ein in der Citadelle oder Ark von Schirdz gelegenes Tmarht. Vor dem
Eingänge in dasselbe war eine Compagnie Serbazen in rother Uniform aufgestellt,
welche bei der Ankunft des Hrn. v. M. die Trommel rührten und
das Gewehr präsentirten. Wir stiegen sämmtlich von unsern Pferden ab
und folgten dem wohlbeleibten Wezir-i-Schahzadith oder Wezir der Prinz-
lichen Hoheit, welcher Hrn. v. M. sehr höflich unter dem Portale des Tmar et
empfing und über den Hof zu dem grofsen Empfangssaale geleitete. In
dem Hofe, der von einem grofsen Viereck halb neuer halb alter Gebäude
eingeschlossen ist, sah es ziemlich anmuthig aus. Wohlgefüllte Wasserbecken
und Rinnen, frucht- und blüthetragende Bäume und Gebüsche unterbrachen
gruppenweise angelegt das glatte Steinpflaster des Bodens, auf
dem wir einhergingen. An derselben Seite des Einganges ist die kleine
Thür gelegen, welche über mehrere Stufen zum grofsfenstrigen Imaret hinaufführt.
Der untere Theil des Hauses, ganz aus Sandstein hergerichtet,
zeigte mehrere grofse Sculpturen, die im persischen Stile ausgeführt waren
und Scenen aus dem Schahnameh, gefesselte Löwen u. s w. darstellten.
Der Empfangssaal war geräumig genug, um mit Fug und Recht die mächtigen
Teppiche bewundern zu lassen, welche den Boden in seiner ganzen
Ausdehnung bedeckten. Der untere Theil der Wände des Saales war mit
gelblich schimmerndem Marmor bekleidet, den man mit bunten Blumenstücken
bemalt und mit persischem Ornamenten-Flitter vergoldet hatte.
Darüber erhob sich, die Decke mit eingeschlossen, ein Spiegelwerk von
blendendem Lichtglanz und die sichtbaren Gegenstände im Saale tausendfach
wiedorstrahlend. Leere Stühle standen in weiter Entfernung an den
beiden entgegengesetzten Enden des Saales in der Nähe der halb aufgezogenen
buntglasigen Gitterfenster da. Mit ächt persischer Etiquette ging
nun die eigentliche Audienz vor sieh.
Nach langer Pause erschien aus einer kleinen Seitenthür Sultcm-Murad-
Mirza. E r war von mittlerer Statur, seine Nase wohl gekrümmt, ein
stechendes Augenpaar mit dichten Brauen thronte darüber, ein dichter
schwarzgefärbter Bart-vollendete den Schmuck des klugen blassen Gesichtes.
Der Prinz, welcher ein Spazierstöckchen in der Hand trug, schien einen
unsichem, schwankenden Gang zu haben, wenigstens machte es ihm offenbar
Mühe, seinen Sessel zu erreichen. E r war in einfacher persischer
Tracht gekleidet, allein das Diamantschlofs am goldenen Rockgürtel verrieth
seinen hohen Rang. Wir mufsten ihm gegenüber Platz nehmen, nur sein
Wezir und der uns begleitende Diener Jahijä, welcher als Dollmetscher dienen
sollte und diese seine neue Würde durch einen in Schirdz gekauften
schwefelgelben Anzug recht sichtbar zu heben suchte, mufsten der Etiquette
als Stehende zum Opfer fallen.
Das Gespräch, mit den gewöhnlichen Begrüfsungen beginnend, berührte
der Reihe nach politische und commercielle Fragen. Der Schahzadüh, der
sich als General in dem Feldzüge der Perser gegen Herdt auf das Vorteilhafteste
hervorgethan hatte, verrieth eine sonst nicht gewöhnliche
Kenntnifs in der neueren politischen Geschichte Europas und seine Fragen
hatten Hand und Fufs. Er bedauerte, dafs sein Wunsch, in den südlichen
Theilen Persiens den Handel zu heben, auf so viele Schwierigkeiten stofse,
doch hoffe er für die Zukunft bessere Erfolge seiner Bemühungen. Er
fügte hinzu, wie er mit Freuden den Aufschwung eines besonderen Industriezweiges
in Schiräz wahrnehme, die Zunahme des Seidenbaues, von
dem er ganz besondere Resultate erwarte. Kaffee, Kaliun und Thee wurden
in Pausen herumgereicht und nach einstündiger Audienz beim Schah-
zddeh Von Schilds der Rückzug angetreten. Draufsen vor dem Thor standen
noch die Serbäzen, die Pferde wurden bestiegen, die engen Gassen
durchzogen und als wir eben vor unserer Hausthüre stille hielten, wirbelten
die Pauken und schmetterten die Posaunen des Neqqarekhaneh der
üntergehenden Sonne den üblichen Scheidegrufs zu.
Am Abend, gleich nach unserer Mittagsmahlzeit, verliefs ich in Begleitung
eines Fanus (Laternen) -Trägers und eines prinzlichen Ferraschen das Haus,
um dem in Schirdz lebenden einzigen Europäer meinen Besuch abzustatten.
Kein Franke, der in den letzten zehn oder eilf Jahren in Schirdz seinen
Wanderstab auf kürzere oder längere .Zeit niedergelegt hat, wird es versäumt
haben; den braven schwedischen Dr. F a g e r g r i n aufzusuchen, um
mit ihm und bei ihm die persische Umgebung und asiatisches Leben auf
Stunden und Tage zu vergessen nnd die' Erinnerungen an das Europäerthum
in der wirksamsten Weise aufzufrischen.
Nach vielen Fufs Wanderungen und manchen Abentheuern hat Dr. F a g
e r g r i n das persische Gebiet vor fünfzehn Jahren von Norden her betreten,
sich damals einer Karawane anschliefsend, um mit ihr nach Teheran zu
ziehen, und des Schicksals härteste Prüfungen anf asiatischem Boden gleich
von vorn herein erfahren müssen. An Dysenterie und Fieber leidend,
wurde der Arme mitten im harten Winter von der Karawane, der er zu
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