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 zehn  Stunden  ohne  Rast  bis  Dälli - Na.zer  zurückgelegt.  Der  Weg  führte  
 über  einen  gräulichen  Pafs  von  nahe  7,000  Fufs  Höhe  durch  wildromantische  
 Felsparthieen,  die  einem  rauhen,  unfruchtbaren  Massengebirge  angehörten. 
   Auf  den  dürren  Hochflächen  hatten  Hat,  ächtes  Perservolk  aus  
 Fars,  ihre  dunklen  Zelte  aufgeschlagen;  ziemlich  unbekümmert  um  die  
 fremden  Reisenden  liefsen  sie  unsere  lange  Karawane  ganz  in  der  Nähe  
 ihrer  traurigen  Hütten  vorüberziehen.  Das  oben  bereits  genannte Dorf  ist  
 befestigt  und  von  einem  häfslichen  Volke" bewohnt.  Ich  war  dem  Sterben  
 nahe,  beinahe  unfähig,  mich  ferner  noch  auf  dem  Pferde  zu  halten.  Die  
 engen  Löcher  unserer  Wohnung,  mit  Schmutz  und  Rauch,  erfüllt,  die  
 schreienden  und  lärmenden Kleinen,  die  sich  zwischen  den Heerden herumtummelten, 
   verkümmerten  die  so  nothwendige  Ruhe  in  arger  Weise. 
 Ueber  ein  welliges  Hügelland  führte  die  Karawanenstrafse  nächsten  
 Tages,  fast  immer  dem  Laufe  eines  vielfach  gewundenen  Baches  folgend,  
 vier  Fersach  weiter  südlich  nach  der  Qal'a  Qaziun,  wie  das  vorige  Dorf  
 ein  fester  Platz  wandernder  Nomaden.  Die  Heiterkeit  des  Tagemarsches  
 lag  neben  seiner  Kürze,  so  wohlthätig  für  die  Stimmung,  in  dem  Anblick  
 hellgrünen Gesträuches,  das  in  der Nähe  des Wassers  bis  zu halber Mannshöhe  
 üppig  emporgeschossen  war  und  unwillkührlich  an  den  grünen  Uferschmuck  
 der  Kura  in  der  sonst  .so  traurigen  Karaja-Steppe  erinnerte.  Die  
 Qal’a  ist  hoch  gelegen  und  bietet  von  weitem,  aber  auch  nur  von  weitem, 
   einen  recht  schmucken  Anblick  dar.  Der  Farbenzauber  der  persischen  
 Luft  läfst  die  scheinbar  so  malerische  Bergfeste  in  dichter  Nähe  zu  
 einem  schmutzigen  Erdklumpen  auf  sandigem Hügel  zusammenschrumpfen.  
 Die  Sonne  schien  bei  unserer  Ankunft  mit  mildem  Strahle,  und  doch  war  
 es  den  vorangegangenen  Theil  des  Tages  so  kalt  gewesen,  dafs  sich  an  
 dem  ledernen Wasserschlauch  unseres Abddr  k l e i n e   Ei s z a p f e n   gebildet  
 hatten.  Wunderbar  wie  im Menschen,  so  sind  auch  in  der  ganzen  übrigen  
 Natur  des  persischen  Landes  die  Gegensätze  schroffster  Art. 
 Wir  hielten  unseren Einzug  in  Qaziun,  anfänglich,  ohne  es  zu  wissen,  
 auf  den Dächern  einer Reihe  von Hütten,  die  in  einem Nebelhügel  vor  der  
 Qal’a  eingegraben  waren.  Die Anwesenheit  grofser Glasstücke,  die  in  der  
 Mitte  runder,  mit  dem  Erdboden  gleichfarbiger  flacher  Dachkuppeln  als  
 Fenster  angebracht  waren,  erinnerte  uns  erst* an  das  Dasein  menschlicher  
 Wohnstätten  und  Wesen  unter  uns,  die  voller  Schrecken  aus  ihren  Erdlöchern  
 hervorstüfzten,  um  sich  von  dem  ungewohnten  Lärmen  auf  ihrem  
 Dache  zu  überzeugen.  Sie  umstanden  uns  voller  Verwunderung,  aber  zutraulich  
 nach Art  der Ilat  und  geleiteten  uns  die  wenigen  Schritte  bis  zum  
 Eingangsthor  der  eigentlichen  Qal’a ,  aus  welcher  ein  würdiger  Greis  in  
 Gesellschaft  der  Aeltesten  des  Dorfes  .hervorschritt,  um  in  seiner  Eigenschaft  
 als  Kedkhodd  die  fremde  Gesandtschaft  nach  Landessitte  zu  be-  
 grüfsen,  zugleich  aber  als  devotes  Zeichen  seiner  besonderen  Verehrung  
 einen  Sack  mit  rothen  Granatäpfeln  Sr.  geehrten  Excellenz  zu  Füfsen  zu  
 legen.  Dafs  diese  seltsame Gabe morgenländischer Gastfreundschaft,  welche  
 später  einmal  allein  übertroffen  wurde  durch  ein  unterthänigstes  Pischkesch  
 einer  Viertelmetze  Kartoffeln;  nach  der  Gesinnung  des  Gebenden  auf  das  
 gebührendste  abgeschätzt wurde,  müssen  wir  um  deshalb  schon hinzufügen,  
 als  der  freundliche  Spender  der  Gabe  den  äufseren  Werth  seines  Geschenkes, 
   den  Sack  abgerechnet,  auf  acht Schahi  oder  etwa  drei  und  einen  
 halben  Silbergroschen  veranschlagte.  Im Hause  des  Kedkhodd,  das  im  günstigsten  
 Falle  Und  bei  bescheidenen  Ansprüchen  an  den  Rang  einer  europäischen  
 Scheune  voller  Rumpeleien  heranreichte,  für  die  Ilat  indefs  so  
 etwas  wie  ein  Palläst  war,   schlugen  wir  Frengi-Reisende  in  allen  Ficken  
 unsere  Lagerplätze  auf.  Der  Minister  und  sein  Neffe  Herr  v.  Grolman  
 auf  einem  Haufen  Getreide,  meine  Wenigkeit  mit  den  Dienern  in  einer  
 stockfinstern,  verräucherten  Kammer,  in  welcher  der  Besitzer  auf  meine  
 Bitte  sofort  ein  Fenster  anbringen  liefs.  Sein  Bube  mufste  von  aufsen  auf  
 das  Kuppeldach  hinaufsteigen,  mit  einem  eisernen  Nagel  ein  Loch  hineinschlagen, 
   grade  über  der Stelle  meines  Schmerzenslagers,  so  dafs  mich  das  
 persische  Mauermaterial  vollständig  überschüttete  und  ;—  das  Fenster  war  
 fertig.  Ich  hatte  nun  freilich  Licht  und  Luft,  dafür  aber  als  wenig  wün-  
 sehenswerthe Zuthat  das Vergnügen,  alle Augenblick  ein persisches Weiberoder  
 Kindergesicht  zu  erblicken,  das  unter  lautem Kichern  die  ganze Rundung  
 des  Loches  einnahm'und  meine  wunderbare  Frengigestalt  ein  wenig  
 näher  in  Augenschein  nahm.  Nachdem  ich  mich  an  diese  Freude  bereits  
 einigermafsen  gewöhnt' h a tte ,  ward  mir  der  gewifs  unerwartete  Besuch  
 eines  ^  Arztes  zu  Theil,  der-  durch  unsere  persische  Diener  von  meinem  
 elenden  Zustande  gehört  haben  mufste  und  mich  um  jeden Preis  von  meinen  
 Leiden  zu  befreien  kam.  Der  Arzt,  der  mit  bemerkbarer  Zuversicht  
 sich  mir  näherte,  trug  die Kleidung  eines  ächten Nomaden,  sah  so  gebräunt  
 und  schmutzig  wie  die  Söhne  der Ilat  aus,  nur  ein  gewisses Etwas  in  sei- 
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