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 Boden.  Das Wasser  wird  dann  in  grofseu  und  tiefen  Ab-embdr  
 oder  Wasserbehältern,  Cisternen  gesammelt,  und  hieraus  für  das  ganze  
 kommende  Jahr  der  nothige  Bedarf  entnommen.  Lange,  rothe  Würmer  
 beleben  schliefslich  das  feuchte  Element  und  erfüllen  mit  Ekel  und  Abscheu  
 vor  dem  Genufs  des  fauligen  Wassers.  Die  Leute  im  Lande  schreiben  
 dem  Tranke  die  Bildung  einer  Krankheit  zu,  welche , die  entsetzlichsten  
 Schmerzen  in  dem  davon  heimgesuchten  Menschenkinde  hervorruft.  
 Der  lange  Fadenwurm,  derselbe,  welchen  die  Engländer  mit  dem  .Namen  
 Guinea-worm  belegt  haben,  erzeugt  sich  unter  der  Haut,  besonders  in  der  
 Lendengegend,  um  Qualen  zu  bereiten,  die  nur  durch  eine  geschickte  
 Operation  zu  beseitigen  sind.  Man  sucht  sich  nämlich  das • eine  Ende  des  
 Wurmes  unter  der  Haut  auf,  öffnet  an  dieser  Stelle  die  Haut  und  wickelt  
 ihn  nun  an  einem  Stäbchen  langsam  aus.  Zerreifst  er,  so  darf man  sicher  
 sein,  dafs  die Leiden  von Neuem  ihren Anfang  nehmen,  da der Wurm  dem  
 Bandwurm  gleich  sich  vollständig  wieder  ausbildet.  Die Perser  bezeichnen  
 diesen  ungebetenen  Pai’asiten  mit  dem  Namen  Peijü/c. 
 Solche  Berichte,  wie  sie  uns  von  allen  Seiten  zukamen,  schwächten  
 unsere  Begeisterung  vom  schirazer  Klima  ziemlich  ab  und  führten  die  
 Sehnsucht  nach  Schiräz  auf  das  richtige  menschliche  Maafs  zurück.  Wer  
 mag  auch  in  das  herrlichste Paradies  auf die Dauer einziehen wollen,  wenn  
 solche  Todesengel  mit  flammendem  Schwerte  den Eingang  bewahren ?  Der  
 Winter.,  wenn  man  eine  etwas  rauhere  Jahreszeit  so  bezeichnen  darf,  beginnt  
 für  Schiräz  gegen  Ende  des  Monates  Dezember,  der  Regen  in  der  
 ersten  November-Dekade.  Die  bebaute Erde f trägt  immer  ein  grünes  Kleid  
 und  jede  Jahreszeit  hat  ihre  Blumen  und  Früchte,  das  Wasser  ist  in  hinreichender  
 Fülle  und  Reinheit  vorhanden^  nach  dieser Seite  also  allen  nur  
 erdenklichen  Wünschen  Rechnung  getragen. 
 Schiräz,  von  einer Mauer  umschlossen,  die  eine  Fersach  beträgt,  zählt  
 im  Ganzen  etwa  5,000 Khanewär  und  30,000 Bewohner,  deren  Hauptmasse  
 aus  Persern  von  reinstem  Wasser  besteht.  Die  Juden,  deren  Schicksal  in  
 Schiräz  wie  in  den  meisten  übrigen  Städten  Persiens  grade  nicht  benei-  
 denswerth  erscheint,  bilden  eine Gemeinde von  drei-  bis vierhundert Köpfen.  
 Sie  sind  industriell  ungemein  thätig  und  treiben  mit  Vorliebe  das  Handwerk  
 der  Goldschmiede,  in  welchem  sie  recht  gute Arbeit  liefern.  Nebenbei  
 haben  sie  sich  als  anhängliche Nachkommen Noah’s  auf  die Weincultur 
 und  den Weinverkauf gelegt;  die Erlaubnifs  dazu  ist ihnen  für eine tägliche  
 Abgabe  von  vier Ducaten  von  dem Gouverneur  der Stadt  gnädigst gewahrt.  
 Wenn  auch  die  Anhänger  des  nicht  mystischen  Hafis  durchaus  keine  Verächter  
 der  edlen  Gottesgabe  sind,  die  sie  nebst  Arak  als  unrein  betrachten  
 daher  sie  beim  Genufs  dieser  Getränke  das  gefüllte  Glas  oder  die  
 Tasse  mit Hülfe  von Papier  oder Brodkrume  anfassen,  so  darf sich  dennoc  
 kein  Weingefäfs  auf  öffentlicher  Strafse  zeigen,  ohne  sofort  in Stucke  zerschlagen  
 zu  werden.  Bei  dieser Gelegenheit  wollen  wir sogleich bemerken,  
 dafs  der  vielgepriesene  Schirazer  Scharäb  oder  Wein  gar  nicht  einmal  in  
 Schiräz  wächst  (der  darin  gezogene  und  gewonnene  ist  nämüch  kaum  zu  
 trinken),  sondern  von  dem Dorfe Khollär,  acht Fersach  weit  von  der  Stadt  
 ab  h'erkommt.  In  ähnlicher Weise  erfreut  sich  der Wein  von Isfahan  eines  
 besonderen  Rufes,  ohne  im  mindesten  dazu  eine  Berechtigung  zu  haben.  
 Der  Isfahaner  Wein  ist  spottschlecht,  nur  der  in  dem  nahegelegenen  
 Nedschefabäd  gewonnene  rothe  Wein  ist  gut  und  trinkbar.  Uebrigens  
 schmeckte  mir  selbst  der  Khollär AN ein  gar  nicht  so  besonders;  er  ist  so  
 feurig-scharf,  als  sei  ihm  Pfeffer  oder  sonst  ein  scharfes  Gewürz  beigemischt. 
   Wie  der  Schirazer  Wein,  so  ist  auch  das  Schirazer  Rosenöl  eine  
 leere  Erfindung.  Letzteres  ist  eine  indische  Waare,  nur  das  Rosenwasser 
 von  Schiräz  ist  eine  Wahrheit.  _  .  , 
 Aufser  den  Juden  bilden  die Armenier eine besondere  kleine Gemeinde 
 nicht  persischen  Ursprunges  in  Schiräz.  Ihre  Zahl,  die  sich  ehemals  auf  
 mehrere Tausende  belief,  ist  gegenwärtig  sehr  zusammengeschmolzen.  Die  
 Gemeinde  bestand  zur  Zeit  unserer  Anwesenheit  aus  drei  oder  vier  Khanmär, 
   welchen  ungefähr  dreifsig Seelen  angehörten.  Sie  betreiben vorzüglich  
 Handel  und  haben  in  jeder  Beziehung  sich  einer  viel  erträglichem  
 Behandlung'Seitens  der  Perser  zu  erfreuen,  als  die  arme  Judenschaar. 
 Sonstige  fremde  Elemente  in  Schiräz  lassen  sich  zählen.  Die  Neger,  
 meist  über  Buschehr- von Zanzibar  aus  heimlich  eingeführt  (der Handel  mit  
 Sclaven  ist  in Persien  untersagt),  bilden die gröfsere Zahl.  Ihnen  schliefsen  
 sich  in  der Minderheit  ein  Paar  Inder,  Araber,  Türken  und  e in   Europäer  
 (der  oben  s c h o n   genannte  schwedische  Arzt  Dr.  F a g e r g r i n )   an.  Unter  
 den  indischen  Bewohnern  nimmt  unser  Hauswirth  den  hervorragendsten  
 Rang  durch  Geburt  und  Stellung  ein.  Es  ist  dies  ein  indischer  Nawab  
 oder  Prinz  aus  der Königsfamilie  der Mussalipaten,  welche  den  Engländern  
 freiwillig  ihr  Land  und  ihre  Herrschaft  abgetreten  haben  und  von  der