ropäer, suchten sich, aber vergeblich, durch übergeworfene Decken und
Zeitlicher vor dem eisigen Lufthauch zu schützen. Bald war die gewöhnliche
Karawanenstrafse erreicht, der Engpafs von Persepolis am steilen
Ufer des Murghdb wurde durchwandert, am Ausgange desselben noch ein
prüfender Blick auf die Beste des „Schlosses“ und des „Stadtthores“ von
Istctkher, bei Takkt-i-taus geworfen und wir traten in die weit sich öffnende
Ebene ein. Der Weg schien von hier aus in grader Richtung nach dem
hochgelegenen Dorfe Seiddn, woselbst zu der Zeit die Cholera ausgebrochen
war, zu führen. Ganz in seiner Nähe jedoch, nachdem wir tief liegende
brückenlose Wasseradern an- etlichen Stellen durchwatet hatten, machte die
Karawane links um und bog in ein enges, aber wasserreiches Seitenthal
ein. Ungefähr in der Mitte desselben befindet sich von''grünen Weiden
eingefafst ein ziemlich gefülltes Rudkhaneh, der Murghdb, ein alter Bekannter,
der hier in den wunderlichsten Krümmungen und Bögen seinen
Lauf verfolgt. Die Leute, denen wir auf der Strafse in der Nähe des
Flusses begegneten, wufsten in keiner Weise seinen Namen anzugeben,
sondern versicherten n u r,-e s käme der schöne Flufs von Kazian her und
ergösse sein lebendig fliefsendes Wasser in das Ser-e-Pul-e-khdn.
Mit den Namen der Berge und Flüsse geht es ganz eigen in Persien. Wie
ich bereits früher hervorgehoben habe, ist der Fall denkbar und durch die
Erfahrung hinlänglich bestätigt, dafs ein und derselbe Flufs an verschiedenen
Strecken seines Laufes die verschiedensten Benennungen erhält oder dafs
ein Berg, je nach den daran liegenden Dörfern, an verschiedenen Seiten
die verschiedenste Namenstaufe zu erleiden hat. Wie in allen Dingen, so
bewahrt auch in dieser Beziehung der persische Orient die charakteristische
Seite seines Daseins; er ist kleinlich, der Blick über das Grofse und Ganze
fehlt vollständig.
In der Nähe unserer Strafse, am Fufse einer in die Ebene vorgeschobenen
Berglehne, hatten Ildt an dreifsig schwarze Zelte aufgeschlagen. Ihre
Heerden, Schafe und Ziegen, weideten in der Nähe derselben auf den Feldern.
Bald liefsen wir das Flufsufer, auf dessen linker Seite wir uns bis
jetzt bewegt hatten, abseits liegen, um auf der engen und steinreichen
Karawanenstrafse dem Bergzuge zu folgen, der sich rechter Hand in dichter
Nähe von uns wie eine Mauer aufthürmte und allerwärts eine Menge
scheinbar künstlich ausgehöhlter Oeffnungen zeigte. Rechter Hand that sich,
nach einem sechsstündigen Marsche auf einem Wege von fünf Fersach, ein
enges Thal auf, eigentlich nur eine thalartige Vertiefung in dem Bergzuge,
eingeschlossen nach drei Seiten hin von riesigen, vulkanisch aussehenden
Felswänden bedeutender Höhe. Man steigt allmählig bis zur hintersten
Wand auf einem abscheulichen Steinpfade aufwärts und erreicht zu etzt as
• amphitheatralisch gelegene Dorf Siwend, das wie ein Schwalbennest an
dem untersten Theil der Felsenwand hängt Das Dorf, aus etlichen un ei
Hütten bestehend, erscheint in dem wilden Gebirgskessel noch elender un
trauriger, als es in der That ist. Die Armuth mufs nach dem aufseren
Auftreten der Dörfler zu urtheilen, sehr grofs sein. Von Vegetation in der
allernächsten Umgebung keine Spur. Nur ein einziger, halb verdorrter
und verkrüppelter Baum erinnerte an das Leben der Pflanzenwelt. Das
Wasser müssen die Bewohner wohl eine Stunde weit von den ütern des
Rudkhaneh von Kazian herholen und auch sonst ist Mangel an den nothwendigsten
Lebensbedürfnissen.
Dafs das Quartier in Siwend nicht besondere Vorzüge enthalten würde,
liefs sich voraussehen. In Persien ist man zufrieden zwischen vier Wanden
hegen zu können und durch eine Decke darüber vor Sonnenbrand und
Nachtkälte geschützt zu sein. Wie eine solche Hütte aussieht, ist ziemlich
gleichgültig, nur die Art des Elends und des Schmutzes giebt einem
Europäer Veranlassung, interessante Unterschiede herauszufindeu, die einen
nicht unwesentlichen Theil der Reisestudien bilden und für eine Zeit lang
die nothwendige Langeweile des Aufenthaltes unterbrechen. In dieser Beziehung
hatte das Menzil in Siwend seine besonderen Vorzüge. Es lag in
der Mitte des Dorfes. Die Thüren der Hütte gingen auf einen Hof hinaus,
auf welchem sich unverschleierte Hoffräulein ungenirt bewegten, und ein
unaussprechliches Geschenk-der Kameele zu einem im Morgenlande wohl-
bekannten Feuerungsmateriale verarbeiteten. Das von meiner Wenigkeit
besetzte Loch war mit einer dicken Rufsdecke überzogen und ein ungewöhnlicher
Fahnenreichthum bestaubter Spinngewebe hing von der Decke
des Gemaches in Drittellänge seiner Höhe in das Zimmer hinein. Wie ich
von den Bewohnern hörte, hauste die-Cholera bereits auch m Szwbnd.
Unsere Vorsicht war somit unnöthig gewesen, doch hatten wir uns über
die eingeschlagene Strafse nicht zu beklagen, da der Karawanenweg von
Siwend aus auf die Ruinenstätte von Pasargadä führt,, die ich am folgenden
Tage ausführlich zu sehen Gelegenheit hatte.
Der Abend in ßiwbnd war meiner Gemüthsruhe in keiner Weise zu