Freude haben sollte, die persönliche Bekanntschaft sämmtlicher Honoratioren
auf seiner persischen Rundreise zu machen. Der Na'ib, ein sehr
freundlicher und gefälliger Mann, erzählte allerlei von seinem Orte, dem
er ein hohes Alter und eine besondere Abstammung vindicirte, die am
schlagendsten durch den in Khonsar allein gesprochenen eigentümlichen
Dialekt bewiesen würde. Nach den persischen Geographen producirt
Khonsar (auch Khanisar geschrieben) eine eigene Art von Aepfel (die
Kheldti), ausgezeichneten Honig und eine Art von Manna, das unter dem
Namen Göz in den Handel kommt und von den persischen Conditoren vielfach
verwendet wird. Noch können wir zum Schlüsse aus eigener Anschauung
hinzufügen, dafs Khonsar der erste persische Ort war, in welchem
wir den Bau der TWmK-Tabackpflanze zu beobachten Gelegenheit fanden.
Auf den Wiesen waren die Leute damit beschäftigt, die grofsen Blätter der
in Rede stehenden Pflanze sorgfältig auszubreiten und sie von der Sonne
trocknen und dörren zu lassen.
Das war ein trauriger Sonntag, der 23. September! Wir marschirten
anfänglich bei einer nächtlichen Kälte, dafs einem die Zähne im Munde
klapperten, sechs lange Stunden, um den fünf Fersach von Khonsar in südlicher
Richtung ab gelegenen Ort Dumbeneh zu erreichen. So erfrischend
und anmuthig das Quartier des vorhergehenden Tages erscheinen mufste,
so niederschlagend und trostlos war es an dem folgenden. Dumbeneh ist
ein sonniges., baumloses, elendes, zerfallenes Nest. Um es zu erreichen,
ritten wir durch ein wüstes, unwirthbares Gebirgsland, wo fast keine Spur
vegetativen Lebens den ängstlich suchenden Blick erfreute. Nur ein holziger
krüppliger Strauch mit dornigen Blättern von einem bis drittehaib
Fufs Höhe wächst in der Nähe des Kuh-i-Khonsar oder „Berges von Khonsar“.
Das Holz darf aber in keiner Weise weder gebrochen, noch zum
Brennen benutzt werden, da der Strauch nesr-kerdeh d. h. behext ist, wie
die Leute glauben, und Blutstropfen hervorrinnen, sobald eine Frevl_erhand
einen Zweig losbricht. Die Sagen von dem Blute der Bäume und Sträuchen
reichen1 bis in die Urzeit hinauf und sind ein Gemeingut der ganzen
indogermanischen Völkergruppe. Der Weg in dem breiten Thale, der zunächst
vom lieblichen Khonsar aus über einen zungenartig vorgeschobenen
niedrigen Felsenrücken führt, bietet keine andere Aussicht, als rechts und
links hohe Bergwände, die Thalebene einmal linker Hand durch eine einsam
stehende Karawanserai, ein ¿andermal, rechter Hand, durch ein ebenso
![traurig-wüstes Dorf, als Dumbenih ist, in wenig erfreulichem Wechsel unte
rb ro c h e n . Der Weg nach unserem Menzile wurde durch einen isolirt
» te ile n d e n Felsenkegel bezeichnet, hinter dem ein Wässerlein Hofs, von dem
»w ied e r jenseit, ganz versteckt durch den Berg, das Dorf liegt. Eine herrl
i c h e Karawanserai, auf glatt behauenen Granitblöcken ruhend, am Ende
■ d e r Ortschaft, schien uns ein wünschenswerthes Unterkommen zu gewäh-
■ — Leider war sie im Innern ganz zerfallen, von barbarischer Hand zer-
■ stü rt, mit so viel Unftath erfüllt, dafs schliefslich nichts übrig blieb, als in
■ dem Dorfe ein Nachtquartier zu suchen. Ein armer alter Bauer bot uns
■ se in elendes Gehöft an und schnell hatten wir uns in einem schmutzigen, ver-
■räucherten, von herabhängenden' Spinngeweben erfüllten Loche so gut es
■[gehen wollte häuslich niedergelassen. Der Alte fing sehr bald an redselig
.zu werden, und es dauerte nicht lange, so wufsten wir die ganze moderne,
■Geschichte vom rühmlosen Dumbeneh. Die ganze Bewohnerschaft war vor
» e tw a dreifsig Jahren mit Saok und Pack ausgewandert, als ungeheure Heu-
»schreckenSchwärme zu wiederholten Malen die Feldfrüchte zerstörten, und
9 hatte anderwärts ihr Heil versucht. Sehnsucht nach der Heimath hatte sie
■ neuester Zeit wieder zurückgeführt, ihre Häuser waren aber mittlerweile
■ zerfallen, sie mufsten den Schwalbenbau von neuem beginnen, und da
■safsen sie wieder, um kein Haar breit besser daran oder- vergnügter, als
■ s ie es je früher gewesen waren.
DumbenbK liegt ein wenig auf der Höhe, -wie. auf e inem Schuttberge,
■ und gewährt eine ziemlich freie Aussicht nach der umliegenden Gegend.
■ Steht man so, - dafs man mit dem Gesicht nach der Wasserader und dem
■ obenbeschriebenen Bergkegel.hinschaut:, ;so öffnet sich linker Hand,-nach
1 Westen zu,, ein breites, von mächtigen'Querketten eingeschlössenes Thal,
I von weitem wenigstens grün ünd frisch aussehend, und einen mefk-
I würdigen Gegensatz zu der todteii Gegend von Dumbeneh bildend. In
■ der Nähe-einer gut erhaltenen, stattlichen Karawanserai)-umkränzt von
■ Gärten und Pappelanlagen, liegt da zwischen grünschimmernden Fel-
I dern das Dorf Feridün, das ich für den heutigen Tag seines lustigen Aus-
f sehens halber ordentlich beneidete. In Dumbeneh wurde der Aufenthalt
1I um so trauriger,1 als eine Unzahl von Fliegen uns äufserst lästig wurden, 1 und wir alle uns mehr und weniger krank und unwohl fühlten. Von einem
I solchen Menzil sehnt man sich natürlich so bald wie möglich fortzukom-
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