zunächst eine alte, schöne, aber leider sehr zerstörte Brücke über den sogenannten
Rudekhaneh- Khonsar. führt. Vom Flusse d. h. vom Wasser
desselben war keine Spur zu merken, die übergrofse Hitze des Sommers
hatte auch jedes Winkelchen des Flufsbettes blofs gelegt und man konnte
so trocken nach dem ändern Ufer gelangen, wo ganze Heerden behender
Gazellen (ahu) im flüchtigen Laufe dahinjagten, wie weiland die Kinder
Israel von einem Gestade des rothen Meeres nach dem ändern. Bald nachdem
man durch das Thal gezogen ist, überrascht ein wahrer Wald vor
Bäumen den erstaunten Wanderer, der sich mit einem Zaubersehlage nach
der nordischen Heimath versetzt zu sein glaubt, weit weg von Iran’s trock-
nem, ödem, traurigem Boden. Eine Fülle von Dörfern, umgeben von Gärten
in üppigstem Blätterschmuck, steigen bis zur langen, gegenüberliegenden
Bergkette von unserer Strafse an aufwärts. Das erste Dorf, Tidschu ge-
heifsen, blieb rechts von unserem Wege liegen, nur sein Todtenacker lag,
der Landessitte entsprechend, mitten auf der Strafse, die ihn in beinahe
zwei gleiche Hälften theilte. Das zweite Dorf, Kutgün, aus vereinzelt
stehenden Gehöften und Gärten bestehend, blieb gleichfalls zu unserer
rechten Seite liegen, und nun erst war es uns vergönnt, das Gebiet des
lang sich ausdehnenden Dorfes Khonsar zu betreten. Wir fürchten kaum,
uns den Vorwurf der Uebertreibung zu Schulden kommen zu lassen, wenn
wir versichern, dafs der Weg durch dasselbe fast volle zwei Stunden
dauerte. Schattige Baumalleen, grüne Wiesen, laut murmelnde Bäche, dahinter
persische Bauerhütten und stattliche Besitzungen dieses und jenes
Khanes- wechselten in anmuthiger Fülle miteinander ab und versöhnten uns
für heute vollständig mit dem persischen Aufenthalte. Die Wohnungen der
Menschen lagen theils zerstreut im grünen Thalgrunde, theils auf niedrigen
Hügeln, die zu zusammenhängenden Höhenzügen ansteigen, je weiter man
sich dem Ende der Reise nähert. Zum erstenmale wurden wir hier durch
ihren eigenthümlichen Baustyl überrascht, der lebhaft an die Dörfer der
oberitalienischen Landschaften erinnerte. Das Fundament derselben bestand
aus unbehauenen Steinblöcken, die wie sie passen-wollten aufeinander gelegt
und durch einen Mörtel zu einem wohlverbundenen Unterbau zusammengefügt
waren. Darüber erhob sich das Haus aus gebrannten Erdziegeln
von verschiedener Höhe, je nach den Etagen mit hohen und niedrigen
Gitterfenstern versehen, die Aussicht nach der Strafse hin, eine in Persien
sonst unerhörte Art zu bauen. Der solide Thorweg war meist grofs und
leräumig, dem Eingang in einen steinernen Wartthurm ziemlich ähnlich.
Der Anblick des Dorfes, das durch so viele Einzelheiten an die europäische
Heimath erinnerte, hatte noch etwas ungemein Malerisches durch den Hintergrund
des hohen, steilen, vegetationsleeren Gebirges, das, wie die Mehrzahl
der persischen Höhen, nach dem Namen des anliegenden grofsen
Dorfes als B e rg v o n Khonsar bezeichnet wird. Hinter dem Berge hausen
nlch den übereinstimmenden Versicherungen der Bewohner dieser Gegend
die räuberischen Bakhtiaren, welche nur in die Ebene niederzusteigen
¿ e g e n und dabei selbst nach Khonsar kommen, um ihre Einkäufe in den
Bazaren der nächstgelegenen Dorfschaften zu machen.
I ; Bej unserer Reise za dem uns gewährten Hause, in welchem wir den
Sbhlufs des Tages über und die darauf folgende Nacht zubringen sollten,
sahen wir auf wiesenreichen Bleichen in der N,ähe frischduftender Wasserrieselungen
eine Menge gefärbter Stoffe zum Trocknen ausgespannt und
die Blaufärber mit den verschiedenen Manipulationen ihres Gewerkes in
vollster Beschäftigung. Färber und Kattundrucker bilden nämlich die Haupt-
zjjinft in dem Orte, dessen Bewohner sich nebenher mit einem eigenthüm-
, liehen Industriezweige, der Schnitzerei grofser hölzerner Löffel, beschäftigen.
[ Unser Haus lag auf der Höhe beinahe ganz am Ende des.Dorfes. Nach
ihm zu schliefsen weicht auch das Innere der Wohnungen von dem sonstigen
Baustyle der persischen Architektur ab. Das Streben nach soliden
Schöpfungen tritt sehr bemerkbar hervor. Der grofse Salon (Diwdn-khaneh)
unseres Menziles, mit der Aussicht nach einem schattigen Garten, zu dem
eine sehr steile Steintreppe hinabführte, ruhte auf einer Art von wohlcon-
sjtruirtem Kreuzgewölbe und war mit hübschen Ornamenten versehen. Die
Dächer der anstofsenden Häuser waren mit Frauengestalten besetzt, welche
dort ihren Platz genommen haften, um unverschlpiert dem sonderbaren
Treiben der eingetroffenen Franken zuzuschauen. Besondere Schönheiten
waren darunter nicht zu entdecken, obgleich Khonsar feinen Ruf in Persien
hat, der für die Gestalt und Schönheit seiner Frauen nur im höchsten
Grade schmeichelhaft sein darf.
Khonsar, das nach amtlichen Aussagen etwa 2,000 Häuser zählt-mit
einer Bevölkerung von 12- bis 13,000-Seelen, steht unter dem Hakim von
w^ülpaigan, der hier durch einen Näib oder Vice-Gouverneur vertreten ist.
Die Sendung von Geschenken und bald darauf seine Anwesenheit war eine
Folge der Ankunft unseres Eltschi, der nun einmal, gern oder ungern, die