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 (24.  September)  um  den  Ort  zu  verlassen  und,  wenn  möglich,  für  immer  
 zu  vergessen. 
 Um  vier Uhr  in  der  Frühe  safsen  wir  bereits  marschfertig auf  den 
 Pferden.  Die sechs  Fersach  (vielleicht  auch  weniger,  über  die  wahre  Entfernung  
 herrschen  nämlich  in  diesen Theilen Persiens  grofse  Zweifel,  da  es  
 den Anschein hat,  als  ob  es  daselbst  g r o f s e   und  k l e in e   Fersach*)  giebt),  
 welche  uns  vom  nächsten  Menzile  trennten,  wurden  in  sieben  Stunden  
 zurückgelegt.  Auf  dem  ersten  Theile  unserer  Reise,  die  sich  auf  einem  
 meist  unfruchtbaren  Plateau  zwischen  zwei  Bergketten,  die  rechter  Hand  
 sehr  steil  und  zackig,  bewegte,  war  der  Himmel—   eine  seltene  Erscheinung  
 in Persien —  mit Wolken  stark  bedeckt.  Nachdem  die  steinige,'aber  
 sehr  ausgetretene  Strafse  zunächst  dem  Laufe  des  „Wassers  von Dumdeneh“  
 verfolgt  war, verlor  sich  das  letztere  bald  in  östlicher  Richtung und  wir 
 befanden  uns auf  einem grofsen,  wasserleeren  Terrain.  Zwei  Gazellen 
 jagten  scheu  an  uns  vorüber  und  einer  der  Serbazen  unseres  Zuges  hatte  
 das  unverhoffte  Glück,  mit  seinem  altfranzösischen Feuerschlofsgewehr  aus  
 einem  grofsen  Vögelvolk  ein  Rebhuhn  zu  schiefsen.  Obgleich  ein  solches  
 Ereignifs  auf  der  Reise  als  etwas  ganz  Besonderes  gilt  und  auf  lange  Zeit  
 Stoff  zur  Unterhaltung  gewährt,  So  trat  dasselbe  diesmal  vor  einer  zu  erwartenden  
 Begebenheit  zurück,-die  unsere  Leute  mit  nicht  geringem  Entsetzen  
 erfüllte.  Sie  wufsten  nämlich  ganz  sicher,-dafs  dreihundert  oder  
 dreitausend  Bakhtiaren  die Verabredung  getroffen  hätten,  unsere Karawane  
 am  heutigen Tage  zu  überfallen,  wobei  natürlich  mit  unseren Köpfen  nicht  
 viel  Federlesens  gemäeht werden  sollte.  Sie zeigten  auch  bereits  die Wachtfeuer  
 der Räuber,  welche  in  der Entfernung  einer  halben Fersach  seitwärts  
 linker  Hand  auf  einem  Bergabhang  in  der  Morgendämmerung  mit  mattem  
 Scheine  leuchteten,  die  aber,  wie  es  uns  schien,  nur  von  friedlichen Hirten  
 herrühren  konnten.  Zu  unserem  Bedauern  liefs  sich  kein  Bakhtiare  sehen  
 und  unsere Heldenschaar  hatte  sichtlich  eine  der  besten  Gelegenheiten  ver- 
 *)  Wir  bemerken  der  Vollständigkeit  halber,  dafs  nach  J n q u t,  Mas'udi  und  anderen  
 morgenländischen  Geographen  ein  Erdgrad  25  Fersach  enthält  ( 1   Fersakh  =   3  Millien, 
 1  Millie  =   13,000  königliche  Ellen).  Nach  Abulfeda  dagegen,  der  das  Alterthum  als  Gewährsmann  
 anführt,  sollen  22J  Fersach  auf  einen  Erdgrad  gehen. 
 I r e n   ihren Muth  und ihre Tapferkeit in  dem  glänzendsten Lichte  zu zeigen,  
 klebrigen*  ist  zuzugeben,  dafs  die  Strafse  hier  nicht  recht  geheuer  ist.  
 | i n   Paar  armselige Esel-  und  eine  leere Kameel-Karawane  hatten  eine  be-  
 Caffnete  Begleitung  bei  sich,  so  dafs  man  auf Anfälle  und  Plünderung  gel 
 ö s t   sein  mufs.  Die  Gefängnisse  in  Isfahan  bewiesen  uns  später,  dafs  die  
 Bakhtiaren  nicht  immer  sehr  glückliche  Raubritter  sind. 
 In  der  Mitte  unseres  heutigen  Tagemarsches ,  nachdem  wir  eben  bei  
 •einer  schönen,  aber  ganz  verfallenen  Karawanserai  vorübergezogen  waren,  
 Itblickten  wir  rechts  von  der  Strafse,  ein  wenig  in  der  Tiefe  liegend,  ein  
 lwohlbefestigtes Dorf,  das  uns  als  das  erste  der  drei  armenischen Ortschafte 
 n   bezeichnet  wurde,  die hintereinander liegen  und den  gemeinschaftlichen  
 Namen  Kol  oder  Kor  führen.  Kaum  befanden  wir  uns  im  Angesicht  des  
 Dorfes,  so  lief  ein Mann,  mit  einem  langen  blauen Tuchrock bekleidet,  die  
 schwarze  persische  Mütze  auf  dem  Kopfe,  auf  Herrn  von  Minutoli  los,  
 grüfste  mit  -vieler Höflichkeit und bat inständigst,  einkehren und  seine Gastfreundschaft  
 annehmen  zu  wollen.  Leider  reichte  die  Zeit  nicht  aus,  um  
 einem  so  freundlichen  Ansinnen  zu  entsprechen,  so  dafs  der  armenische  
 JDürfler  traurig  nach  Hause  zurückschlich. 
 Eine  Stunde  vor  ’Askerun,'  so  hiefs  das Ziel  der  Reise  an diesem Tage,  
 liegt  von  der Strafse  links  ab  das  befestigte  und  neu angelegte Dorf QäTa-  
 Bi-Aaz'iV,  ’Askerun  selber  am Ende  des  langgestreckten  Plateaus.  Von  letzt-  
 Igenanntem  an  öfftiet  sich  ein  neues  Bergland  mit  grofsen  Hochflächen  und  
 ■wunderlich geformten Hügelketten  und Bergwänden.  Was  sollen wir viel von  
 WAskerun  melden?  Es  ist  ein  jämmerliches,  elendes  Dorf,  kaum  erfreuten  
 le in   Paar  niedrige  Pappeln'in  der  Nähe  das  Auge,  nur  einige  bepflanzte  
 I saftgrüne  Felder  im  Süden  des  Ortes  vermochten  an  die  Wohlthaten  ve-  
 I  getativen  Lebens  zu  erinnern.  Das  Hauptereignifs  in  ’Askerun  war  ohne  
 I Zweifel  die Anwesenheit  eines  europäischen Reisenden,  der  allein^  nur  von  
 le in em  persischen  Diener  begleitet,  bereits  seit  zw e i  J a h r e n   diese  un-  
 I wirthlichen  und  unsicheren Gegenden  im  Interesse  der Wissenschaft  durch-  
 I reiste  und  im  Begriff  stand  nach  Isfahan  zu  pilgern,  um  sich  zu  neuen  
 ■Excursionen  vorzubereiten,  die ihn  schliefslich  nach Buschehr  am persischen  
 ■  Meerbusen  führen  sollten.  Es  war  ein  englischer  Schiffscapitän,  der  leider  
 ■das  grofse Unglück  hatte,  halb  taub  zu sein,  so  dafs  eine Unterhaltung  mit  
 ■ihm  nur  schwer  durchzuführen  war. 
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