verzweigtes Strafsennetz erhalten, welches durch die Richtung und Lage
seiner Schlufspunkte ein interessantes und belehrendes Bild des commer-
cieilen Lebens einer untergegangenen mittelasiatischen Cultur-Periode darstellen
würde.
Die Umgebung des Ortes bietet in nächster Nähe durchaus keinen
Reiz dar, dagegen bilden die Berge im Hintergründe in ihrem Farbenwechsel
und Formenreichthum ein unvergleichliches Naturgemälde. Das
hohe, mit Schnee bedeckte Gebirge mit seinem Kegelschmuck, das ich
schon früher so sehr bewundert hatte, führt den Namen Kergbs und gehört
zu dem Bereich der Provinz Lätens, welche wir an dem folgenden
Tage von dem Isfahanischen Gebiete aus betreten sollten.
-Von Murtschehär bis Sau, der nächsten Station, sind es sieben Fer-
sach, die wir in sieben guten Stunden bequem zurücklegten. Wir rückten
bei vollständigem Dunkel gegen fünf .Uhr aus dem Posthause und zogen
über die kleine Bogenbrücke, welche sich unmittelbar vor der Thür desselben
über dem tief darunter hinwegfliefsenden Wasser des Gürgdb erhebt,
Aecht persisch hatte die Brücke kein Geländer, so dafs mein
braver Reisegefährte v. G ro lm a n mit dem jungen arabischen Hengste
des verstorbenen Ministers bei einer unglücklichen Seitenwendung in den
Bach stürzte, wobei er das Unglück hatte, in dem Wasser unter das Thier
zu kommen. Als wir trotz der Dunkelheit die Masse des Thieres sammt
dem Reiter so plötzlich verschwinden sahen und das Rauschen des aufspritzenden
Wassers hörten, bemächtigte sich unserer Aller der gewaltigste
Schreck, und wir stürzten wie besessen von den Pferden, um unserem
Kameraden die nöthige Hülfe zu leisten.. Dem Himmel' Dank hatte
weder Rofs noch Reiter Schaden genommen. Unsere nächste Sorge bestand
darin, den durchnäfsten Reiter am hellen Kaminfeuer des Posthauses
zu trocknen, ohne freilich verhindern zu können, dafs fünf Stunden später
das Fieber von Buschehr in ganzer Heftigkeit bei ihm wiederkehrte.
Die Karawanenstrafse ist gut, hat aber die unvermeidliche Beigabe
der Langweiligkeit. Am linken Horizonte steigen die -Gebirge in langen
Klippenzügen terrassenförmig an, die höchsten im Hintergründe mit dichtem
Schnee bedeckt. Unterwegs stiefsen wir auf eine zur Seite der Strafse
liegende Festung en miniature, die ursprünglich für Tufengtschi oder Ca-
rabiniers als Wachtort gegen die räuberischen Luren und Bakhtiaren angelegt
ward, gegenwärtig aber ganz verlassen dasteht und allmälig in Ruinen
zerfällt. Wir stiegen bald darauf auf niedrige Hügel und hatten von
der Höhe aus einen Ueberblick auf eine vor uns liegende Hochfläche mit
Thalgliederung. Links in der Tiefe lag ein Abad, rechts auf der Höhe
ein Posthaus, daneben ein breites, hohes und steilufriges Flufsbett, das
indefs nur mit wenigem Wasser angefüllt war und hierorts unter dem Namen
Mark bekannt ist. Eine hohe, durch Bogen gestützte Steinbrücke,
die nach einer baldigen Reparatur seufzte, führt über den Flufs, und die
Strafse schlängelt sich gleich hinter der Brücke in vielfach gewundenen
Linien durch ein vulkanisches Thal, dafs aus roth und grünlich gefärbten
Felsenmassen besteht. Man sieht von hier aus bereits das Baghistän oder
Gartenland von Sau, das man indefs erst nach einer guten halben Meile
Rittes erreicht. Das Dorf erhebt sich am Abhange eines Berges amphi-
theatralisch ansteigend beinahe in der Mitte eines Kessels und hat von
weitem das Ansehn eines alten Ritterschlosses mit Thürmen und Zinnen.
Eine Karawanserei von grofser Ausdehnung liegt auf der Höhe und überragt
den zu ihren Füfsen liegenden Ort. Der innere Theil des Dorfes hat
in seiner Bauart ungemein viel Aehnliches mit Jezdekhast, sogar die Höhlen
und die Troglodyten an den Bergabhängen fehlen nicht. Ein niedriges
Thor bildet den Zugang zu demselben, das wir jedoch zur Seite liegen
liefsen, um einen in die Tiefe führenden Weg nach dem Menzile einzuschlagen,
das uns ein Bewohner des Dorfes aus freien Stücken freundlichst
angeboten hatte. Sein Haus war klein, aber mit einem Gärtchen
versehen, und sah ziemlich reinlich aus. Die Wirthin, eine gute Alte,
quälte sich damit ab, zuerst ihren vollgestopften Kaliün vollständig auszurauchen
und sich hinterher als gute Wirthin gegen ihre Gäste zu erweisen.
Auf metallenen Schüsseln brachte sie Birnen, Aepfel, Mandeln,
getrocknete Weinbeeren und auf Fäden gezogene Feigen angeschleppt, und
wurde nicht müde, sich nach unseren Wünschen zu erkundigen.
Das Dorf besteht, den Angaben unseres Wirthes zufolge, aus zweihundert
fünfzig Khanewdr, die ungefähr eine Bevölkerung von sechszehn bis
siebzehn hundert Seelen repräsentiren. Die eigentliche Dorfmasse erhebt
sich kastellartig auf Felsengrund,' dessen unregelmäfsige Formen durch
künstliches Mauerwerk ausgefüllt sind. Besondere Merkwürdigkeiten hat
das Dorf nicht aufzuweisen, so dafs -wir hierüber vollständig beruhigt sein
konnten f. dagegen hörten wir von dem Regierungs- Tschapar, welcher uns
vor Sau begegnete und mir die Briefmappe der letzten Post für unsere