Ein Mann, der hiev an offener Straft« eine Theebudo hielt, bot uns Brot
und Thee in kleinen Gläsern an. Als Eigenthümer des wenig benoidens-
werthen Gebietes bezeiehnete er den Emin-ed-dauleh, d. h. in die gewöhnliche
Sprache übersetzt, den Minister des Innern Fermkh-Khdn. Von hier
ab geht die Strafse sichtlich thalwärts. Die Gegend ist ungemein vulkanisch
und das vielfach gewundene Thal soll einen grofsen Reichthum an
Mineralien enthalten. Zuletzt betritt man eine grolse wüste Hochfläche,
auf der sich am fernen Horizonte kegelförmig gestaltete Berge wie Thiirme
in die Luft erheben. Rechts davon zeigt sich in der Nähe eines langen
grünen Streifens von Gärten die noch 6 bis 7 Fersach entfernt gelegene
Stadt Quin, deren Moscheenkuppel trotz des trüben Wetters wie eine hellblitzende
Sonnenkugel leuchtete. Zu unserer Rechten zogen sich sehr niedrige
Hügel hin und ganz im Hintergründe leuchteten am wolkenbedeckten
Horizonte die dunkelblauen Streifen lang ausgedehnter Bergzüge. Auf
dem Wege nach dem Alen;¿le hatte ich das zufällige Malheur, dafs mir ein
Funken brennenden Tabackes in den Rockärmel hineinflog, so dafs sehr
bald der ganze Aermel zu schwelen und zu glühen begann. Ich sprang
schleunigst vom Pferde, um mich des Rockes zu entledigen, und hörte
zu meiner Verwunderung, wie die persischen Diener sich in lauten Freudenausdrücken
ergingen. Sie gratulirten mir, als hätte ich das berühmte
Viertel vom grofsen Loose gewonnen, und betheuerteu mir, dem Ungläubigen,
dafs es noch Kheili ja um dared, d. h. „viel Tage hätte“, was bei ihnen
soviel besagen will, als ich würde mich noch eines langen Lebens erfreuen.
Das persische Compliment, auf das ich ein herzliches Inschallah, „So
Gott wiU!“ erwiederte, schien mir jedenfalls freundlicher zu sein, als
die ägyptisch-morgenländische Trostformel: „Wenn nichts zerbricht, kann
nichts Neues gemacht werden, und wenn nichts zerreifst, nichts Neues
genäht werden“, oder die beinahe malicióse Formel: m’aleiksch, d. h. „Freue
dich doch, dafs du nicht, zerbrochen, zerrissen oder verbrannt bist.“
Unser heutiges Menzil, das Posthaus von Pasengan, lag ganz einsam
in der Wildnifs d a , die von zahlreichen Schafheerden in der Nähe kaum
einigermafsen belebt wurde. Die Aussicht von dem Dache des Hauses wai
wieder einmal so grofsartig, dafs jeder Versuch, den gewaltigen Eindruck
mit Worten schildern zu wollen, ein beinahe unmögliches Unternehmen ist.
Es liegt eine Riesenkette von Vorbergen und Felsenmauern dahinter, die
zu ungewöhnlichen Höhen änsteigt und deren gezackte Kämme die malerischste
Wirkung erzeugen. Das Gesammtbild des südwestlichen Theiles
des gewaltigen Gebirgszuges in seinen Dimensionen, in seiner Gestaltung,
in seiner düstern Färbung bedarf eines Rahmens, für den alle menschlichen
Verhältnisse viel zu wenig sind. Ich kam mir wie ein Atom so
Ungeheuern Massen gegenüber, wie ein flüchtiges Sonnenstäubchen im Ae-
ther vor, und stieg still versunken in mir selber in das Gemach unseres
Posthauses nieder, wo das prasselnde Kaminfeuer sehr bald die nafskalte
Luft und die grofsartige Umgebung vergessen liefs.
Die Tagereise des 27. November (4 Fersach, die in fünf Stunden zurückgelegt
wurden) sollte uns bis zu der heiligen Stadt Qum führen. Kaum
hatten wir das Posthaus verlassen, so fiel ein feiner, Alles durchdringender
Regen, der nach einem Paar Stunden sehr bald an Stärke so zunahm,
dafs wir bis auf die Haut durchnäfst wurden. In den Bergschluchten jagten
die Regenwolken in wilder Hast einher, oder stiegen, von den Kuppen
der Felsengipfel in schwerem Fluge sich senkend, in den Thalgrund
nieder.
Nach zweistündigem Ritte berührten wir das eigentliche Dorf Pasen-
gdn oder Pasengun, mehr einer Ruine als einer bewohnbaren Stätte ähnlich.
Wir begegneten hier den Frauen und Kindern des Prinzen Tamasp
Mirza, die, eng zusammengepfercht, in drei Kedschawa auf Maulthieren
safsen, vor Kälte zitternd, und in Begleitung ihres Eunuchen und des
Ferrasch-bascln des Prinzen ihre Reise nach Schiräz zurücklegten. Drei
Fersach lang war der Weg, nach persischen Begriffen wenigstens, vorzüglich,
von da an folgte ein durchweichter Lehmboden, auf welchem die
Pferde hin und her rutschten,, so dafs die Reise unmittelbar vor Qum
wahrhaft schauderhaft wurde. Wie froh waren wir, als wir endlich diese
Stadt mit ihren zahlreichen Thürmen in etwa einer Wegstunde Entfernung
vor uns deutlich sichtbar liegen sahen. Wir zogen zuerst in eine
Art zerstörter Vorstadt ein, die sich hauptsächlich durch vier, einst blau
emaillirte Polygon-Thürme mit spitzem Dache auszeichnete, auf deren
dreien Störche ihr Nest gebaut hatten. Diese Thürme (meist der älteren
Zeit angehörerid), welche von Sau anfangen und architeotonisch für die
Gegend äufserst charakteristisch sind, gaben diesem Theile des Ortes von
weitem das Ansehn einer altdeutschen Kleinstadt. Durch ein niedriges
Thor, über welchem sich im Gemäuer in einem Rahmen blauen Mosaikes
ein Stein mit Inschriften neuen Datums befindet, zogen wir in die eigent