Ohne Schrecken und Furcht vor den seltsamen Sagen von den in diesem
düstern Garten und in dessen unheimlichem, von Nadir Schah erbautem
verfallenen Gemäuer sich herumtreibenden Gespenstern, die um Rache für
mehrere an seinen Weibern verübte Grausamkeiten rufen sollen, schlief
ich von Kälte erstarrt. Sari und Umgebung scheint der Sammelplatz aller
jener lumpigen gaunerhaften Derwische zu sein, die sich zur Zeit des
Ramazans in Teheran herumtreiben; denn alle Augenblicke stiefs ich auf
eine spitze Mütze, unter welcher der Eigenthümer mit näselnder Stimme
mir sein: Jahaqq! (o Gott!) zurief. Unterwegs begegnete ich einer Masse
llijdt wandernder Kurdenstämme, mit dem auf ihren braunen Gesichtern
aufgedrückten eigenthümlichen Typus des Zigeuners. Sie sind meistens
sehr arm, ihre Weiber manchmal hübsch.
Gleich aufserhalb Sari ist eine wunderschöne Brücke von Schah Abbas
erbaut, achtzig Klafter lang auf siebzehn Bogen ruhend, aber in sehr vernachlässigtem
Zustande*). Acht Fersach entfernt zieht sich der Weg nach
Aschräf durch Gebüsch, urbar gemachte Waldlichten und Felder in der
Ebene fort und ist stellenweis zum Versinken schlecht. Das nahe Mittelgebirge
bleibt rechts liegen, und der Raum zwischen ihm und der Strafse
ist mit Wäldern von Granatbäumen bepflanzt, deren jetzt in Blüthe stehenden
Bäume mit ihrem rothen Schimmer den weiten Horizont in Feuer
und Flammen aufgehen zu lassen scheinen. Diese Gegend versorgt Teheran
mit seinen Granatäpfeln. Die Stadt Aschräf liegt am Fufse einer
anmuthig bewaldeten vorgeschobenen Hügelkette und ist mit vier prachtvollen
auf der Anhöhe liegenden Ruinen decorirt. Hier mufste ich vier
Tage bleiben, um diese Gebäude aufzunehmen, da der Schah dieselben
fä rd a ! zu restauriren beabsichtigt, aber auch hier hat weniger der Zahn
der Zeit, als persische Indolenz und Vandalismus den Verfall beschleunigt.
Ich wurde in einem alten weitläuftigen düstern Garten mit hohem Gras-
wuchse, und von Cypressen- und Orangebäumen beschattet, in einem wahr*)
Herr v. D o rn berührt die Brücken zwischen Aschräf und Säri in folgender Schilderung:
„Unser Weg (von Aschräf) hatte uns über die Nilcah - Brücke, sowie nicht ohne
Gefahr für mich über die großartige von Aka Muhammed- Chan gebaute Brücke über den
Tedschemrud geführt. Nach Seher-eddin, dessen Geschichte von Tabaristan, Rujan und Ma-
sanderan wir beständig zum Behufe der Yergleichung in Händen hatten, war sie von dem
Isfehbed F e rch a n dem G ro isen neu erbaut und nach seinem-Sohne Sarujeh benannt
worden.“ ' g r
haft unheimlichen Sommerpallast einquartirt; die Frösche und Kröten in
den schlammigen Töichen quakten ihr Abendlied, mein von allen Seiten
offenes Nachtquartier hatte weder Fenster noch Thiiren, und ich dachte
vor allem daran, mich mit Holzprügeln und Brettern fortiticatorisch vor
einem nächtlichen Ueberfalle zu verbarricadiren, da die Turkmanen hier
ihr Unwesen zu treiben beginnen. Noch heute brach eine Horde derselben
in das nahe gelegene Dorf e in , um zu rauben, wurde aber abgeschnitten
und achtzehn dieser Burschen wurden gefangen genommen, nachdem
sie in der vergangenen Nacht zwei Viehhirten auf offenem Felde überrascht
und ermordet hatten. Sie kommen von dem ein halb Fersach entlegenen
Meeresufer, wo sie aus ihren Ruderschiffen- aussteigen und ihre
Raubzüge veranstalten, indem sie, gedeckt durch die Wälder, zu Fufse
heranschleichen und ihre Beute ergreifen. Wenn sie den Kampf vermeiden
können, gehen sie mehr auf Menschenraub aus und wissen die Gefangenen
sehr einträglich als Sclaven zu verhandeln. In der hier stets sehr feuchten,
nafskalten Abendluft, den geladenen Revolver und die Flinte zur Hand,
schlief ich ein, bis mich die vor meinem Fenster heulenden Schakale mit
ihrer disharmonischen Serenade erweckten. Ich belauschte sie, wie sie
im unsichern Mondscheine die hinabgeworfenen Knochen meines frugalen
Abendmahles, eines £fm Ladestocke der Muskete meines WekiVs gebratenen
Schöpses, mit scharfem Gebisse zermalmten, konnte jedoch keinen
zuverlässig aufs Korn nehmen, um ihn zu schiefsen. Der Garten bot,
wie jede von Menschen und ihrer Obsorge entfremdete Stätte, einen
wahrhaft grauenhaften Anblick dar; es war ein Ort der Verwesung, der
Verlassenheit, das Grabmonument vergangener Tage persischer Pracht und
Herrlichkeit, mitten zwischen Orangen-, Limonen- und Süfs-Citronen-,
Granat- und Lorbeerbäumen, zwischen Platane, Rose, Jasmin und Cactus,
von Schlingpflanzen überwuchert. Die Orangen, zu Tausenden am Boden
liegend, wurden von weidenden Pferden zertreten, und noch Tausende guckten
goldgelb aus den saftig ginnen Blättern hervor; noch nie habe ich so
saftige Cittonen gegessen, und meine Limonade würde mir noch besser
gemundet haben, wenn es mir nicht um den theuren Zucker zuletzt Leid
gethan hätte, Die Gebäude, denen ich meine Aufmerksamkeit zuwenden
mufste, bestanden aus mehreren Eingangsthoren und Vorhallen mit Stallungen,
einstigen prachtvollen Wasserleitungen, Bassins und einem grofs-
artigen luftigen Sommerpallaste mit abgesonderten Baderäumen. Bei der