und mit ihm dreifsig Menschen und die ganze Ladung. Nur mit genauer
Noth entging der Sul ly, welcher auf den Grund gerathen war, einem ähnlichen
Schicksal. Ein fünf Fufs hoher Schnee hemmte dazu alle Communica-,
ti°n von Trapezunt aus mit Persien. Die Gebirge und Ebenen von Erzerum
waren vollständig unwegsam geworden, so dafs der türkische, an den Hof
von Teheran bestimmte Gesandte, Heidar Effendi, bereits seit Wochen in
Erzerum eingeschlossen safs und vergeblich von Tag zu Tag den Augenblick
seiner Weiterreise erwartete.
In der zweiten Hälfte des Monats März hatten wir vollauf zu thun da
mir die amtliche Aufforderung von Berlin aus zugekommen war, mit dem
übrigen Personal der Mission Teheran und Persien in möglichst kurzer
Frist zu verlassen. Die Habe des Ministers v. Minuto l i , unser eigenes
geringes bewegliches Mobiliar, die Pferde und was wir sonst besafsen,
mufste so schnell wie möglich verkauft werden, und wir wählten dazu den
in Persien allein üblichen Weg der öffentlichen Versteigerung (hen-ddsch
kerdèrì). Gedruckte Zettel in persischer Sprache wurden eine Woche vor
dem angeselzten Termin in Teherän durch den Delläl Nasrullah verbreitet,
der zugleich das Geschäft des Auctionators gegen eine gewisse Tantième
übernommen hatte. Die ganze nichts weniger als angenehme Angelegenheit
lieferte neue Zeugnisse gewisser Grundeigenthümlichkeiten im persischen
Charakter, so dafs ich offenherzig gestehen mufs, trotz der düsteren
Stimmung, die über Teherän schwebte, während des Herrddsch
(Auction) mich etliche Male vor Lachen geradezu ausgeschüttet zu haben.
Wir hatten das Unglück, dafs die Versteigerung beinahe gleichzeitig mit
dem öffentlichen Verkauf der Mobilien des französischen Gesandten, Baron
v. P i c h o n , stattfand, der gleichfalls in wenigen Tagen Teherän verlassen
wollte, um über Trapezunt nach Frankreich zurückzukehren, begleitet
von seiner Familie und etlichen Herren der französischen Mission, so wie
von dem von plötzlicher Russophobie befallenen Dragoman unserer Gesandtschaft.
Die kauflustigen Perser kamen des Ramazdn wegen ziemlich spät, die
Vornehmen gar zu allerletzt. Dennoch füllte sich schliefslich der zweite
Hof unseres Hauses so zusehends mit kauflustigen oder neugierigen Leuten
dafs unsere Ferraschen alle Hände voll zu thun hatten, um die so nöthige
Aufsicht während der Versteigerung zu führen. Meister Nasrullah hatte
einen erhöhten Standpunkt eingenommen, pries in den erhabensten Ausdrücken
den Werth eines jeden Gegenstandes und modulirte sein jek! dutal
seh! (eins, zwei, drei) in der bewundernswerthesten Weise. Die Art, einen
beliebigen Gegenstand in der Auction zu erstehen, ist hier zu Lande wunderbar
genug, aber acht national. Der Perser trennt sich so schwer von
seinem Gelde, dafs, hat er hundert zu zahlende Tomdn vor sich liegen,
er lieber seinem Schuldner Thee, Kaliun und lange Redensarten zum Besten
giebt, nur um sich möglichst spät von seinem Golde zu trennen. Bei
der Versteigerung nimmt der Meistbietende den Gegenstand seiner Wahl
in Empfang, ohne gleich zu zahlen; man begnügt sich seinen Namen aufzuschreiben,
und das Geld wird drei bis vier Tage später von dem herumwandernden
Auctionator mit Hängen und Würgen eingezogen. Je dummer
und unbegreiflicher das fränkische Ding für die Perser war, je toller
überbot man sich, je solider und nützlicher es war, je weniger zeigte man
Kauflust. Beispielsweise ging ein Pulverhorn, das ich in Berlin neu für nur
zehn Silbergroschen gekauft hatte, unterweges aufserdem noch geborsten
war, für fünf Qrdn und zehn Schahi, d. h. für 1 Thaler 25 Silbergrosehen an
seinen persischen Käufer über, und ein Paar plattirte Epauletten, die etwa
3 Thaler Werth hatten, gar für 7 Dukaten. Ich kann bei dieser Gelegenheit
eine sehr spafshafte Geschichte nicht unerwähnt lassen, die sich an
dem zweiten Tage der Versteigerung mit einer asiatischen Hoheit und
einem im Dienste einer europäischen Gesandtschaft stehenden Dragoman
zutrug. Der Prinz hatte Lust, zwei Dutzend Leder-Handschuhe zu erstehen,
und da der gemeinte Dragoman ein gleiches Begehr nach denselben
zeigte und dies durch ein höheres Gebot kundthat, so machte
ihm die Hoheit den Vorschlag, dafs er nicht weiter gehen sollte; er
würde die Handschuhe kaufen, um dieselben um die Hälfte des Gebotes
mit ihm zu theilen. Nachdem der Dragoman darauf eingegangen war, erstand
die Hoheit die Handschuhe für achtzehn Grän, überreichte das eine
Dutzend dem Dragoman und forderte dafür statt der ausbedungenen Hälfte
des Kaufgeldes d ie g anze Summe von a c h t z e h n Grän! Der Europäer,
entrüstet über diese Wortbrüchigkeit, bemerkte der geschäftskundigen
Hoheit vor allen Leuten, dafs eine solche Handlung keines Schahza-
ddh, d.h. Fürstensohnes, sondern eines Haramzadeh’s, welches Wort ich
anstandshalber unübersetzt lassen will, würdig sei. Dies Compliment erregte
allgemeine Fröhlichkeit, ohne weitere Folgen nach sich gezogen
zu haben. — Nasrullah war unermüdlich. Wenn er mit seinem lauttönenden