Hakim durch den persischen Ordensgürtel mit blitzender Diamantagraffe
gekenntzeichnet, auf das Freundlichste entgegen und es entspann sich sehr
bald ein längeres und lebhaftes Gespräch, in welchem der Gouverneur nicht
undeutlich eine gewisse Belesenheit in den historischen Schriftstellern seines
Landes merken liefs. Er sprach hinter einander von Constantin, Be-
lisar, Justinian, von denen er in den Tartkh oder Geschichtswerken Kennt-
nifs genommen hatte, und verslieg sich schliefslich bis zum modernen Belgien,
von dem er manches gehört haben mufste, als während seiner vierjährigen
Amtsdauer im G-ilan die belgische Mission einen Abstecher dorthin
unternommen hatte. Viel lieber wäre es mir gewesen, statt aller
aufgetischten Geschichten vom alten und jungen Europa von einem Hakim.
der sich des besonderen Rufes als MudakhH-Ma.c\\ers, erfreut, etwas Näheres
über seine Beziehungen zu Iran zu vernehmen. Ich konnte wenig
mehr erfahren, als dafs er an dem Tage unseres abendlichen Besuches
den Weg von Teheran nach Zendschan in der Zeit von dreizehn Stunden
als Tschapdr zuriickgelegt hatte und dafs e r, allerdings viel interessanter
als jenes, Anführer der Truppen im Kriege des Schah gegen die fanatische
Sekte der Babi gewesen.
Nach ferneren gegenseitig ausgetauschten Höflichkeiten und Compli-
menten aller Art empfahlen wir uns dem Angedenken des Herrn Hakim
und kehrten durch Dick und durch Dünn mit obligater Begleitung und
Fackelbeleuchtung nach unserem Menzile zurück, wo die Armuth, wimmernd
und jammernd vor der Thür des Hofes kauerte und hinter den
Pferden Schutz vor den Hieben der Ferraschen des Ilakim suchte.
Am 6. April wurde später als wir dachten und wünschten, hauptsächlich
durch Schuld des Trihlel-rf-scher waddrs, der Stadt Valet zugerufen. Mehrere
Ferraschen, welche an der Spitze der Karawane vor unseren Pferden
einhermarschirten, liefsen sich erst durch ein dargereichtes Enäm bewegen,
sich nicht weiter auf der langweiligen Karawanenstrafse unsertwegen
zu bemühen und zu ihrer Stadt und zu ihren Familien heimwärtszukehren.
Von Zendschan aus führen zwei Wege nach der nächsten Station Nik-
kebeg: der eine, hala (oben), in der Richtung der Telegraph en-Stangen auf
der windigen, kalten Höhe, der andere, pain (unten), in der wärmeren
Tiefe längs des Ufers des Zendschan-tschai. Jener ist der Sommerweg,
dieser der Winterweg. Bald nachdem wir uns den Bergzügen genähert,
die, reichlich mit Schnee bedeckt, einen grofsen Bogen mit Vorbergen
bilden und eine Elevation von vier- bis zu achttausend Fufs haben mögen,
liefen uns, ähnlich wie am vorhergehenden Tage kurz vor unserm illustren
Einzug in Zendschdn, aus abseit gelegenen, elenden Erdhütten vom Aussatz
behaftete, von ihren Mitbürgern nach dem Gesetz ausgeschlossene
Leute entgegen, rannten fortdauernd neben unseren Pferden her und liefsen
nicht a b , mit lautem Rufen um eine milde Gabe zu betteln. Die kleine
Schaar bestand aus einem Manne, zwei Frauen und einem Kinde; bei
jedem Individuum war das Gesicht ein verschobenes Ineinander ekelhafter
Geschwülste, welche Augen, Nase und Mund kaum erkennen liefsen. Bald
darauf stiegen wir durch eine Art von Schlucht abwärts dem Flusse zu, der
eine Breite von etwa siebenzig Fufs haben mochte und dessen schmutzig
gelbes Wasser in starker Strömung dahin getrieben ward. An seinen hohen
Ufern, — 1 wir selber verfolgten den Weg auf dem rechten Uler, -
lagen zahlreiche Dörfer mit vielen Pappelgärtchen. Nach einem Ritte von
etwa anderthalb Stunden stiegen wÄ aufwärts, rechter Hand in das Bergland
hinauf und gelangten, die Ufer des rauschenden ßergstromes verlassend,
zu wellig geformten Hochebenen, wo trotz der brennenden Sonne
bei klarem blauen Himmel eine von den Schneebergen her wehende Brise
angenehme Kühlung verbreitete. Die Aussicht von der Höhe aus, wo viele
Felder bebaut werden, war ebenso schön als mannigfaltig, wenn auch das
eintönige, kahle Plateau selber wenig Reiz zur Augenweide darbot. Die
Scenerie auf der Landstrafse gewährte kaum mehr eine Unterhaltung auf
der langweiligen Reise: bald begegnete man Wanderern zu Rofs und zu
Fufs, Einzelnen und ganzen Gruppen, bald Maulthier- und Kameel-Karawanen;
allenthalten auf der Strafse zeigte sich der ekelhafte Anblick gefallener,
halb oder ganz aufgezehrter Thiere, an deren Gerippe Geier und
Raben herumnagten; in den Lüften schwebten Adler und Sperber, während
lustig zwitschernde Lerchen, mit ihrer Federkrone anf dem Haupte,
auf dem Boden vor uns im Grase herumhüpften und begierig nach Erdwürmern
suchten.
In einem Thale, durch welches in der Niederung ein Wässerlein dem
grofsen Zendschän-tschai über bewegliches Steingerölle hastig entgegeneilt,
machten wir auf halbem Wege Halt und brachen nach einer kleinen Stunde
Rast wieder auf. Bald zogen wir durch das baum- und wasserreiche Dorf
Jenkieh (oder Jengieh) , aus etwa fünfzig bis secliszig elenden Erdhütten
bestehend. Nach der Karawanenstrafse zu, welche dicht daran vorüber