nem Eintritt in den Palast begegnete, sein Unglück und beklagte sieb bitter
über die rohe Behandlung seiner Landsleute.
Der Schah war im höchsten Grade wüthend, als er die tobende Masse
des Volkes aufs Neue gegen seinen Palast losziehen sah; die Anwesenden
zitterten und bebten in seiner Gegenwart. Da trat in böser, verhängnii's-
voller Stunde zu seinem gröfsten Unglück der Polizeiminister von Teheran
in den Diwan ein. Der Schah fuhr auf ihn los und schrie den Ferraschen
das Schreckenswort Be tendb, d. h. „ au’s Seil!« zu. Dem Armen wurde
ein Strick um den Hals geworfen und in wenigen Minuten lag er erdrosselt
zu den Füfsen seines kaiserlichen Herrn. Die Leiche wurde vor der
Thüre des Palastes ihrer Kleider beraubt, an dem Schweife eines Pferdes
duich die kothbedeckten Strafsen und Bazare der Stadt geschleift und an
dem Maste auf dem ßichtplatz vor dem Neuen Thore oben an den Beinen
aufgehängt. Der Kopf des Armen lag auf dem Kichtsteine, der Körper
sah besudelt und von Wunden bedeckt aus und eine Masse Volkes umgab
neugierig doch theilnahmlos den Leichnam, der einen überaus scbeufslichen
Anblick darbot. Der Gouverneur der Stadt und sein Wezir Mi,sä, welche
die öffentliche Meinung als die eigentlichen wucherischen Urheber der
Theuerung bezeichnete, wurden ins Gefängnifs abgeführt, um Prozefs und
Strafe zu erwarten. Andere, wie den Altmeister der ßäckerzunft, zwei
Polizeileute und mehrere andere beraubte man einiger Gliedmaisen, und
Soldaten wurden nach den geöffneten Magazinen geschickt, woselbst das -
Mehl zu einem mäßigen Preise verkauft wurde, der von einem Mirza der
Regierung in den Bazaren öffentlich ausgerufen wurde. Der Preis des Brotes
sank bis drei Uhr Nachmittags auf sechszehn Sehahi, doch könnten
sich die Bäcker als geborene Perser nicht enthalten, statt eines, vollen BcCt-
mans nur drei Viertel zu liefern.
Es mul's den gefühlvollen europäischen Leser, welchem die Verhältnisse
des Orients und nun gar die des mittelasiatischen Orients unbekannt
sind, empören und sein innerstes Gefühl beleidigen, wenn er die Beschreibung
von Scenen, wie wir sie so eben wahrheitsgetreu geschildert haben,
verfolgt, indem er vergeblich versucht, sich Rechenschaft über die Motive
so grausamer Handlungsweisen zu geben. Allein man bedenke, dafs in
einem despotisch regierten Staate, dem aufser dem religiösen Gesetze kein
einziges Civilgesetzbuch als Grundlage der Gerechtigkeit zu Gebote steht,
ausschliefslich nur die F u r c h t es ist, welche drohenden Ereignissen gefahrvoller
Natur ein gebieterisches H a lt! zuruft und jedes weitere Ansinnen
zu thatsächlichem Vorwärtsschreiten auf der Stelle zurückschreckt.
Die Humanität darf die Frage aufwerfen: Mit welchem Rechte konnte der
Schah einen seiner ersten und ältesten Beamten ohne Verhör, ohne Untersuchung
einem so plötzlichen und entehrenden Tode weihen, während vielleicht
der Mann unschuldig oder wenigstens weit weniger schuldig, als
mancher andere neben ihm Stehende oder über ihm Stehende war? —
Allein hätte der Schah die halbe Bevölkerung von Teheran erdrosseln lassen,
es würde auf den übrigen Theil der Bevölkerung nicht denjenigen
Eindruck ausgeübt haben, welchen die schnelle Execution des Kelanürs
auf die- revoltirende Masse urplötzlich hervor brachte. Einen der ersten
Beamten des Schah, einen Graukopf, der dreifsig Jahre lang unter den
mannichfachsten Stürmen politischer Natur sein Amt behauptet hatte, einen
Mann, den die gesammte Bevölkerung, Grofs und Klein, kannte, dem
kaiserlichen Zorn in so blutiger Weise als Opfer fallen zu sehen, war für
die ganze Stadt ein schreckenerregendes Zeichen umzukehren und aus
F u r c h t zu gehorchen, wo kein G e s e tz Einhalt zu gebieten im Stande
war. Die durch die Strafsen Teherans geschleifte Leiche des Kelanter lieferte
den traurigen Beweis, dafs das Gesetz allein von der geheiligten
Person des asiatischen Fürsten getragen wird. Mehr als das geschriebene
Gesetz im Stande gewesen wäre, wirkte der schauderhafte Anblick ent-
muthigend auf die aufgeregte Bevölkerung, die sich angstvoll und zitternd
in ihre Häuser zurückzog, um bei hungrigem Magen darüber nachzudenken,
welch ein böser Dämon sie in die Burg des Unverletzlichen geführt
hatte. In ganz ähnlicher Weise gelang es einst dem Kronprinzen Muham-
med-Mirza eine zu Täbrtz in der Mitte des Monates Juli 1834 ausgebrochene
Empörung in Folge einer augenblicklichen Brottheuerung auf das Nachdrücklichste
zu dämpfen. Der Staatsrath v. T o r n a u hat davon folgende
Schilderung gegeben.
„Die Ankunft des Kronprinzen mit seinem Hofstaat in Tauriz (Täbrtz)
hatte eine Theuerung verursacht und die Brotpreise bedeutend erhöht. Mo-
hammedrMirza wufste -sehr wohl, dafs dieser Zustand seinen Grund nicht
in wirklichem Mangel an Getreide hatte, sondern nur aus den Wucher-
speculationen einiger Kaufleute, die alles Korn aufgekauft hatten, hervorgegangen
war, und befahl daher, die Brotpreise unverzüglich herabzu-
setzeu. Unterdessen hatten. aber die Bäcker ihre Buden schon geschlos