BegTüfsungen wurden zur gegenseitigen Genugthuung auf der Strafse gewechselt
und so zogen wir denn in reichlicher Zahl in den umfangreichen
Flecken, halb Dorf, halb Stadtruine, ein, um zuletzt vor einer stattlichen
Karawanserai mit herrlichem Portale und breitem Thorwege Halt zu
machen. Auch dieses Bauwerk ist alt; die Leute erzählten, Schah Abbas
der Grofse habe es auf seine Kosten aufführen lassen, und in der That
vertritt die schöne Karawanserai in würdigster Weise die glanzvolle Epoche
dieses Königs. Das Gebäude ist in einem ziemlich regelrechten Viereck
angelegt, das Portal an der Façade tritt etwa zwanzig Fufs zurück, so dafs
besonderen Nebeneingängen in den vorspringenden Flügeln rechter und
linker Hand hinlänglich Raum gegeben ist. Behauene Granitsteine bilden
die solide Unterlage des ganzen Baues, darüber erheben sich mit einem
oberen Stockwerk die aus gebrannten Ziegeln höchst dauerhaft aufgeführten
Wände, nach Aufsen hin mit einer wahren Musterkarte mosaikartig
geordneter Ziegel und bunter Fayence-Steine geschmückt. Trotz des unbeschreiblichen
Reichthums der Zeichnungen, die das prüfende Auge in ein
unbegreifliches Labyrinth morgenländischer Ornamente führen, ist alles so
wohl berechnet, so wohl vertheilt, dafs der Gesammteindruck in keiner
Weise durch Ueberladung beeinträchtigt wird. Im Innern des Hofes liegen
die festen Magazine und Menzile für die Reisenden, dahinter wieder die
breiten und bequem eingerichteten Stallräumlichkeiten für die ■ Lastthiere,
im-ersten Stockwerke reiht sich Zimmer an Zimmer, meist nach Gallerien
mündend, die den erhitzten Pilgern angenehme Kühlung und einen behaglichen
Aufenthalt gewähren. Freilich fehlen heute die Thüren und Fenster,
welche ehemals die Gemächer von einander abschlossen; der Wind fegt
gegenwärtig mit Getöse durch die offenen Hallen und Gänge, manches ist
zerfallen und brutal zerstört, doch hindert das nicht, die früheren Annehmlichkeiten
vollständig zu würdigen und das Andenken des königlichen
Erbauers zu segnen.
Wir logirten- uns in einem ziemlich gut erhaltenen Gemache des oberen
Stockwerkes ein; die Löcher in den Wänden wurden mit Decken zugestopft,
die fehlenden Thüren durch vorgehangene Teppiche ersetzt, bald
dampfte der Samowar inmitten des Zimmers und wir befanden uns in der
Karawanserai von Majär so wohl, als säfsen wir im Königspallast. Zunächst
wurde der Ruhe gepflegt und dann in den Hof hinabgestiegen, um
jedes einzelne Ornament, jede Inschrift an den Wänden zu durchmustern.
Welche Macht, welche Mittel mufsten damals noch die persischen Könige
besitzen, nur um den commercieilen Zwecken solche Opfer bringen zu
können! Je mehr wir prüften, je unbegreiflicher wurde es uns, wie es
möglich war, in solcher Wüstenei, als Majär trotz seiner Gärten sonst zu
sein scheint, ein so herrliches Werk hinzuzaubern. In der Mitte des Hofes
befindet sich, wie gewöhnlich in dem offenen Inneren der Karawanseraien
und Posthäuser, eine viereckige erhöhte Estrade,r als Lagerplatz von den
Maulthiertreibern in schönen Sommernächten benutzt, diesmal aber nicht
aus schlechten Backsteinen oder aus elendem Erdschlamm aufgeführt, sondern
aus langen und breiten Granitblöcken-so scharfkantig zusammengefügt,
so für die Ewigkeit geschaffen, als ob der Baumeister der Plateform von
Persepolis von den Todten auferstanden wäre und hier seine Hand im Spiele
gehabt hätte. Die Steine, wie ich bemerkte, trugen wiederum jene seltsamen
Marken, die mir uralten Ursprunges zu sein scheinen, und weiter
wandernd fand ich sie von Neuem an den Granitblöcken des ganzen Uib
terbaues vor. Unsern Persern schien die Estrade für gemeine Maulthier-
treiber viel zu nobel zu sein, so dafs sie behaupteten, hier hätten allabendlich
die weiland Busurk-hd, das sind d ie Grof se n des Landes;, gesessen, um
mit Wohlbehagen ihren Thee zu schlürfen. - Schreitet man hinaus aus dem
Portale, dessen hölzerner Thorweg mit arabischen, persischen, türkischen,
ja sogar europäischen Gedenkinschriften bedeckt ist, so liegt vor der Karawanserai
linker Hand ein schöner Ab-embär oder Wasserbrunnen, eine
persische Cisterne im besten Stil der Zeit des grofsen Abbas. E r befindet
sich in der Nähe des Portales nach dem linken Seitenflügel zu, dicht bei einem
grofsen Felde, welchem dürre Baumwollenstauden wenig Leben verleihen.
Zwölf breite Granitstufen führen in einen kellerartigen Erdbau, der mit
einer glatten Mauer endet, in deren Mitte ein drehbarer Messinghahn angebracht
ist. Drittehalb Jahrhunderte haben die woblthätige Anlage nicht
zerstören oder aufser Dienst Setzen können, denn das Wasser strömt noch
heute so ergiebig aus dem aufgedrehten Messinghahn, wie damals als die
reichen Handelskarawaneh der englischen und holländischen Compagnieen
von Isfahan über Majär nach Schiraz und Bender - Buschehr zogen. Zur
Erhaltung dieses grofsartigen Baues geschieht von Seiten der Regierung
Nichts, vielmehr werden Steine und Blöcke losgerissen, um zu modernen
Bauzwecken verwendet zu werden. Ein alter Insasse fegt Jahr aus Jahr
ein den aufgehäuften Schmutz vom Boden der Gemächer fort, und fristet
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