von zehn Stunden vor Meschhed- Murghdb an. Wir nahmen Quartier in der
Tschaparkhanöh des garstigen Dorfes und hatten hier Zeit und Mufse genug,
den Rest des Tages über an die Unterschiede von Sonst und Jetzt reiflich
nachzudenken. Besondere Ereignisse, wie bei unserem ersten Aufenthalte
in diesem Dorfe, traten zum grofsen Glücke nicht ein.
Der Weg nach Dehebid wurde in der folgenden Nacht um zwei Uhr
eingeschlagen. Der Tschenvadär war zu einem Tyrannen geworden, der
uns nicht einmal Nachts die so nöthige Ruhe gönnte. Zunächst verfolgte
die Karawane den Weg, den sie von Kazidn hierher zurückgelegt hatte.
Wir zogen über die Hügel linker Hand von Murghdb, verfolgten eine traurige
Strafse, die sich durch nichts als durch den besonderen Steinreichthum
auszeichnete, und hatten nach einem Ritte von anderthalb Stunden das
Glück, die Quelle des Ab-i-Meschhed-Murghäb in allernächster Nähe kennen
zu lernen. Das Gegengewicht dieser Freude sollte nicht fehlen. Der Weg
wurde von Minute zu Minute zusehends steiler, die Steine unter den Fiifsen
der Thiere spiegelglatt, Felsblöcke versperrten alle zehn Schritt die regel-
mäfsige Passage, mit einem Worte der Weg wurde so toll, dafs es kein
Wunder nahm, als der Hüter einer mir vom Dr. F a g e r g r in in Schiraz
verehrten mächtigen Flasche, die wohl an fünfzehn Quart persischen Weines
enthielt, das grofse Unglück hatte, mit sammt der Flasche vom Saumthiere
zu stürzen. Er hatte sich keinen Schaden gethan, desto mehr die Flasche,
deren kostbarer Inhalt die Felsenstrafse so nutzlos bespülte. Nachdem wir
auf so unwegsamen Pfaden wohl eine Stunde lang durch den Engpafs, der
von den Persern Teng-i-Khunekergun genannt ward, gewandert waren, ohne
von dem Raubgesindel belästigt zu werden, das nach den Angaben unseres
Tscherwadärs senior in dieser Gegend hausen soll, erstiegen wir eine Hochfläche,
rings von Bergwänden eingeschlossen,.'mit einem Dorfe im Hintergründe
links von der Strafse. Die Kälte war wieder einmal so empfindlich,
dafs wir auf den Pferden wie steifgefroren dasafsen, kaum im Stande,
abzusteigen, um im schnellen Schritt zu Fufs zu marschiren. Ein lang
gewundener steiniger Weg führte von der eben erwähnten Hochfläche aus
nach einem in der Tiefe liegenden Plateau, das, wie immer, rings von
Bergketten umschlossen war, sich aber weit auszudehnen schien. Trotz
seiner abwechselnden Formen, eine Folge vieler Unebenheiten des Terrains,
sah es dennoch entsetzlich traurig aus. Die dürren ßo^Ä-Sträuchei,
mit denen die Perser hier zu Lande zu brennen pflegen, bedeckten in ganzer
Ausdehnung die Fläche, vermehrten aber nur durch ihren Anblick die
Eintönigkeit der Gegend. In der Nähe der soliden, aus Felssteinen aufgeführten
Karawanserai im Grunde (in einer Entfernung von drei Fersach
von Murghdb aus), mit'einem lebendigen Wasser daneben, spaltet sich die
Strafse in zwei Wege. Der eine, linker Hand seine weifsen Furchen weiter
ziehend, führt nach Kazidn (hier auch Qaziün gesprochen, drei Meilen
in grader Linie von Dehebid entfernt). Unsere Weiterreise auf der Strafse
rechter Hand war durch die furchtbarste Langeweile bemerkenswerth, da
die ganze Gegend fortdauernd das Bild einer öden, unfruchtbaren Wüstenei
darbietet, nicht einmal ausgezeichnet durch malerische Gebirgsformen.
Warum die Karawane grade diese Strafse nach Dehebid einschlug, und
nicht auf dem bei weitem unterhaltenderen Weg über Kazidn ging, hatte
seinen triftigen Grund. Das letztgenannte Dorf ist so hoch gelegen, dafs
das Wasser daselbst in der Jahreszeit / in welcher wir reisten, bereits zu
Eis gefroren war. Dehebid dagegen gehört noch dem Germesir, dem „warmen
Striche“ an, obgleich auch da einen Monat später grofse Kälte und
massenhafte Schneefälle auf dem ganzen Plateau sein sollen. Dehebid ist nur
eine armselige Karawanserai mit einem Posthause in der Nähe. Das letztere
gewährte uns das Menzil für den 28. October. Zwischen beiden liegen die
Reste eines sehr solid aus Erdziegeln aufgeführten Kastelles, das die Regengüsse
in einen schwarzen unförmlichen Erdhaufen verwandelt haben.
Eine Menge unterirdischer Höhlen ziehen sich in langer Linie in dem Con-
glomerat-Boden vor dem Kastell fort. Die Paar Bewohner des Posthauses,
freundliche Perser, erzählten mir sehr ausführlich, es habe hier in Olim's
Zeiten eine grofsmachtige Stadt gestanden, deren Reste unter der Erde in
vielfachen Spuren verborgen lägen. Das alte Kastell sei ein Qasr gewesen
uud da es den Namen Bahrdm-gur führe, wahrscheinlich von diesem persischen
Nimrod erbaut worden.
Ich kann bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen, eine Anecdote zu
erzählen, welche sich auf Bahrdm-gur d. h. auf Bahrdm den „wilden Esel“
bezieht. Ein solcher Titel hat etwas Lächerliches für einen, der den persischen
Anschauungen ferne steht. Es ist aber thatsächlich ein Ehrentitel,
der dasselbe besagt, als ob Bahrdm, sein Träger, den Zunamen des Löwen
erhalten hätte. Der wilde Esel, gür oder dschur, ist ein tapferes, schnellläufiges
Thier, das in der Gefangenschaft schwer zu zähmen ist. Der
englische Gesandte zu Teheran, Mr. A lis o n , besafs ein solches Exemplar,