kann man von eins bis fünfzehn zählen, ohneeinen Schall zu hören. Dann
schlägt der Stein plötzlich an, nnd geht lautlos weiter. So erzählte milder
schwedische Arzt Dr. Fa g er g r i n aus Schiraz, welcher das Experiment
mehremal unternommen hat.
Der ganze nach dem Teng-i-Allahu-akbar gelegene Theil der Stadt ist
voller sehenswerther Gärten und Bauten, deren Gründung meist in die Zeiten
dei voi -kadscharischen Dynastieen fällt und die in vielen Beziehungen
an Isfahans Bdgh's und Imaret's erinnern. Zunächst pflegen Reisende, wie
wir, den Bdgh-i-tschekil-ten oder den „Garten der Vierzig-Körper“, dicht
bei der Hdfizijeh, zu besuchen. Die Schirazer, welche uns begleiteten,
machten uns weifs, er habe diese Benennung von vierzig Derwischen erhalten,
die sich gegenseitig getödtet hätten und deren Leichen hier in langen
Reihen nebeneinander lägen. Dunkle Cypressen bilden Alleen in dem
von einer Mauer umschlossenen Garten. Die Gräber liegen dicht an der
Mauer, einfache schmuck- und inschriftenlose Steine bezeichnen die Stellen,
wo unter ihnen die Derwischkörper ruhen. Ob es grade vierzig sind, weifs
ich nicht zu sagen, offenbar spukt in der Vierzig die beliebte morgenländische
Bezeichnung der Vielzahl, die sich in so vielen ändern Namen persischer
Localitäten wiederfindet.
Der Garten und das kleine Imaret in ihm, das Grab irgend einer heiligen
Person, deren Namen wir sonderbarer Weise nicht erfahren konnten,
datirt aus den Zeiten der Regierung Kerim-Khan's. Er gehört gegenwärtig
Niemandem d. h. er ist königliches Eigenthum. Der Zustand vollständiger
Verwilderung, in welchem er sich zur Zeit befindet, läfst voraussehen, dafs
er dem Schicksal persischer Bauten der Altzeit, baldigst anheimfallen wird.
Gegenüber von der Grabstätte des. Sängers der Liebe-und des Weines befindet
sich, an der entgegengesetzten Seite der langen Gartenstrafse, ein
wohlumhegtes Gartenschlofs aus den Zeiten des grofsen Feth-Ali-Schah,
Es gehört mit zu den Glanzbauten dieses Königs und ist in dem bunten
Stil der modernen persischen Baukunst aufgeführt. Terrassenförmige Anlagen.
Springbrunnen und Kanäle, eingefafst von bunten Blumenbeeten geben
der nächsten Umgebung des Imaret ein heiteres Ansehen. Unendlich prachtvoll
und poetisch schön ist die Aussicht von der obersten Terrasse am
Eufse des luftigen Schlosses durch den Gartenwald riesiger Cypressen und
breitblättriger Platanen über die Stadt Schiraz im Hintergründe hin. Es
ist ein Stück orientalischer Schönheit, wie sie die Phantasie des Abendländers
aus den Beschreibungen morgenländischer Natur-Herrlichkeit nur
immer zu träumen vermag. Heilige Ruhe herrscht in den von Blüthen
duft erfüllten Räumen des Schlosses und Gartens. Lautlos wunderten wir
durch die Hallen des Inmrk, dessen gröfster Saal mit wunderlichen Bildern
der persischen Neuzeit geschmückt ist, schleuderten durch die Gänge des
wohlgehegten Bdgh, angenehm berührt durch die Gastgeschenke des persischen
Schlofsgärtners, der jedem von uns ein wohlriechendes Bouquet Rosen
und Orangenblüthen überreichte.
Wir ritten von hier aus nach der Stadt denselben Weg zurück, den
wir bereits kennen. Die Sonne brannte heifs über uns; erst in dem
schattigen kühlen Bazar empfanden wir die Wohlthat bedeckter Strafsen
orientalischer Städte.' Die Juden und Judenweiber standen wiederum vor
den niedrigen Thüren ihrer Häuser, grüßten freundlich und höflich die
fränkische Cavalcade und schienen sich sicherer als je durch den Gedanken
zu wissen, dafs- in ihrem Viertel eine europäische Gesandtschaft, wenn
auch nur auf kurze Zeit, ihr Quartier aufgeschlagen hatte.
Den Rest des Tages widmeten wir der weiteren Kenntnifs der. Stadt und
ihrer Bewohner, wobei uns die persisch-schirazische Umgebung die nöthige
Auskunft ertheilte. Wir wollen dabei nicht unerwähnt lassen, dafs an demselben
Datum Hr. Baron v. M. durch eine besondere Aufmerksamkeit des
Prinzen-Gouverneurs von Schiraz auf das unvermuthetste überrascht wunde.
Mehrere Diener desselben brachten nämlich einen prächtigen Steinbock angeschleppt,
den der Schahzadeh auf der Jagd eigenhändig erlegt hatte. Nach
den Knotenringen der gewundenen Hörner zu schliefsen, konnte das Thier
etwa sechs Jahr alt geworden sein; jedenfalls gehörte dasselbe zu den besten
Leckerbissen, die wir je in Persien genossen haben. Unsere mohameda-
nischen Diener, sonst nicht sehr gewissenhaft im Punkte des Nedschis oder
Religiös-unreinen, rührten nichts von dem trefflichen Braten an. Es mufs-
ten ihnen somit aus irgend welchen Gründen schwere Bedenken gegen den
Genufs des Fleisches vorliegen.
Wir lassen nunmehr -eine Beschreibung dessen folgen, was wir an Ort
und Stelle über Schiraz gehört und in unser Tagebuch verzeichnet haben.
Die Verantwortlichkeit für das Gegebene tragen unsere schirazer Gewährsmänner.
Kyros, — bemerken wir vorerst,- — der Stammkönig des persischen
Reiches, hatte seine Residenz in der sonnigen Ebene bet Murghab angelegt.
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