Sieben lange Fersach wurden am nächsten Tage (d. 11. October) in
zehn Stunden ohne Rast bis Dälli - Na.zer zurückgelegt. Der Weg führte
über einen gräulichen Pafs von nahe 7,000 Fufs Höhe durch wildromantische
Felsparthieen, die einem rauhen, unfruchtbaren Massengebirge angehörten.
Auf den dürren Hochflächen hatten Hat, ächtes Perservolk aus
Fars, ihre dunklen Zelte aufgeschlagen; ziemlich unbekümmert um die
fremden Reisenden liefsen sie unsere lange Karawane ganz in der Nähe
ihrer traurigen Hütten vorüberziehen. Das oben bereits genannte Dorf ist
befestigt und von einem häfslichen Volke" bewohnt. Ich war dem Sterben
nahe, beinahe unfähig, mich ferner noch auf dem Pferde zu halten. Die
engen Löcher unserer Wohnung, mit Schmutz und Rauch, erfüllt, die
schreienden und lärmenden Kleinen, die sich zwischen den Heerden herumtummelten,
verkümmerten die so nothwendige Ruhe in arger Weise.
Ueber ein welliges Hügelland führte die Karawanenstrafse nächsten
Tages, fast immer dem Laufe eines vielfach gewundenen Baches folgend,
vier Fersach weiter südlich nach der Qal'a Qaziun, wie das vorige Dorf
ein fester Platz wandernder Nomaden. Die Heiterkeit des Tagemarsches
lag neben seiner Kürze, so wohlthätig für die Stimmung, in dem Anblick
hellgrünen Gesträuches, das in der Nähe des Wassers bis zu halber Mannshöhe
üppig emporgeschossen war und unwillkührlich an den grünen Uferschmuck
der Kura in der sonst .so traurigen Karaja-Steppe erinnerte. Die
Qal’a ist hoch gelegen und bietet von weitem, aber auch nur von weitem,
einen recht schmucken Anblick dar. Der Farbenzauber der persischen
Luft läfst die scheinbar so malerische Bergfeste in dichter Nähe zu
einem schmutzigen Erdklumpen auf sandigem Hügel zusammenschrumpfen.
Die Sonne schien bei unserer Ankunft mit mildem Strahle, und doch war
es den vorangegangenen Theil des Tages so kalt gewesen, dafs sich an
dem ledernen Wasserschlauch unseres Abddr k l e i n e Ei s z a p f e n gebildet
hatten. Wunderbar wie im Menschen, so sind auch in der ganzen übrigen
Natur des persischen Landes die Gegensätze schroffster Art.
Wir hielten unseren Einzug in Qaziun, anfänglich, ohne es zu wissen,
auf den Dächern einer Reihe von Hütten, die in einem Nebelhügel vor der
Qal’a eingegraben waren. Die Anwesenheit grofser Glasstücke, die in der
Mitte runder, mit dem Erdboden gleichfarbiger flacher Dachkuppeln als
Fenster angebracht waren, erinnerte uns erst* an das Dasein menschlicher
Wohnstätten und Wesen unter uns, die voller Schrecken aus ihren Erdlöchern
hervorstüfzten, um sich von dem ungewohnten Lärmen auf ihrem
Dache zu überzeugen. Sie umstanden uns voller Verwunderung, aber zutraulich
nach Art der Ilat und geleiteten uns die wenigen Schritte bis zum
Eingangsthor der eigentlichen Qal’a , aus welcher ein würdiger Greis in
Gesellschaft der Aeltesten des Dorfes .hervorschritt, um in seiner Eigenschaft
als Kedkhodd die fremde Gesandtschaft nach Landessitte zu be-
grüfsen, zugleich aber als devotes Zeichen seiner besonderen Verehrung
einen Sack mit rothen Granatäpfeln Sr. geehrten Excellenz zu Füfsen zu
legen. Dafs diese seltsame Gabe morgenländischer Gastfreundschaft, welche
später einmal allein übertroffen wurde durch ein unterthänigstes Pischkesch
einer Viertelmetze Kartoffeln; nach der Gesinnung des Gebenden auf das
gebührendste abgeschätzt wurde, müssen wir um deshalb schon hinzufügen,
als der freundliche Spender der Gabe den äufseren Werth seines Geschenkes,
den Sack abgerechnet, auf acht Schahi oder etwa drei und einen
halben Silbergroschen veranschlagte. Im Hause des Kedkhodd, das im günstigsten
Falle Und bei bescheidenen Ansprüchen an den Rang einer europäischen
Scheune voller Rumpeleien heranreichte, für die Ilat indefs so
etwas wie ein Palläst war, schlugen wir Frengi-Reisende in allen Ficken
unsere Lagerplätze auf. Der Minister und sein Neffe Herr v. Grolman
auf einem Haufen Getreide, meine Wenigkeit mit den Dienern in einer
stockfinstern, verräucherten Kammer, in welcher der Besitzer auf meine
Bitte sofort ein Fenster anbringen liefs. Sein Bube mufste von aufsen auf
das Kuppeldach hinaufsteigen, mit einem eisernen Nagel ein Loch hineinschlagen,
grade über der Stelle meines Schmerzenslagers, so dafs mich das
persische Mauermaterial vollständig überschüttete und ;— das Fenster war
fertig. Ich hatte nun freilich Licht und Luft, dafür aber als wenig wün-
sehenswerthe Zuthat das Vergnügen, alle Augenblick ein persisches Weiberoder
Kindergesicht zu erblicken, das unter lautem Kichern die ganze Rundung
des Loches einnahm'und meine wunderbare Frengigestalt ein wenig
näher in Augenschein nahm. Nachdem ich mich an diese Freude bereits
einigermafsen gewöhnt' h a tte , ward mir der gewifs unerwartete Besuch
eines ^ Arztes zu Theil, der- durch unsere persische Diener von meinem
elenden Zustande gehört haben mufste und mich um jeden Preis von meinen
Leiden zu befreien kam. Der Arzt, der mit bemerkbarer Zuversicht
sich mir näherte, trug die Kleidung eines ächten Nomaden, sah so gebräunt
und schmutzig wie die Söhne der Ilat aus, nur ein gewisses Etwas in sei-
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