derselbe, welchen die Hoffnung auf günstige
Lederankäufe nach Persien geführt hatte und welcher als Landwehrmann
ein ganz besonderes Recht auf das Tragen einer preufsischen Uniform hatte,
marschirte in der stattlichen Uniform eines G a r d e "Grenadiers vom ersten
Regimente, mit der historischen Gardemütze auf dem Kopfe und einem
feldmälsig gepackten Tornister auf dem Rücken, neben dem Oberjägei ein
her. Ihnen schlossen sich vier persische Soldaten an. Der lange, hagere W«
kil-baschi unserer Wache war in eine Ordonnanz der Armee-Gensd armerie
verwandelt worden und sah in seinem preufsischen Militairmantel, der ihm
schwer und ungewohnt war, und in der krummen Haltung eines unglück
liehen Serbäzen eigentlich recht traurig aus. Seine beiden Haarlocken hinter
den Ohren stahlen sich unter dem blanken Helme hervor, fielen ihm
lang über den Kragen und pafsten zu der Uniform wie die Faust aufs
Auge. Leidlicher präsentirten sich für bescheidene Ansprüche der persisch
preufsische Garde-Pionier und zwei Linien-Infanteristen. Der Te-
heräner Janhagel belustigte sich aufs Neue an dem ungewohnten Anblick,
drängte und stiefs sich in unsern Zug hinein, so dafs ich froh w a i, als
ich endlich mit meiner Truppe- in der Burg des Kaisers Halt machen
konnte. Geleitet von dem Ober-Ceremonienmeister, dem Minister der auswärtigen
Angelegenheiten und dem Adjutanten des Kaisers Jahija Khan,
der zugleich in gewohnter Meisterschaft das Amt des Dolmetschers übei-
nahm, traten wir vor den Kaiser hin, während unsere uniformirten Leute
zunächst vor der Thüre ihre Stellung eingenommen hatten. Der Schah,
lebhaft und neugierig wie er ist, befahl sofort den Leuten einzutreten und
schien sich innerlich zu amüsiren, als seine preufsischen Serbazen sich
vergeblich abquälten, die Stiefel von den Füfs.en zu ziehen, da es die-Sitte
durchaus erfordert, vor ihrem Schah ohne Fufsbekleidung zu erscheinen.
Strümpfe trugen sie nicht, und so sah es seltsam genug aus, als vollständig
uniformirte preufsische Militairs in blofsen Füfsen vor dem Schah in
einer Reihe neben einander Posto gefafst hatten. Die Gegenwart einer so
erhabenen Person, ' wie die des Kaisers , schien den Serbäzen den letzten
Muth geraubt zu haben, denn sie standen so erbarmungswürdig da, als
hätten sie ihr letztes Stündlein schlagen hören.
Der Schah hatte seinen Platz in einem grofsen aber niedrigen Saale
eingenommen, der überreich an Spiegelwerk und Vergoldungen war. Er safs
in der Nähe eines flackernden Kaminfeuers auf einem einfachen und gewöhnlichen
Stuhle. Neben ihm stand ein chinesischer Nipptisch mit einem europäischen
Schreibgefäfse darauf, das von einer Menge persischer Schriftstücke
umgeben war ., doch mufste er vorher auf einem kaffeebraunen, mit Gold