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 neuen Gouverneur  von  Fort  begegnen  würden,  der  sich  mit  einem  gewaltigen  
 Trosse  auf  seinen  neuen  Posten  nach  Schirdz  begab. 
 Sultan-Murad-Mirza,  der  bisherige Gouverneur  von  Sc/rirdz,  dem  unsere  
 Gesandtschaft  die  Ehre  hatte  ihre  Aufwartung  zu  machen,  war  nach  
 der  eingetroffenen Nachricht  von  der Niederlage  der  Perser  durch  die  Tur-  
 komanen  nach  Teheran  beordert  worden,  um  das  Commando  der  neuen  
 Expeditionsarmee  gegen  Mene  zu  übernehmen.  Sein  Vorgänger  Tamasp-  
 Mirza  hatte  den  Posten  von  Schirdz  an  seiner  Statt  von  Neuem  erhalten  
 und  es  war  ihm  somit  die Gelegenheit  geboten,  zu  erfüllen,  was  die  Schi-  
 razische  böse  Zunge  von  ihm  wünschte.  „Wäre  er  doch  statt  7 dmast  (die  
 Grundsuppe  der  sauren  Milch,  beinahe  wie  Tamasp  ausgesprochen)  Rumast  
 (Sahne)“  ptlegte  man  in  Schirdz  von  ihm  zu  sagen,  als  er  noch  vor  
 mehreren  Jahren  seine  Stelle  als  Gouverneur  bekleidete. 
 Das  Weggehn  und  die  Ankunft  eines  neuen  Gouverneurs  ist  für  die  
 betreffende  Provinz  eine  grofse  Plage,  da  beide,  der  weggehende  und  der  
 ankoinmende  Hakim  in  sehr  kostspieliger Weise  von  dev  Bevölkeiung  „geehrt“ 
   werden  müssen.  Jedes  Dorf,  welches  der  Gouverneur  auf  seinei  
 Strafse  berührt,  mufs  ihm  das  unerläfsliche  Pischwdz  erzeigen,  das  heifst,  
 ihm  mindestens  fünfzig  Dukaten  schenken,  und  die  Vornehmen  der  Pio-  
 vinz  müssen  ihm  ächte  Kaschmirshawls  zum  Ausbreiten  vor  seine  Füfse  
 liinlegen,  ihm  goldene Dukaten  (Esclireffijeh)  auf  Tellern  darbieten  und  an  
 fünfzehn  bis  zwanzig Maulthiere  stellen,  beladen  mit  dem zugehörigen  Bar-  
 khaneh,  d. h.  den  zur  Reise  gehörigen  Lebensbedarf  an  Zucker,  Thee,  Ci-  
 tronensaft  und  dergleichen  mehr.  Beim  Begleiten  eines  alten  Gouverneurs  
 oder  beim  Bedrahga  sind  die  zu  leistenden  Geschenke  in  ähnlicher  Weise  
 durch  alte  Gewohnheit  vorgeschrieben. 
 Wir  blieben  am  nächsten Morgen  bis  gegen  halb  acht  in  Sau,  und  als  
 wir  eben  im  Begriff  waren  auszurücken,  schickte  mir  der  höfliche  Ked-  
 khodd  des  Dorfes  einen  trefflichen  Gazellenbraten,  der  als  ein  Leckerbissen  
 mit  grofsem  Danke  empfangen  wurde. 
 Vön  Sau  an  bewegt  sich  die  Strafse  durch  Querthäler  mit  vielfachen  
 Windungen  und  ungemein  pittoresken  Partien  bis  zur  Pafshöhe  des  Gebirges. 
   Zur  Zeit  unserer  Reise  war  der  Weg  ziemlich  gut,  im  Winter  
 jedoch  und  bei  schlechtem  Wetter  mufs  es  hier  entsetzlich  kothig,  windig  
 und  kalt  sein.  Wir  hatten  ausnahmsweise  das  prachtvollste  Wetter.  Gegen  
 zwölf Uhr,  nachdem wir  ununterbrochen  aufwärts  gestiegen waren,  Latten  
 wir  die  höchste  Spitze  des  Iluhrvd-Gebirges  erreicht.  Der  Kamm  des  
 Berges  war  mit  einer  dünnen  Schicht  leichten  Schnee’s  bedeckt,  unter derselben  
 sahen  Granitspitzen  an  allen  Ecken  und Enden  hervor.  Unmittelbar  
 vor  der  eigentlichen  Pafshöhe  des  Berges  liegt  in  einem  dunkeln Winkel  des  
 Gebirges  eine  Dorfruine,  daneben  eine  Quelle  mit  einem  alten  Steinbau  
 darüber.  Der  Anblick  von  der  Höhe  des  Kvlirvd  aus  über  ein  tiefliegendes  
 Längenthal,  in  das  man  auf  steilem  abschüssigem  Wege  hinabsteigt,  
 ist  unbeschreiblich  grofsartig.  Er  erinnert  unwillkürlich  an  die  malerischen  
 Thäler  und  Schluchten  im  Kaukasus.  Mächtige  Bergwände,  zur  linken  
 Hand  liegend,  zum  Theil  mit Schnee  bedeckt,  aus  schwarzglänzendem  
 Urgestein  bestehend,  fallen  schroff  in  das  Thal  ab  und  scheinen jungfräulich  
 die Geheimnisse  der Schöpfung  vor  dem Menschen  bewahrt  zu  haben.  Wie  
 eine  zuckende  Schlange  windet  sich  der  Pfad  durch  das  Thal,  das  sich  
 allmälig  erweitert  und  einen  ungewöhnlichen Reichthum  an Wasser aus  den  
 Quellen  des  Gebirges  den  nahe  und  fern  gelegenen  Abdds  in  der  Ebene  
 nördlich  'Zuführt.  Der  Hauptquell,  welcher  sein  Wasser  mit  den  übrigen  
 Bächen  vereinigt  und  nun  in  einer  künstlichen  Steinrinue  dahinfliefst,  bewässert  
 das Dorf Kuhrud  und  dessen  zahlreiche Obstgärten.  Er  würde  mir  
 von  den  Leuten  als  A b -i-k u h -i-M il  bezeichnet. 
 Das  mit  dem  Berge  gleichnamige  Dorf Kuhrud  liegt  am Abhang  einer  
 breiten  Berglehne,  die  Häuser  amphitheatralisch  gruppirt,  im  Grunde  die  
 von Steinmauern umgebenen Gärten  in regelmäfsiger Abgrenzung,  auf terrassenförmig  
 geschaffenem  Boden  und  von  den  reichen Wasseradern  berieselt.  
 Der. Anblick  derselben  war  ungemein  lieblich,  trotzdem  die  kalte  Jahreszeit  
 den  zahlreichen  Obstbäumen  bereits  das  Laub  genommen  hatte. 
 Wie  kostbar,, selbst  da  wo  Fülle  daran  ist,  das  Wasser  in  Persien  ist,  
 konnten wir  gleich  beim Eintritt  in  das  Baghiüdw von  Kuhrud merken.  An  
 einem Rinnsal  mit  klarem  und  schnell  fliefsendem WTasser  zankte  sich  eine  
 Bäuerin  auf  das  Heftigste  mit  einem  Manne,  der  so  eben  das  Loch  verstopft  
 hatte,  welches  das  Wasser  zu  einer  Nebenrinne  abführte.  Die  letztere  
 lief  in  den Garten  der Frau  aus,  die, aus  Leibeskräften  sich  der  eigenmächtigen  
 Verstopfung  ihres  Wässerloches  widersetzte,  unter  der  Behauptung, 
   dafs  an  dem  Tage  das  Wasser  ih r   Eigenthum  sei.  So  bildet  nicht  
 hier  allein,  sondern  überall  in  Persien,  und  man  kann  wohl  behaupten  im  
 «ranzen  Orient,  das  Wasser  den  Lebensnerv  der  Bodencultur:  ohne  Wasser