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 gehen  und  sich  durch  Geld  loskaufen.  Will  man  sich  im  Gegeritheil  mit  
 ihm  oder  mit  dem  Mörder  nicht  selber  befassen,  so  iibergiebt  man  ihn  
 dem  Scharfrichter,  der  ihn  auf  Kosten  jenes,  d.  h.  des  Mörders  oder  des  
 Uebelthäters,  tödtet,  das  Auge  ausreifst,  die  Hand  abhaut  u.  s. w. 
 Von  diesem  Tage  an  hörten  die Verbrechen  in  Teheran  eigentlich  gar  
 nicht  auf.  Am  11.  Januar  durchlief  eine  grauenvolle  Mordgeschichte  die  
 ganze  Stadt:  Ein  schwarzer  Ghobim (Leibdiener  zu  Pferde)  Ali-Kuli Khdn's,  
 welcher  mit  der  Tochter  des  Emir-toman  Mehmed,  Khan  verheirathet  war,  
 hatte  die  Verwegenheit,  während  der  Abwesenheit  seines  Herrn,  der  Frau  
 des  Hauses  unzüchtige  Anträge  zu  machen.  Da  sie  d ro h te ih r em   Vater  
 Alles  anzeigen  zu  wollen,  tödtete  er  sie  in  der  Wuth  mit  seinem  Dolche. 
 In der Nacht  vom  11.  zum  12. Januar  fand  ein  ganz  tüchtiger  Schneefall  
 Statt.  Als  ich  des  Morgens  aufwachte  und  durch  die  grofsen  Glasfenster  
 hindurch  den  ganzen  Hof  mit  einer winterlichen Decke  überzogen  sah,  kam  
 es, mir  beinahe  heimathlich  vor.  Um  zwölf  Uhr  Mittags  lag  der  Schnee  
 etwa  zollhoch,  doch  war  die  Kälte  im  Ganzen  sehr  mäfsig. 
 In  den  Bazaren,  da  wó  in  den  Buden Waffen  feilgeboten  werden,  sah  
 es  zu  der  Zeit  ungemein  lebhaft  aus.  r Wie  man  auf  .den  Dörfern  und  in  
 den  Städten  die  schweren Verluste  an  Menschen  in  Folge  der  Khorassaner  
 Niederlage  durch  neue Aushebungen  zu  ergänzen  suchte,  so.  that man  auch  
 das  Möglichste,  um  die  Verluste  an  Waffen  in  jeder  Weise  zu  cömpleti-  
 ren.  In  den  Bazaren  wurden  deshalb  alle  nur  möglichen Gewehre  zu  dem  
 Durchschnittspreise  von  anderthalb  Dukaten  aufgekauft,  wofür  der  Schah  
 natürlich  vier  bis  fünf Dukaten  pro  Stück  zahlen mufste.  „Gegessen“,  d., h.  
 lucrirt  wird  nun  einmal  bei  jedem  Geschäfte.  Einen  gewissen  Nutzen  
 hatte  die  Niederlage  in  sofern  für  die  persische  Regierung,  als  man  ein-  
 sehen  lernte,  dafs  ohne  eine  praktische  Anlage  von  Gewehrfabriken  das  
 Militairwesen' keine  Fortschritte  machen  könnte,  und  deshalb  dem  Chef  
 des  sogenannten  Arsenals,  MrURous,  einem'zur  französischen  Mission  gehörenden  
 Artillerie - Hauptmann,  freiere  Hand  liefs,  um  gründliche  Reformen  
 einzuleiten.  Das  gröfste  Hindernifs  für  eine  gedeihliche Entwickelung  
 derartiger  Anstalten  war  bisher  diejenige  Person  gewesen,  welche  sich  vor  
 den  übrigen  um  die  so  nothwendigen Reformen  hätte  kümmern  sollen,  der  
 Herr  Kriegsminister.  Erst  dann,  als  der  Schah,  aufs  Aeufserste  gereizt  
 durch  die Niederlage  in Khorassan,  auf  endliche  Thatsachen  drang  und  immer  
 wieder  drang,  gewann  das  Arsenal  unter. Leitung  des  genannten  Offiziers  
 seine  eigentliche  Bedeutung.  Die  persischen  Ai beitet,  wec  
 selbst  in  den  Werkstätten  beschäftigt  w a r e n , ' entwickelten  in  der  
 und Waffenfabrikation  eine’Geschicklichkeit  und  Fertigkeit,  wèlc  e  îe  o  
 angeführte  Bemerkung  wiederholt  bewies,  dafs  das  persische  Vo  sic  
 gleich  ausgezeichneter  Anlagen  erfreut,  so  dafs  es,  wenn  ihm  nur  von  
 oben  her  Gerechtigkeit  und  Ermunterung  zu  Theil  wird,  in  der  allgemeinen  
 Culturentwickelung  der Völker  eine hervorragende Rolle  spielen wurde. 
 Mr  R o n s   sorgte  dafür,  dals  der  Tagelohn  den  Leuten  unverkürzt  ausgezahlt  
 wurde,  erleichterte  durch  Aufkauf  von  Getreide  und  durch  Anlage  
 einer  Brodbäckerei  bei  der  herrschenden  grofsen  Theuerung  seinen  persischen  
 Arbeitern  den  Lebensunterhalt,  und  erwarb  sich  so  in  kurzer  Zeit  
 ebenso  fleifsige  und  geschickte,  als  dankbare  und  anhängliche  Arbeiter.  
 Von  Tag  zu  Tag  gingen  neue  Waffen  aus  dem  Arsenal  Teherans  hervor,  
 und  der  Schah  schien  so  erfreut  von  dem  günstigen  Fortgang  der  Fabrik,  
 dafs  er  jedesmal  persönlich  zugegen  war,  wenn  mit  neuen  Gewehren  
 Schiefsproben  angestellt  wurden.  Ich  darf wohl  nicht  erst  hinzufügeii,  dafs  
 das  System  der  Feuerschlofsgewehra  beseitigt  wurde, und  dafs  die  neuen  
 Schiefswaffen  (fusils  rayes)  mit  Percussionsschlössern-  versehen  wurden. 
 Sogar  eine  Zündhutfabrik  wurde  neben  dem  Arsenale  angelegt  und  mit  
 der  Leitung  derselben  hin   a n d e r e r   Franzose  der  genannten  Mission,  Mr. 
 L a u b i e r ,  betraut. 
 Man  könnte  die  Frage  aufwerfen,  weshalb  der Khorassaner Feldzug  so  
 unglückliche Erfolge  hatte,  trotzdem  beinahe  drei  Jahre  lang  die  aus  zwölf  
 Personen  bestehende  französische  Militair-Mission,  die  auf Ansuchen  des  
 Schah  vom  Kaiser  Napoléon  nach  Persien  beurlaubt  waren  und  unter  der  
 Direction  des  Lieutenant-Colonel  B r o n g n i a r t   standen,  die  persischen  
 Truppen  mit  der  französischen  Disciplin  und  mit  den  französischen  Exer-  
 citien  bekannt  gemacht  hatten.  Die  Gründe  liegen  für  Jedermann  auf  der  
 Hand,  der  persische  Militalrverhältnisse,  wenn  auch  nur  oberflächlich,  im  
 eigenen  Lande  kennen  gelernt  hat.  Nicht  der  persische  Soldat,  sondern  
 der  Offizier  ist  der  Krebsschaden,  an  welchem  die  gänzm Armee  leidet  
 und  so  lange  leiden  wird,  bis  es  nicht  gelungen  ist,  den  Offizieren  mih-  
 tairische  Begriffe-:  beizubringen,  oder  den  Soldaten  das  Avancement  zum  
 Offizier  zu  eröffnen.  Die  französischen  Offiziere  geben  einstimmig  das  
 Zeugnifs,  dafs  die  persischen  Soldaten,  welche  vor  ihrer  Ankunft  von  eng