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 Kharab,  passirt  hat,  wird  die Gegend  ein  wenig freier,  und  der Blick  kann  
 ungestört  in  die Ferne  schweifen.  Besonders  lustig  sieht  es  indefs  da  nicht  
 aus,  armes  wanderndes  Volk  zu  Fufs  und  zu  Pferde  oder  eine  Schaar  
 fettschwänziger  Hämmel  mit  ihren  Hirten  bilden  die  einzige  Staffage  der  
 eintönigen  Landschaft. 
 Unser  Weg  ging  grade  auf  den  Süden  los,  denn  wir  hatten  die  grofse  
 Karawanenstrafse  zu  verfolgen,  welche  von  Hamadan  aus  mit  mehreren  
 Seitenrouten  in  südöstlicher  Hauptrichtung  nach  der  ehemaligen  Residenzstadt  
 Persiens  Isfahdn  führt.  Dieser  Weg  hat  durch  den  Verfall  dieser  
 einstigen Hauptstadt  seine  frühere Bedeutung  beinahe  ganz  eingebüfst,  und  
 nur  der  westlichen Lage  von Täbriz  ist  es  zu  danken,  dafs  die Karawanen,  
 welche  zwischen  Täbriz  und  Schiraz  die  Transport-Verbindung  hersteilen,  
 die  Strecke  zwischen  Hamadan  und  Isfahan  bereisen.  Als  Knotenpunkt  
 eines  Karawanenstrafsen-Netzes  hat  Hamadan  eine  viel  gröfsere Bedeutung  
 als  Isfahan,  da  die  Handelsstrafse  von  Baghdad  nach  Teheran  über  Hamadan  
 geht  und  in  der  Nähe  der  Stadt Kirmanschah  die  türkische  Grenze  
 verläfst.  Auf  diesem  Wege  ist  zugleich  ein  regelmäfsiger  Tschapdr-  oder  
 Reit-Postdienst  eingerichtet,  obwohl  sich  die Pferde  der  Tschaparkhanehen  
 in  einem  sehr  schlechten  Zustande  befinden,  und  die Beförderung  der Reisenden  
 vieles  zu  wünschen  übrig  läfst.  Zwischen  Hamadan  und  Isfahan  
 besteht  dagegen  gar  keine  Verbindung  durch  eine  Poststrafse,  so  dafs  die  
 Reisenden genöthigt sind,  entweder sich  den Karawanen anzuschliefsen,  oder  
 auf  eigenen  Pferden  ihr  Fortkommen  zu  suchen.  Dafs  die  letztere Art  für  
 einen  Europäer  die  kostspieligere  ist,  versteht  sich  von  selbst,  da  Ernährung  
 und  ein  einigermafsen  gutes Unterkommen  für  die Nacht förmlich mit  
 Geld  aufgewogen  werden  müssen. 
 Bald  hatten  wir  die  Spitze  des  südlichen Hornes  erreicht,  welches  der  
 halbmondförmige  Gebirgsstock  des Eiwend  bildet.  Da  liegt  auf  hohem Hügelrücken  
 ein  grofses  Dorf,  reich  an  Weingärten  und  Pappelanlagen,  mit  
 gehäbigen Wohnstätten  und  geräumigen  Khanen,  dicht  an  dem  steilen Ufer  
 eines  rauschenden  Baches,  der,  nach  den  hohen  gewölbten  Bogenbrücken  
 zu  urtheilen,  im  Winter  oder  wenn  immer  die  Wasser  anschwellen,  eine  
 ganz  bedeutende  Wassermenge  in  seinem  Bette  thalabwärts  treiben  mufs.  
 Hinter  dem  Dorfe,  jenseits  einer  zweiten  Steinbrücke,  lud  uns  ein  niedlicher  
 frischgrüner  Pappelhain  zum  Rasten  ein;  wir  stiegen  von  unseren 
 Pferden,  banden  sie  an  eine  alte  Mauer  oder  an  Baumstämme  fest  und  
 (setzten  uns  unter  dem  Schatten  der  Bäumchen  auf  Stein  und  Rasen  nieder  
 um  nach  persischer Weise  ein  einfaches Frühstück  zu  verzehren.  Das  
 ipferd,  welches  ich  ritt,  ein  starker,  dickwanstiger  Schimmel,  wurde  hier  
 [während  unseres  Haltes  Gegenstand  besonderer  Aufmerksamkeit.  Schon  
 gleich  nach  unserem  Aufbruch  aus  Hamadan  hatte  das  arme  Thier  eine  
 sonderbare Masse  vor  dem Maule  stehen,  welche  aus  Schaum  und  Blut  ge-  
 fbildet  zu  sein  schien.  Die  europäische  Kandare  hing  so  lose  im  Gebifs,  
 [dafs  sie  unmöglich,  irgend  eine  Verletzung  der  inneren  Haut  hätte  veranlassen  
 können,  und die Blutmenge  nahm  dennoch  so überhand,  dafs  die  rothe  
 [Flüssigkeit  in  langen  Streifen  zur Erde  niederfiel.  In  unserem Lager hatten  
 kvir  erst  Mufse,  das  Maul  genau  zu  untersuchen,  und  sieh  da!  eine  kleine  
 Art  von Blutegeln,  die  im Wasser  wie  dünne  Fäden  aussehen  und  von  den  
 Pferden  bisweilen  mit  verschluckt  werden,  hatte  sich  an  verschiedenen  
 ¡Stellen  so  festgesogen,  dafs  sie  mit  den  blofsen  Händen  gar  nicht  zu  entkernen  
 war.  Salz,  welches  den  Pferden  in’s  Maul  geschoben  wird,  ist  das  
 ¡wirksamste  Mittel  zur  Beseitigung  dieser  blutigen  Pferde-Parasiten. 
 Nach  einstündigem  Aufenthalte  im  lustigen  Hag  ging  es  in  östlicher  
 ¡Richtung  weiter  durch  eine  Reihe  hinter  und nebeneinander liegender Thal-  
 Igründe,  welche  rings  herum  von  mächtigen  Thonschieferwänden,  hier  und  
 ■da  mit  Blöcken  weifsen  Quarzes  untermischt,  eingeschlossen  und  begrenzt  
 |war'en.  Die  Uebergänge  von  einem  Thale  in  das  andere  wurden  meist  
 (durch  dammartig  gestaltete  Höhenrücken  vermittelt.  In  der  Mitte  einer  
 jgrofsen  Hochfläche  lag  schliefslich  das  sehnlichst  erwünschte Menzil —  die  
 Hitze  war  die  zweite  Hälfte  unseres  Marsches  über  drückend  und  lästig  
 gewesen,  —  der  traurige Ort Menqawi,  in  welchem  wir  bei  dem Kedkhoda  
 für  den  Tag  und  die  Nacht  über  ein  Unterkommen  fanden.  Das  saalartig  
 gestaltete  Zimmer  war  reicher,  als  es  sonst  auf  dem  Lande  der  Fall  ist,  
 meublirt  und  decorirt.  Der  obere  Zimmerrand  war  mit  persischen  Glasflaschen  
 und farbigen Schüsseln von  gebrannter Erde  besetzt,  in  einer  tiefen  
 ■Jische  stand  ein  hoher  Koffer,  der  kunstvoll  mit  bunten  Lederstriemen  
 ¡überzogen  war,  und  auf dem Boden lagen  schöne,  selbstgefertigte Teppiche.  
 B)ie  Teppichweberei,  so  wie  der  Handel  mit  getrockneten  Weinbeeren,  
 ■welche  von  hier  aus  bis  nach  der Stadt  Rescht  hin  versendet  werden,  bil-  
 id e t  einen  Haupterwerbszweig  hiesiger  Gegend. 
 Am  15.  September  früh  vier  Uhr  verliefsen  wir  das Menzil,  —  befreit 
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