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 einer  Photographie,  die  umstehende  Abbildung  unseren  Lesern  vorlegen. 
 Der  königliche  Thronstuhl  ruht  auf  einem  zweiten  Riesenthron,,  der  
 im  Innern  von  den  Händen  und  Armen  überwundener  Völker  getragen  
 wird,  deren  jedes  durch  seine  Tracht  als  nichtpersisch  ausgezeichnet  ist.  
 Auch  diese  Darstellung  ist,  wenn  auch  nicht  entlehnt,  so  doch  im  Zusammenhang  
 stehend mit Vorstellungen,  welche bis  in die ägyptische Altzeit hinaufsteigen. 
   Nach  gemeinsamer Anschauung  der Altzeit mufste  der König  auf  
 einem  Throne  sitzen,  der  von  den  überwundenen Feinden  getragen  wurde.  
 Der sinnlich rohen Vorstellung lag jedenfalls  ein tieferer Gedanke  zu Grunde,  
 der  je  nach  den  Anlagen  und  der  Culturstufe  der  einzelnen  Völker  seinen 
 besonderen  Ausdruck  mit  Hülfe  der  dienenden  Kunst  erhielt.  Der  Thron- 
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 sessel  selber  mit  seinen  Knäufen,  Thierfüfsen,  umgekehrtem  Blumenkelche  
 u.  s. w.  ist  originell genug.  Das kleinere Exemplar,  auf welchem  der  
 König  sitzt,  ist  so  hoch,  dafs  der  grofse  Herr  nur  im  Stande  ist,  ihn  mit  
 Hülfe  einer Fufsbank  zu  besteigen.  E r  ist bequem,  denn  die hohe Rückenlehne  
 war  sicher  keine  überflüssige  Zuthat,  und  darf  wohl  als  das  Muster  
 der  asiatischen  Thronsessel  dieser  Zeit  gelten. 
 .  Wir  können  von  den  Sculpturen  der  persischen  Akropolis  nicht  Abschied  
 nehmen,  ohne  an  die  eigenthümlichen  Thiergestalten  erinnert  zu  
 haben,  welche  an  verschiedenen  Stellen  der  erhaltenen  Bauten  die  glatten  
 Flächen der Seitenwände  und  Seitenpfeiler  bedecken.  Bald  sind  es  Kämpfe  
 eines Löwen mit einem Stiere,  bald Kämpfe des Königs mit jedem  der beiden  
 ebengenannten  Thiere.  Offenbar  stellen  jene  Thiergestalten  die  Prototypen  
 der D iw eoder Unholde  dar,  mit  welchen  noch  heutigen Tages  die persische  
 Phantasie  die Malereien  auf Papier  und Wand bevölkert.  Die Thiere,  ebensowohl  
 als  die Figuren  menschlicher Wesen,  haben  in Persepolis  ungemein  
 viel  von  der Zerstörungswuth  der Mohamedaner  zu  leiden  gehabt,  die  sich  
 meist auf alles was  die freiliegenden Körpertheile,  wie Hände und Füfse,  vor  
 allen  was  das Antlitz  betrifft,  erstreckt hat.  Wenn nicht  das  ganze Gesicht,  
 so  ist  doch  wenigstens  die  Nase  zerstört;  beklagenswert  genug,  da  sich  
 fast  kein  einziges Porträt  vollständig  wohl  erhalten hat.  Dennoch ist immer  
 noch  so  viel  zu  erkennen,  dafs  der  Sculpturstil  von Persepolis,  obwohl  ein  
 Senkzweig  der  älteren  ninivitisch-babylonischen Kunst,  als  eine Veredelung  
 derselben  bezeichnet  werden  mufs,  als  eine Veredelung  in  dem  Sinne,  dafs  
 die  überstark aufgetragene Muskulatur allmählig  verschwindet  und  sanfterer 
 Auffassung  Platz  macht,  die  anfängt  sich  mit  der  Natur  regelrecht  in  
 Harmonie  zu  stellen.  Vollkommen  ist  jedoch  der  Stil  ebensowenig,  als  
 der  ägyptische  Renaissance-Stil  der  Psammetiche  der  griechischen  Kunst  
 gegenüber.  Der persischen Kunst fehlt, wie  der  ägyptischen,  die  Perspective.  
 Jede  Figur  ist  nach  einem  bestimmten Schema gearbeitet,  das  im  einzelnen  
 oft  musterhaft  ausgeführt  ist,  im  Grofsen  und  Ganzen  aber  des.  höheren  
 Kunstbegriffs  vollständig  baar  ist. 
 Ich  kann  bei  dieser  Gelegenheit  eine  Bemerkung  nicht  unterdrücken.  
 Sie  berührt  die  Inschriften,  von  denen  die  Sculpturwerke  meistenteils begleitet  
 sind,  und  hat  mir  an  Ort  und  Stelle  Gelegenheit  zu  folgender  Betrachtung  
 gegeben. 
 Die  persischen  Keilinschriften,  welche  an  verschiedenen  Stellen  der  
 persepolitanischen  Denkmäler  angetroffen  werden,  haben  durchaus  nicht,  
 etwa  wie  die  ägyptischen,  einen  decorativen  Zweck.  Ganz,  abgesehen  von  
 der  IJnschöhheit • der  Charaktere  -stehen  die'  Inschriften  oft  so  unsymmetrisch, 
   die  einzelnen  Zeilen  laufen  sö  schief  und  so  ungleich  aus,  dafs J e dermann  
 auf  den  ersten  Blick  hin  zugeben  mufs,  dafs  hier  in  Persepolis  
 von  eigentlichem  Inschrifteü-Schmuck  gar  nicht  die Rede  sein  kann.  \  iel-  
 mehr  sollten die Keilbuchstaben  nur  als  historische Notizen dienen und hatten  
 nur  als  solche  ihre  besondere  Bedeutung.  Merkwürdiger  Weise  läfst  
 sich  nun  mit  vollständiger  Sicherheit  der Beweis  führen,  dafs  ursprünglich  
 sämmtliehe  Sculpturen  beschrieben  werden  sollten ■ —  die  leeren  Stellen  
 dazu  sind  bei  den  meisten  deutlich  auf  dem  Stein  ausgespart  worden,,  
 dafs  aber  in  Folge  irgend  welcher  störender  Ereignisse  die  Ausführung  
 unterblieben  ist.  Wir  bezweifeln,  besonders  hierauf  gestützt,  dafs  Persepolis  
 jemals  ein  vollendetes Bauwerk  gewesen  ist.  Es  war  -wie. so  mancher  
 Tempel  des  Alterthumes,  ja   wie  so  manches  grandiose  Bauwerk  unserer  
 Zeit,  nach  ejnem  grofsartigen  Plane  von  einem  Könige'  angelegt,  
 die' Nachfolger  desselben  hatten-weiter  daran  gebaut,-  bis  endlich  ein Stdl-  
 stand  eintrat,  der  durch  das .Schicksal  der-Achämeniden-Dynastie  nicht 
 schwer  nachiuweisen  ist. 
 Hinter  der  Terrasse: von  Persepolis,  deren  neupersische  Bezeichnung  
 T s ch e h il-m in ä r  „der Vierzigsäuligen“  d.  h.  der V i e l s ä u l i g e n   den  Säulenüberresten  
 des: grofsen  Sänlensaales  zu  danken  ist  (dreizehn  Säulen  stehen  
 allein  heutigen Tages  noch  aufrecht),  erhebt  sich  der-Marmorberg Ralvmed,  
 der  Königsberg  der  Alten',  mit  seinen  beiden  Gräbern  und  weiter  ab  mit