noch Gänse, buntfarbige Enten und fette Puter, so konnte man ganz zufrieden
sein mit der materiellen Seite des Teheräner Lebens im Winter.
So schön auch das Hammelfleisch ist und eine so vorzügliche Delikatesse
vor allen das zarte Lammfleisch sein mag, so wird es Einem doch zuletzt
als tägliche Fleischspeise im Sommer neben dem unvermeidlichen Pilau
und Tsckilau zum üeberdrufs und man sehnt sich mit heifsem Verlangen
nach einer Veränderung in der animalischen Kost.
Da gegenwärtig die ergiebigste Zeit der Jagd war, so machten es viele
Europäer dem Schah nach und wanderten trotz Kälte, Kegen oder Schnee
in die Berge, um voraussichtlich mit reicher Beute heimzukehren. Freilich
war ihnen das Jagdglück niemals besonders hold, denn ihnen jagten
keine Serbdzen und Dörfler das Wild in den Schufs, und man begnügte
sich deshalb oft mit der bescheidensten Beute, um wenigstens den Tehe-
ränern sagen zu können, man habe etwas geschossen. Noch heute belustigt
mich die Erinnerung an eine zehntägige Jagdparthie, welche mein verehrter
Freund, der Graf R., in den Kuh, das Gebirge, unternahm, und als
deren Ergebnifs er neben einem geschossenen ungeniefsbaren Raben, der
aber trotzdem dem Bouillontopf anheimfiel, eine Parthie in Schnee eingepackter
— Lachse aus dem kaspischen Meere heimbrachte. Immer in der
Hoffnung, durch ein besseres Jagdglück belohnt zu werden, hatte der kühne
Jägersmann eine Reise zurückgelegt, die ihn bis tief in die Provinz Ma-
senderdn hineingeführt hatte, woselbst er als einzige Belohnung für seine
anstrengende Jagdtour durch fufshohen Schnee, der ihm die Gesichtshaut
ganz schwarz gebrannt hatte, jene Lachse von den Mazenderänern erstand.
Seine Reise, so unerquicklich sie auch in Bezug für den Jäger war, hatte
wenigstens den Nutzen, ihn das Land und die Leute kennen gelehrt zu
haben. Auch dort war eine Theuerung ausgebrochen und es mangelte in
Folge der schlechten Ernte des verflossenen Jahres an Brot, ja sogar an
dem dort wachsenden Reis. Der Schnee lag auf den Bergen und in der
Ebene und die Wege waren nur mit der gröfsten Schwierigkeit zu passiren.
Bei dieser Gelegenheit darf ich wohl gleich zur Charakteristik dieses
Theiles von Persien folgende Notizen anführen, welche ich einer sehr genauen
und zuverlässigen Quelle verdanke. Nach derselben leidet Mazenderan
noch bei weitem mehr als die übrigen Theile des persischen Reiches an der-
maligen unhaltbaren Zuständen. Der Mangel an Wiegen und Strafsen und die
Unsicherheit der häufigen Einfälle der Turkomanen wegen, welche bis in
die Haupt- und Handelsstadt Astrabdd („Sternstadt“) hinein ihren Menschenraub
regelmäl'sig ausüben, hindert jeglichen Verkehr, so dafs der einst bedeutende
Handel gegenwärtig beinähe so gut wie ganz darniederliegt. Des
Jahres über kommen aus Kufsland vier oder fünf Kaufleute nach Astrabdd,
um Baumwolle und blauen Farbestoff für den grofsen Markt von Nischm-
Nowgorod den persischen Händlern abzukaufen. Die Kisten der Russen
werden bei dieser und ähnlichen Gelegenheiten sehr genau von den persischen
Beamten untersucht,’ da man die Einschmuggelei von — Kanonen befürchtet.
An Seide wird nur wenig in Astrabdd cultivirt und dies Wenige
befindet sich in den Händen des griechischen Hauses R a lli und dei braven
Schweizer D in n e r , H a n h a r t u. Comp, in Täbriz. In Astrabdd, woselbst
wie in ganz Mazenderan die "Hitze im Sommer unleidlich ist und
Fieber jeder Art grassiren, leben etwa 4 bis 5000 Einwohner, die gegen
200 (500?) Khanewdr oder Familien repräsentiren. Der einzige Europäer,
der in diesem Orte seinen ständigen, wenig beneidenswTerthen Sitz aufgeschlagen
hat, ist der russische Consul, zur Zeit unseres Aufenthaltes ein
Herr Gussvf, der sich sonderbarer Weise daselbst so eingelebt h a t, dafs
er, seiner Versicherung zufolge, nach Venedig und Neapel nur noch Astrabdd
als angenehmen Aufenthalt kennt. Sieben bis acht Fersach von der
Stadt entfernt liegt der Seehafen, in welchem sich eine russische Mannestation
befindet. Sie besteht aus dreifsig bis vierzig Mann, darunter ein
Arzt, und führt die traurigste Existenz an dieser einsamen Stelle. Die
russischen Kriegsdampfer, welche das kaspische Meer befahren und beherrschen,
pflegen alle Monat ein Mal'nach Astrabdd zu kommen, doch
sollte vom Jahre 1802 ab ein regelmäfsiger Postdienst in kürzeren Zeiträumen
eintreten: Dagegen fahren die Wolgadampfer von Privatgesellschaften
in der besseren Jahreszeit in das kaspische Meer hinein und legen an
den Hauptorten der Westküste desselben an. Es ist nicht zu leugnen, dafs
die: grofse Wasserstrafse, welche von den nördlichen Seeküsten Persiens
aus bis in das Herz des russischen Reiches hinein in gerader Linie führt,
vom handelspolitischen Standpunkte aus d e r e i n s t eine grofse Bedeutung
gewinnen wird. Es fehlt nur eine ge reg e lt Verbindung, welche den Wasserverkehr
beherrscht und nicht nur den Transport der Waaren, sondern auch
den der Reisenden erleichtert. Es würde sich dadurch nicht nur eine bei
weitem bequemere, sondern auch bei weitem billigere Reise nach Persien
herstellen lassen, als dies bis jetzt auf den Wegen durcb den Kaukasus