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 welcher  neben  der  Freundlichkeit  der  Kapitäne  und  der  leidlichen  Kost  
 der zahlreichen Wolgadampfschiffe  eine Menge  von Naturgenüssen  und  sonst  
 verschlossener  Sehenswürdigkeiten  zugänglich  macht,  setzt  die'Eisenbahn-  
 strafse  nach  Moskau  und  St.  Petersburg  den  Reisenden  in  den  Stand,  alle  
 nur  möglichen  Punkte  Europas  mit  wünsehenswerther* Schnelligkeit  zu  erreichen. 
 Ich  darf  billigerweise  eines  Ehrentages  nich't  vergessen,  welcher  noch  
 in  den Monat Februar  fällt  und  bei  welchem  unser  deutscher Koch  S c h ü t t 
 e r   eine Hauptrolle  spielt.  Bei Gelegenheit  eines Diners  in unserem Hause,  
 das  durch  die  Gegenwart  eines  sehr  vornehmen  Persers  einen  besonderen  
 Glanz  erhielt,  hatte  der  letztere  seine  bewundernden  Augen.  auf  ein  Meisterstück  
 des  geschickten  Koches  geworfen:  einen  wohlfarcirten  und  gar-  
 nirten  P u te r,  der  in  der  That  mit  seinem  aus gebreiteten  Flügelpaar  und  
 einem  künstlich  angesetzten  Kopf  von  Kraftmehl  einem  lebendigen  täuschend  
 ähnlich  sah,  und  das  schmeichelhafte Lob  gefällt,  dafs  dieser Puter  
 würdig  sei,  von  dem  ¿Mittelpunkt  des Weltalls“  gesehen  zu  werden.  Eine  
 so  deutliche  Mahnung  durfte  nicht  unberücksichtigt  bleiben,  und  so  geschah  
 es  denn,  dafs  unser Koch  eines  schönen  Tages  mit  einem  noch  viel  
 herrlicheren  Puter  in  die  Küche  des'Schah  wanderte,  woselbst  seine  persischen  
 Kunstgenossen  mit  lautem  yßeh,  beh,  beh / “  das Kunstwerk  bewunderten. 
   S.  M.  schienen  äufserst  befriedigt  von  dem  Anblick  und  befahlen  
 sofort,  den  besagten  Künstler  nach  persischer  Sitte  zu  decoriren,  d.  h.  
 mit  einem  Ehrenshawl  zu  behängen  und  ihn  zu  veranlassen,  so  bekleidet  
 durch  die  Hauptstrafsen  Teherans  nach  Hause  zu  gehen.  Mit  einem  acht  
 persischen  Shawl  auf  dem  Rücken  mufste  der  deutsche  Koch  stolz  durch  
 die  Bazare  wandern,  sicherlich  von  manchem  Perser  beneidet,  dein  eine  
 solche  Auszeichnung  bei  einem  Frengi  unerhört  schien. 
 Bis  zur Mitte  des  Februar  hin  wechselten  Schneefälle  mit  grofsen Regengüssen  
 ab ,  welche  ihre  Wirkung  auf  die  Gebäude  in  erschreckender  
 Weise  ausübten.  Viele  Mauern  und  eine  Menge  von  Gebäuden,  öffentliche  
 Staatsbauten  nicht  ausgeschlossen,  stürzten  bei  der  anhaltenden  Feuchtigkeit  
 ein  oder  senkten  sich  um  ein  Bedeutendes,, da  man  in  Persien  ein  
 Fundament  für  eine  sehr  überflüssige  Sache  bei  einem  Hause  hält.  Selbst  
 einzelne  Mauern,  welche  das  Heiligthum  der  Burg  umspannten,  hielten  
 nicht  länger  Stand  und  fielen  wie  die  Mauern  Jerichos  um.  Wir  hatten 
 bei  dem  bösen  Wetter  selten  Gelegenheit,  Ausritte  zu  unternehmen  und  
 sahen  in  dieser  ganzen Zeit  nur  ein  einziges Mal  das  Freie,  wobei wir Veranlassung  
 nahmen,  die  vor  dem  Schimraner  Thor  gelegene  Nizamijeh  zu  
 besuchen.  So  heilst  ein  Schlofs  nebst  Garten,  welches  gegenüber  von  unserer  
 ersten  Wohnung-  in  Teheran  gelegen  ist  und  im  Frühling  seines  
 prachtvollen  Rosenflors  wegen  von  den  Persern  alltäglich  besucht  zu  werden  
 pflegt.  Die'  hübsche  Anlage  war  früher  Eigenthum  des  verbannten  
 Sadrazdm,  weleher  Sie  seinem  Sohne  zu  Ehren,  dem  Nizdm-el-mulk,  mit  
 dem  bezeichnten  Namen  belegte.  Nach  dem  Sturze  des  Premierministers  
 hat  der Padischah  das Eigenthum  desselben,  nach  persischer Sitte,  als  sein  
 Eigenthum  übernommen,  so  dafs Garten  und  Schlofs  gegenwärtig  eine  kaiserliche  
 Besitzung  ist.  Zunächst  tritt  man  durch  ein  sogenanntes  Serderr,  
 d.  h.  ein  Thorweg  mit  einem  bewohnbaren  Aufbau  darüber,  111  einen  Garte 
 n ,'d e r   nach  allen  Richtungen  hin,  jedoch  mit  persischer  Regelmäfsig-  
 keit,  von  Gängen  mit  Pappeleinfassung  durchkreuzt  ist.  Der  erste  Hauptgang  
 führt  auf  ein  Kulah-e-frengi,  d.  h.  auf  eine  fränkische  Mütze.  Mit  
 diesem  seltsamen  Namen  bezeichnen  die  Perser,  wie  bereits  früher  bemerkt  
 wurde,  ein  Gartenhaus  mit  aufgestülptem  Dachrande.  Da  das  letztere  
 einem  Hutrande  oder  dem  Schirm  einer  Mütze  gleicht,  so  hat  man  
 deshalb  dem  ganzen Bau  die  eigenthümliche Benennung  gegeben.  Der Kiosk  _  
 bestand  seinem  Haupttheile  nach  aus  einer  reich  bemalten  Halle  mit  persischen  
 Wölbungen,  in  der Mitte  befand  sich  eine  sprudelnde  Fontäne  und  
 an  verschiedenen  Stellen  kleine  Wasserbecken.  Von  hier  aus  führt  eine  
 mit  Kiessand  bestreute  Allee  längs  einer  Wasserleitung  mit  Kaskaden  und  
 Terrassen  zu  einem  mächtigen Bassin,  hinter welchem  sich  das  einstöckige  
 eigentliche  Qasr  erhebt.  Der  schönste  Theil  desselben  ist  der  grofse  Saal;  
 sein  Wandfüfs  besteht  aus  Täbrizer  Marmor,  der  theils  vergoldet,  theils  
 mit  sauberen  und  schönen Sculpturen  bedeckt  ist.  Die  gewaltigen  Fenster,  
 theils  aus  bemaltem  Glase,  theils  aus  kleinen  bunten  Glasstucken,  ungemein  
 symmetrisch  und  mit  unverkennbarem Geschmacke  zusammengesetzt,  
 lassen  nur  matt  das  Tageslicht  in  den  Saal  fallen,  so  dafs  der  letztere  bei  
 grofser  Hitze  einen  ungemein  kühlen Aufenthalt  darbieten  mufs.  Den  oberen  
 Theil  der  Wände,  des  Saales  entlang  ziehen  sich  eine  Reihe  bunter  
 Darstellungen,  welche  die  Figuren  des  Schah,  seiner Kinder  und  der Hauptpersonen  
 seines Hofstaates  vorstellen  sollen.  Die  Portraits,  von  demselben  
 Maler  gemalt,  welchen  der  Schah  -seiner  weitern  Ausbildung  halber  nach