
 
        
         
		Zieht  man  vom  Kyros-Grabe  nach  der  eigentlichen  Stadtruine  zu,  so  
 bleibt  linker  Hand  das  Dorf  liegen,  aus  welchem  der  Rest  eines  alten  soliden  
 Quadersteinbaues  sofort  in  das  Auge  fällt,  die  sogenannte  Karawanserei  
 oder,  wie  mir  die  Dörfler  sagten,  die  Madrasseh  d.  h.  Schule.  Wenn  
 nicht  das  letztere  Wort  so  viel  als  heiliges  Gebäude  bezeichnen  soll,  so  
 weifs  ich  in  der  That,  wie  ich  mir  eine  Schule  beim  Kyros-Grabe  mitten  
 unter  den  liât  vorzustellen  habe.  Anzunehmen ist es,  dafs  hier  eine Wohnstätte  
 vom Baumeister  des  persischen Königsgrabes  aufgeführt worden  war,  
 die  später,  in  der  arabischen  Epoche,  zu  einer  Karawanserai  umgestaltet  
 worden  ist.  Vielleicht,  dafs  an  dieser  Stelle  die Wohnung  der  Magier  gewesen  
 ist,  welche  das  Grab  des Kyros  zu  bewachen  hatten.  Da  hätte  die  
 Madrasseh  dann  allerdings  einen  guten  und  richtigen  Sinn.  Ein  Viertelstündchen  
 weiter,  der  Hügelreihe  entgegen,  wird  der  Boden  von  Schritt  
 zu  Schritt  klassischer  d.  h.  trümmerreicher.  Die  Strafse  ist  wie  besät  mit  
 zerschlagenen  und  zerbrochenen  Werksteinen  antiken  Ursprunges,  die  
 sämmtlich  zu  den Bauten  des Begründers  von Pasargadä  gehörten  und,  soweit  
 sie  gegenwärtig  noch  zerstreut  auf  dem Boden  umherliegen,  den Umfang  
 der  alten  Tempelanlage  des  Kyros  bezeichnen.  Mitten  unter  den  
 Resten  der  Grundmauern,  der  Säulen  und  Thore  machen  sich  vor  allen  
 zwei  Denkmäler  bemerkbar  und  haben  von  jeher  die Aufmerksamkeit aller  
 Reisenden  erregt.  Das  eine,  ein  Pfeiler  mit  einem  Marmorblock  von,gewaltigen  
 Dimensionen,  zeigt  uns  in  Reliefarbeit  das  Bild  des  vergötterten  
 Kyros  in  einer  Auffassung,  die  einerseits  an  Assyrien,  andererseits  entschieden  
 an  Aegypten  erinnert.  Dazu  noch  vier  „windmühlenförmig“  gestaltete  
 Flügel  am  Leibe  des  grofsen  Königs,  über  welchem  sich  folgende  
 Inschrift  in  Keilschriftzeichen  befindet: 
 Adam  K ’ur’us  Khsäyathija  Hakhämanisiya  
 Ich  bin  Kyros  der  König  der  Achämenide. 
 Die . Inschrift  trotz  ihrer Kürze  ist  erhabener  als  alle  übrigen Texte  in  
 Keilschrift,  die  bisher  auf persischen  Denkmälern  vorgefunden worden sind.  
 Wahre  Gröfse  bedarf  nicht  des  Lobes  langer,  auszeichnender Erklärungen,  
 der  Name  allein  reicht  aus.  Dieses  Kyros-Denkmal,  wie  uns  scheint,  genügt, 
  vollkommen,  um  die  ganze  Gegend  mit  seinem  historischen  Lichte  
 zu  beleuchten.  Wir  befinden  uns  auf  den  Ruinen  der  von  Kyros  erbauten  
 Stätte  Pasargadä.  Freilich  ist  die  Zeit  mit  eisernem Fufse  darüber  hinweg  
 II.  u