letztere, von einer grofsen Mauer mit Thürmen und Zinnen umgeben, war
in früheren Zeiten noch von einem Häuserkram eingeschlossen, der gegenwärtig
sämmtlich verfallen ist und in Schutt daliegt. Die Bodencultur ist
hier den Krebsgang gegangen, die Vegetation nur dürftig, die Umgebung des
Dorfes stellt wie die ganze Strecke von Jezdekhdst ab eigentlich nur eine
traurige Wüste dar. Von Eminabdd an nimmt dagegen die Bodencultur von
Stunde zu Stunde an Ergiebigkeit und Ausdehnung zu. Rechter Hand
hielten wir uns beim Weiterritt an die Bergkette,, an deren bufs die lang
ausgedehnten Ruinen des Dorfes Muhsudbeg gelegen sind; linker Hand
durchrieselte eine Wasserader den grünen Grund baumreicher Gärten. Nach
einem Ritte von sieben und einer halben Stunde erreichten wir das bekannte
Posthaus von Wehschareh, woselbst der erboste Postmeister wie ein Wolf auf
mich losstürzte. Er behauptete, unser Elischi habe ihm, dem Herrlichen,
bei seiner Abreise von hier einen Dukaten als Trinkgeld zugedacht, und unsere
Diener hätten ihm statt dessen nur den fünften Theil zukommen lassen.
Durch harte Drohungen allein konnte ich mir den Mann vom Leibe halten,
in dessen Benehmen sich der zur Mode gewordene Grundsatz, dafs
bei Geldangelegenheiten die Gemüthlichkeit aufhöre, in ' ächt persischer
Auffassung-geltend machte. Die Langweiligkeit meines Aufenthaltes in
einem persischen Posthause suchte ich durch Beobachtung des Himmels
einigermafsen zu vermindern, und kann deshalb mit der gröbsten Bestimmtheit
versichern, dafs das Himmelsgewölbe den ganzen Tag über mit zerrissenen
Windwolken bedeckt war, und dafs es gegen Abend wie Schnee
in der Luft aussah.
Wir konnten den Ort nicht verlassen, an den sich die Erinnerung
offener Feindschaft zwischen Persien und Preufsen knüpft, ohne über die
Folgen der bekannten Affaire von Wehschareh nähere Aufschlüsse erlangt
zu haben. Wie vorauszusehen war, hatten die Väter des Dorfes die damals
begangene Sünde gegen Gastfreundschaft durch ein Reugeld sühnen und
fünfzehn Dukaten an den Prinzen von Isfahan zahlen müssen, eine Summe,
die entweder die grofse Armuth der Zahler oder niedrige Straftaxe in
Isfahan anzeigt.
Am nächsten Tage, den 5. November, betraten wir wiederum das Gebiet
von Isfahan, äufserlieh durch die Anwesenheit der zahlreichen Tauben-
thürrne so sehr gekennzeichnet. Nach einem Marsche von vier und einer
halben Stunde, der vier Fersach betragen sollte, ritten wir durch das
Hauptstadtthor in Qumischih ein und bezogen das im Innern derselben gelegene
bescheidene Posthaus. Der Weg dorthin führte durch mehrere zerfallene
Strafsen. In den noch erhaltenen Gassön erregten die mit Gewölben
bedachten Durchgänge, unter denen sich recht saubere, durch viereckige
Holzgitter verschlossene Saqqakhaneh oder Wassertrinkanstalten befanden,
besondere Aufmerksamkeit. Sie hätten eine kleine Oeffhung zum Schöpfen,
und ein lederner Becher mit einem Strick daran stand auf dem
Rande derselben.
Obgleich der Himmel vom frühen Morgen an mit Regenwolken überzogen
war, so hatte die Luft in der Stadt eine drückende Schwüle; sie
wich endlich in Folge des ersten Winterregens, der um vier Uhr Nachmittags
losbrach und eine gute halbe Stunde anhielt.
Wir hatten um so weniger Grund, in Qumischeh längere Zeit zu bleiben,
als die Cholera in der Stadt mit grofser Stärke aufgetreten war und
bereits viele Opfer gefordert hatte. Man ging uns von allen Seiten um
Heilmittel an, allein wäre ich selbst ein europäischer Arzt gewesen, würde
ich aufser Stande gewesen sein, irgendwie eine erprobte Heilmethode anzugeben.
Vielmehr war ich froh, so früh wie möglich am nächsten Morgen,
den 6. November, aufzubrechen und, bei der empfindlichsten Nafskälte
unter sonnenlosem und wolkenbedecktem Himmel, den Weg bis zur nächsten
Station Majdr zurückzulegen. Die Reise dauerte sechs Stunden, die
Wegentfernung betrug fünf Fersach. In der herrlichen Karawanserai, die
bereits oben beschrieben worden ist, bezögen wir ein grofses stallartiges
Zimmer, das nach dem inneren Hofe hinausging, und verbrachten den Tag
über in ächt orientalischer Faulheit. Am folgenden Tage, den 7. November,
hielten wir Rast in Kitschi. Um zwei Uhr Nachts hatten wir bei
Mondenschein und nicht ganz sternenklarem Himmel die Karawanserai verlassen
und um acht Uhr Kitschi erreicht. Als wir auf der Höhe des Passes
von Ortschini standen, im Angesicht der grofsen Ebene von Kitschi, brach
die Sonne plötzlich durch die Nebelschichten, welche die fernen Berge in
einen dichten Schleier hüllten, und beleuchtete mit falbem Seheine eine
Landschaft, wie sie von keinem Maler als Bild wiedergegeben werden
dürfte, ohne die Natur Lügen zu strafen. Oder sollte es erlaubt sein, grüne
Wolken zu malen, die in langen Schichten auf den Kämmen der Berge
ruhen, und an die unheimliche Färbung des Himmels in dem schönen
Kaulbach’schen Bilde des Thurmbaues zu Babel über und hinter dem sin